Im folgenden dokumentieren wir unseren kürzlich erschienen Flyer zur AfD in Sachsen. Im Flyer werden zentralen Positionen der Alternative für Deutschland kritisch beleuchtet.
Eine Alternative? – Hintergründe zum Programm der AfD in Sachsen
Einleitung
Mit der ›Alternative für Deutschland‹ kurz AfD tritt am 31. August 2014 eine neue Partei zu den Landtagswahlen in Sachsen an. Ihre Chancen in den Landtag einzuziehen, sind nicht gering. Jedoch wissen die meisten Wähler_innen recht wenig über die problematischen Inhalte, welche die Politik dieser Partei bestimmen werden. In den Medien wird oft von der ›eurokritischen Professorenpartei‹ fabuliert, ihre Kritiker_innen versuchen die Partei, mit dem wenig sagenden Vorwurf des ›Rechtspopulismus‹ zu stigmatisieren, ohne sich mit ihnen inhaltlich auseinandersetzen zu müssen.
Dabei offenbart sich die sächsische AfD als besonders reaktionär, und droht nach Einzug in den Landtag die künftige Bundes- und Europapolitik der Partei zu dominieren. Ihr derzeitiges Personal besteht dabei aus ultrakonservativen, ehemaligen CDU’ler_innen, Anhänger_innen rassistischer Kleinstparteien wie ›Die Freiheit‹ und evangelikalen Christ_innen, die ihre politischen Standpunkte im Bibelkurs gefunden haben.
Wir haben uns die Mühe gemacht, das Wahlprogramm der AfD zu zerpflücken, und zentrale Positionen kritisch zu hinterfragen. Alle Zitate sind aus der Langfassung des Wahlprogramms der AfD Sachsen entnommen.
Arbeitsmarktpolitik und Ökonomie
Die AfD zeigt sich gerne als Partei mit Wirtschaftskompetenz, die ökonomische Fragen gänzlich »unideologisch« beantwortet. Ihr Slogan lautet »Freiheit statt Dirigismus«. Das ist nichts anderes als ein Plädoyer für eine marktradikale Wirtschaftsordnung, die das gesellschaftliche Hauen und Stechen um ein möglichst großes Stück vom Kuchen aktiv fördert. Wer hierbei leer ausgeht, hat sich in den Augen der AfD lediglich zu dumm angestellt. Das Ganze nennt sie »Gerechtigkeit«.
Eine Wirtschaftspolitik, die sich um sozialen Ausgleich und gleichmäßige Beteiligung aller am gesellschaftlichen Reichtum bemüht, lehnt die AfD ab, schließlich sei das »Gleichschaltung«. Die ist der AfD aber gar nicht so fremd. Homogener Kitt in den Köpfen ist erwünscht, solange er die Diskussion um die tatsächliche Angleichung von Besitz-, Vermögens- und Einkommensverhältnissen verhindert. Denn: Die AfD möchte das Gegenteil forcieren. Unternehmensprofite sollen private Unternehmensprofite bleiben, Risiken und Kosten jedoch auf alle umgelegt werden.
Die Partei strebt an, alle Ausgaben »außer für Bildung und Innere Sicherheit« zu reduzieren. Das bedeutet folglich Kürzungen etwa im Bereich Soziales. Für die Ausfälle muss jede_r selbstständig aufkommen. Wer das nicht kann, hat Pech. Um dennoch erfolgreich Stimmen einzuwerben, hantiert die Partei mit verschwörungstheoretischen Bildern. So heißt es, dass »der Euro unser Volksvermögen vernichtet«, der »EU-Staat« nicht »vom Volk getragen« wird und nur von einer »dünnen Schicht von Technokraten« gewollt sei. Indem sie einen inneren Feind ausmacht, der gegen die eigentlichen Interessen des Volkes arbeite, dockt sie an antisemitische Vorstellungen an.
Familienpolitik
Laut dem Wahlprogramm der AfD Sachsen »muss eine gestaltende Politik ihr Zentrum in der Familienpolitik« haben. Diese entspricht bei der AfD einem rechtskonservativen Gesellschaftsbild. Eine Familie, die »Keimzelle der Gesellschaft«, dass sind nach Vorstellung der AfD nur Mutter, Vater und ihre Kinder.
Andere Lebensmodelle, wie auch »die Gleichstellung der sogenannten Homoehe« oder die »Adoption von Kindern durch Homosexuelle« lehnt die AfD strikt ab. Auch Abtreibung ist für die Partei tabu. Ihr Ziel ist es »die wertestiftenden Funktionen der Familie zu stärken und die Geburtenrate zu erhöhen«. Bei der Umsetzung dieser Ideale soll die Forderung nach dem Familienwahlrecht und dem Familiensplittingmodell dienlich sein. Mit dem Familienwahlrecht will die AfD angeblich die demokratische Mitbestimmung stärken, in dem Eltern eine zusätzliche Stimme für jedes Kind erhalten. Wer also viele Kinder in die Welt setzt, darf auch mitbestimmen.
