Im Herzen vom Wedding an der Müllerstraße gab es am 7. August eine gut besuchte Veranstaltung der MIETREBELLEN. Über 300 Menschen versammelten sich auf Einladung der Initiative Hände weg vom Wedding öffentlich auf dem privatisierten Leopoldplatz.
Der Aufführung war eine Debatte der Veranstalter, der Initiative Hände weg vom Wedding, mit der örtlichen Kirchengemeinde vorausgegangen. Die Initiative kritisiert die Privatisierung des öffentlichen Raumes. Hingegen ist die ev. Nazareth-Kirchengemeinde der Meinung, dass es keine politischen Veranstaltungen auf dem von ihr verwalteten großen, als öffentlich wahrgenommenen Bereich des Leopoldplatzes geben soll. Die Filmemacher haben mit einem offenen Brief an die Gemeinde ihre Position dargelegt.
Praktisch ergab sich für das Open-Air-Ereignis eine interessante abendliche Szenerie: Leinwand und Projektions-Technik wurden auf dem genehmigten öffentlichen Randstreifen des Platzes aufgestellt. Musiker und Vortragende äußerten sich auf öffentlichem Grund, die zahlreich erschienenen Besucher_innen fanden ihren Platz auf dem privatisierten, eigentlich nicht zur Verfügung gestellten Areal.
Nach einer engagierten Begrüßung durch die Stadtteilinitiative wurde der musikalische Teil der Veranstaltung von Drob Dynamic eröffnet. Von dem Kreuzberger HipHoper stammt der Titelsong des Films. Drob berichtete zunächst von seiner eigenen Verdrängungsgeschichte und legte dann los mit seinem Song „Da Champ is here“. Eine Aufforderung, sich von deprimierenden Zuständen nicht unterkriegen zu lassen: „Für Selbstmitleid und Rumheulen gibt es hier keine Zeit. Augen auf, sie wollen, dass Du am Ende verreckst, so sei bereit . Komm setz’n Meilenstein, du musst dich von diesem Scheiß befreien. Schau dich doch an, bist voller Wunden, doch sie werden mit der Zeit schon heilen. Hör mir zu, worauf wartest du, mach den ersten Schritt, hast nichts zu verlieren. Steig in den Ring, schweb wie ein Schmetterling und stich wie ‘ne Biene . Meine Verse soll’n Dir Kräfte verleihen, Du und ich wurden geboren um Champions zu sein!“
Mit vielen positiven Vibes trat auch die Rapperin Yansn auf. Sie thematisierte u.a. die Härten des städtischen Alltags, die es gemeinsam aufzuweichen gelte: „Alle wollen Friede für die Seele im nächsten Laden finden und hoffen, dass die Probleme in den Bars verschwinden. … ich entledige mich des Scharfsinns, damit die ekligen und harten Tatsachen verschwimmen … Dass die Regeln nicht für jeden gleich hart sind … ich seh die Stadt vor lauter Bespaßung nicht. We see no hope, let us break, weil ich so viele betteln seh … viele für viel zu wenig Lohn ihre Kräfte auspressen gehen“.
Eine Aktive des Bündnisses gegen Zwangsräumungen erzählte, dass ein gelingender Mieterwiderstand sich auch in gemeinsamen Festen und Essen auf der Straße ausdrücke. Städte und Metropolen seien die Orte, wo die Widersprüche von Teilhabe und Ausschluss am deutlichsten auftreten. Berlin sei ein besonderer Ort, da aufgrund der Geschichte als Mauerstadt in dieser Metropole nach wie vor viele Menschen ohne hohes Einkommen im Zentrum leben, deswegen könne sich hier gut ein Funke entfachen für einen sozialen gesellschaftlichen Aufbruch.
Der anwesende Filmemacher unterstützte diese Einschätzung. Noch müssten in Berlin die Menschen keine drei Jobs machen wie in vielen andern Ländern, um über die Runden zu kommen. Es bleibe immer noch freie Zeit, um sich, der herrschenden Reduzierung auf Ökonomie entgegengesetzt, selbstbewusst zu verschenken, eine kritische soziale, politische Arbeit und solidarische Strukturen zu entwickeln. Wie Drob Dynamic gesungen habe, dürfe nicht vergessen werden, dass man als Mensch viel mehr Energie habe als man oft von sich selber denke um die eigenen Ideen Wirklichkeit werden zu lassen.
In einer gemeinsamen Diskussion zum Ende des intensiven Abends berichteten die Aktiven von Hände weg vom Wedding, dass wie auch im Film gezeigt in ihrem Stadtteil 2012 ein Seniorenzentrum den neoliberalen Sparmaßnahmen zum Opfer gefallen ist. Genauso ergehe es anderen Einrichtungen, wie z.B. Jugendzentren. Doch die Auseinandersetzungen müssten sich nicht nur auf den Erhalt von kulturellen Orten oder gegen steigende Wohnkosten richten, sondern auch die Privatisierung der öffentlichen Räume thematisieren. Zum Abschluss gab es eine Einladung an alle Besucher_innen des Abends: „Kommt zusammen, zu unseren Aktionen, auf den Straßen. Lasst uns gucken, was wir hier gemeinsam erreichen können!“
Zu den Musikern:
- Drob Dynamic
- Yansn
Zu den Veranstaltern:
- Webseite Hände weg vom Wedding
- Facebook
Zum Bündnis Zwangsräumungen verhindern
Zur Kirchengemeinde
Zur Debatte um den öffentlichen Raum am Leopoldplatz:
- Pressemitteilung Hände weg vom Wedding
- Offener Brief der Filmemacher
- Artikel im Neuen Deutschland
- Artikel im MieterEcho
- Artikel bei Telepolis
- Artikel in der Berliner Woche
Alle Bilder des Fotografen Florian Boillot finden sich bei flickr.
www.mietrebellen.de
facebook.com/Mietrebellen
tja
Bauen ist halt teuer. Schon mal versucht selbst was zu bauen ? Selbst Baumaterial ist heutzutage teuer. Wie sollen da Mieten billiger werden ?