Die Änderung des bisherigen Ehegattensplitting zum Familiensplitting verweist ebenso auf eine bevorzugte Behandlung von Familien, werden hier kinderlose Paare doch erheblich stärker belastet. Die Intension, welche die AfD mit ihrem Steuermodell verfolgt, besteht darin »den in überdurchschnittlichen Maße kinderlosen Leistungsträgern [zu] helfen, ihren Kinderwunsch zu entwickeln«. Von Freiheit des Individuums kann hier nicht die Rede sein. Der Wunsch nach patriarchaler Kleinfamilie wird in den Rollenbildern der AfD deutlich, die sich klar aus ihren Forderungen ergeben. Männer seien eben Männer und Frauen nun mal Frauen.
Und eine Frau ist eben eine Mutter, die jegliche Haus- und Erziehungsarbeit leistet, wohingegen der Mann, also der Vater, das Geld nach Hause bringt. Diese Stereotypen sind weitere Indizien dafür, dass die AfD ein Zusammenschluss von Antifeminist_innen, Maskulist_innen, Abtreibungsgegner_innen und christlichen Fundamentalist_innen ist.
Identitätspolitik
Die sächsische AfD ist bemüht, sich als »Volkspartei« in Gegnerschaft zu einem »EU-Staat« darzustellen, der in ihrer Interpretation nur aus einer »dünnen Schicht von Technokraten« besteht. Hierbei wird mittels national-kultureller Bezugnahme ein Kollektiv zurechtgestutzt, welches sich an den schwer definierbaren »Werten des christlichen Abendlandes« orientiert. Diese Kollektiv wird gegen die »strangulierende Ideologie des Marxismus-Leninismus« einerseits, und »menschenfeindlichen Ideologien wie den verqueren Genderismus« andererseits in Stellung gebracht.
Die AfD wirft – gänzlich frei von Argumenten – mit starken Begriffen um sich und will sich damit als Repräsentantin der ›kleinen Leute‹ darstellen. Eine sich selbst entlarvende Strategie, schaut man sich das Demokratieverständnis und die Wirtschaftspolitik der Partei an. Beides wirkt eher wie ein Klassenkampf von oben, als eine Interessenvertretung einer ›Volkspartei‹. Denn der Partei geht es nicht um ökonomische Gerechtigkeit, sondern um Identität. Genauer: Einer deutschen Identität, die als untrennbar mit der nationalen Herkunft verstanden wird. Deshalb wird »Sprache, politische Geschichte, geistiges Erbe« und anderes als unterstützenswert angesehen und Staatsbürgerschaft als »Herzensangelegenheit« verstanden.
Viele Forderungen der Partei beziehen sich explizit auf die Stärkung einer nationalen Identität. Im schulischen Unterricht soll das durch »mindestens so vielen Wochenstunden für die deutsche Orthographie, Grammatik und für den guten Ausdruck wie für die erste Fremdsprache oder Mathematik«, einen zusätzlichen »Literaturunterricht« und das »Absingen der Nationalhymne bei feierlichen Anlässen« als Stützpfeiler eines »positiven Identitätsgefühl« geschehen. Und wenn die AfD eine intensivere Auseinandersetzung mit den sogenannten »Befreiungskriegen des 19.Jahrhundert« im Geschichtsunterricht fordert, da diese die »Grundlagen des heutigen Staates« gelegt hätten, so lässt sich daraus nur schwer etwas anderes lesen, als der Versuch ein neues und positives deutsches Geschichtsbild zu schaffen. Dabei soll das 20. Jahrhundert, also zwei von Deutschland begonnene Weltkriege und die Verbrechen der Shoah, relativiert werden.
Denn das Ziel der Stärkung einer nationalen Identität ist eine unkritische Haltung gegenüber dem Eigenen, dem nationalen Kollektiv. Dies führt immer zu einer Ausgrenzung von vermeintlich Anderen. Eine solche Haltung sollte sich, für Menschen, die sich selbst als Demokrat_innen bezeichnen, eigentlich verbieten. Wer sich aber lieber positiv auf die »Befreiungskriege«, also die Wiederherstellung der Monarchie in Europa, bezieht, als auf die Errungenschaften der französischen Revolution und der Aufklärung, bei dem ist es mit der Demokratie nicht weit her.
Migrationspolitik
»Bedarfsorientiert« – das ist das zentrale Stichwort unter dem die AfD Migrationspolitik verhandelt wissen will. Reingelassen werden soll, wer den Interessen deutscher Unternehmer_innen nützt: »hoch qualifizierte Fachkräfte und Unternehmerpersönlichkeiten«. Wer diesen Kriterien nicht genügt, soll draußen bleiben.
Folglich stimmt die AfD in den plärrenden Chor der »Überfremdungs«-Gegner_innen ein. Die Zahl der Zugewanderten sei zu hoch, noch dazu kämen die Falschen – das sei Folge von »ungesteuerter Einwanderung, Duldungsmechanismen und laxer Auslegung des Asylrechts«, heißt es im AfD-Wahlprogramm. Bedient werden damit die klassischen rassistischen Feindbilder. Fakten, wie etwa die Aushöhlung des Asylrechts, spielen für die angeblich »unideologisch« agierende Partei keine Rolle.
Das zeigt sich auch an anderer Stelle: Ausgerechnet in Sachsen warnt die AfD vor »Parallelgesellschaften« von Migrant_innen. Wohlgemerkt in einem Bundesland mit einem der niedrigsten Migrant_innenanteile überhaupt. Offenkundig geht es der Partei vor allem darum, diffuse Ängste zu schüren. Denn definitiv nicht gemeint ist die Unterbringung von Asylsuchenden in abgelegenen Heimen, wo ihnen die Chance am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, weitgehend verwehrt bleibt. Das findet die AfD gut, sie will »Residenzpflicht und zentrale Unterbringung der Asylbewerber« beibehalten.
Wer Menschen aufgrund ihrer Herkunft benachteiligen will, hat logischerweise kein Interesse an Antidiskriminierungsprogrammen. Diese will die AfD abschaffen. Vor den hohen Zahlen rassistischer und rechtsmotivierter Gewalttaten in Sachsen verschließt sie ganz bewusst die Augen.
Umweltpolitik
Die AfD in Sachsen schafft es sogar, dem Thema Umweltschutz ihren deutsch-nationalen Stempel aufzudrücken. So möchte sie sich für den »Schutz der Natur mit ihren heimattypischen Arten« einsetzen. Obwohl auch der AfD bekannt zu sein scheint, dass unsere Umwelt »seit über 1000 Jahren« von menschlichem Einfluss – also Landwirtschaft und Industrieproduktion – geprägt ist, hält sie an romantischen Naturbildern fest. Demnach weiß die AfD welche Pflanzen- und Tierarten »typisch« für die hiesigen Gefilde sein sollen.
Würde es nach ihren Vorstellungen gehen, dann hätten der Wolf, Nass- und Streuobstwiesen oder Trockenrasen im Sachsenland nichts zu suchen. Demgegenüber liegt der AfD besonders viel am Schutz des CO₂, dessen »Verächtlichmachung als Treibhausgas« endlich ein Ende haben soll. Dabei folgen sie der Logik eines Achtklässlers: ohne CO₂ keine Pflanzen. Der AfD erscheinen ›CO₂-Killer‹ wie Windräder und Solaranlagen deshalb als die eigentlichen Feinde der sächsischen Naturlandschaft.
Bei all dem wird deutlich, dass es sich bei der AfD nicht um eine grüne Partei handelt, deren Umweltpolitik auf die Bewahrungen der Ressourcen gerichtet ist, die alle Menschen zum Überleben brauchen. Statt einer konsequenten Politik gegen die verheerenden Folgen der Ausbeutung dieses Planeten, betreibt sie kitschige Traditionspflege, statt Umweltschutz will sie Heimatschutz.
Fazit
Nun sollte klar sein: Uns fehlt jegliche Sympathie für die AfD, ihre Position und ihre Wähler_innen. Die AfD ist ein Elitenprojekt, dass sich mit netten Formulierungen und der angeblichen Sorge um die Bürger_innen als »Alternative« zum gesamten Politikbetrieb darstellen will. Dahinter verbirgt sich jedoch nur rückwärtsgewandter, demokratiefeindlicher und deutschtümmelnder Unfug.
AfD gespalten Bundespartei gegen Sachsen in der Homofrage
In der AfD gibt es einen eigenen Arbeitskreis der sich für die Gleichstellung von Ehe und Eingetragenen Partnerschaften von Homosexuellen ausgesprochen hat. So lesen sich auch die Leitlinien der AfD. Stichwort Grundgesetz und Urteile aus Karlsruhe. Der sächsische Landesverband der AfD Verstößt mit seiner Ablehnung hier eindeutig gegen diese Leitlinien der AfD. Hier liegt Konfliktpotential!!