Rinks zwo drei vier Lechts zwo drei vier

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Recht sang- und klanglos erfolgte im Jahr 2012 die erneute „Überprüfung“ Todesopfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt. Von offiziell 12 Todesopfern waren vier bisher anerkannt (Torsten Lamprecht, Frank Böttcher, Alberto Adriano, Rick Langenstein), die anderen acht wurden direkt nach dem Bekanntwerden des NSU im November 2011 erneut „unter die Lupe genommen“. Bereits einen Monat später verkündete der frischgebackenen Innenminister Stahlknecht: "Die Prüfung ist abgeschlossen. Dieser erneuten Prüfung zufolge sind diese Taten keine politisch motivierten Straftaten." Nach Kritik ruderte er zurück und versprach gemeinsam mit dem Justizministerium eine Überprüfung der Überprüfung. 1


 

Im Mai 2012 dann das Ergebnis: drei Morde waren rechtsmotiviert. Matthias Lüders, ermordet am 24.4.1993 in Obhausen (Saalekreis), Hans-Werner Gärtner am 8.10.1999 in Löbejün (Saalekreis) und Jörg Danek am 29.12.1999 in Halle-Neustadt. Soviel zum „aktuellen Blickwinkel, dem geschärften Bewusstsein und der grösseren Sensibilität“, wie Justizstaatssekretär Schmidt-Elsaeßer (SPD) seinerzeit versprach.

 

Drei weitere und nebenbei die am längsten zurückliegenden „Fälle“ sind somit staatlicherseits als rechte Morde anerkannt. In einem Bundesland, in dem rechts und rassistisch motivierte Gewalttaten von Jahr zu Jahr zunehmen. In dem die Mobile Opferberatung 116 rechts und rassistisch motivierter Gewalttaten für 2013 dokumentiert und damit 10 % mehr als im Vorjahr. (Im Gegensatz zum Innenministerium, das einen 15 %igen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet.) In einem Land, in dem die Polizei lieber die Personalien der Zeugen aufnimmt, statt Männer wegen rassistischer Beschimpfungen zu verfolgen. So geschehen in Merseburg im Februar 2014, nachdem es bereits eine Woche zuvor drei Angriffe auf Migranten gab.2 In einem Land, in dem Prozesse verschleppt und Opfer zu Tätern gemacht werden. Wo nur durch Glück oder Zufall oder ähnlich Ungreifbares rassistische Tatmotive vor Gericht Beachtung finden (die dann wiederum nur durch Glück oder Zufall Eingang ins Urteil finden). Der brutale rassistische Angriff auf zwei Familien bei einem Fest in Eisleben, bei dem diese schwer verletzt wurden, kam erst zwei Jahre später vor Gericht. Ein Beispiel für Verharmlosung durch die Staatsanwaltschaft, Verschleppung des Prozesses und absolute Gleichgültigkeit der angeklagten Neonazis.3


 

Soviel dazu. Nun meldete sich aber Stahlknecht im Landtag neuerlich zu Wort und zwar zum brandaktuellen Thema „Linksextremismus nicht verharmlosen“.4 Das geht nämlich schnell, wenn alle Welt nur nach rechts schaut. Devise: „Wir wollen nicht auf dem rechten Auge blind werden, aber wir wollen auch nicht auf dem linken Auge blind werden“. Als ehemaliger Oberleutnant d.R. eröffnete er das Thema mit einem Exkurs zum War starts here Camp 2013 in- Havelberg. Um dann einen gewissermaszen eleganten Bogen über Farbbeutel- und Steinwürfe gegen die CDU-Geschäftsstelle in Magdeburg zu schlagen, was ihm wohl deshalb erwähnenswert erschien, da er namentlich in einem Bekenner_innenschreiben auftaucht. Vermutlich wurde „das Tatobjekt gezielt und bewusst ausgewählt“, aber ob Pflaster- oder sonstige Steine „aufwendig vorbereitet“ werden, muss an dieser Stelle unbeantwortet bleiben.5


 

Links oder rechts: Das ist alles so in etwa das Gleiche und Distanzierung das Gebot der Stunde. Dazu wird an Plumpheit kaum zu überbietende Zahlenschieberei dargeboten. Da bekanntlich „linksextreme Propagandadelikte [leider] nicht strafbewährt“ sind, im Vergleich zu den rechten (Hitlergruss, Hakenkreuze und dieser ganze Kinderkram), lässt man diese statistische Größe einfach weg. Sonst ließe sich das eben auch nicht so gut vergleichen. „Ohne die typisch rechten Straftaten“ stellt sich nun nämlich ein „fast ausgeglichenes Bild dar“. „Weil es ja linke Propaganda nicht gibt“, aber wie es scheint, eigentlich als Straftatbestand geben müsste. Denn was den Rechten widerfährt, sollte mindestens auch für die Linken gelten! Auf die Frage „Eingedenk der verbrecherischen Geschichte von '33- `45 frage ich Sie, was am Antirassismus und am Antifaschismus gefährlich ist?“, folgt der furiose Rundumschlag, DAS Plädoyer für die „wehrhafte Demokratie“, eine wahre Kampfesrede. Nazideutschland ist „eine Last für die Welt und eine Verantwortung für uns“. Stahlknecht zäumt das Pferd kurzerhand von hinten auf und wirkt von sich selbst beeindruckt ob seines eigenen Geschichtsbewusstseins: „Und ohne 1933 hätte es auch kein geteiltes Deutschland gegeben.“ In diesem Teil Deutschlands gab es -“höflich formuliert- „Freiheit das erste Mal wieder 1989“. (Applaus im Sitzungssaal.) Es sei nun „aufgrund dieser historischen Verantwortung schon richtig, gegen Rassismus und gegen Faschismus zu sein“, aber die Frage sei „was sich unter diesen Begriffen sammelt. Und wenn sich unter diesen Begriffen wieder Leute sammeln, die am Ende ein System schwächen wollen, um es wieder auf dem silbernen Tablett Leuten zu servieren, die einen anderen Staat wollen, der den Menschen Wohltaten verspricht und diese nur durchsetzen kann, wenn er ihnen die persönliche Freiheit nimmt, dann bin ich schon dafür, daß wir dagegen auch kämpfen.“ Eine erstklassige Ausbuchstabierung der Extremissmustheorie.

 

Wenn folgender Satz ernst zu nehmen wäre, könnten wir uns beruhigt unserem Tag- und Nachtwerk widmen: „Mit der gleichen Intensität, mit der wir uns rechts gewidmet haben, sollten wir uns auch links widmen“.

 

 

Leider sprechen die vergangenen Monate v.a. in Magdeburg, Burg und Salzwedel aber eine andere Sprache. Ermittlungen nach §129a (Hausdurchsuchungen, Observationen), Ermittlungen im Zusammenhang mit dem jährlichen Naziaufmarsch in Magdeburg und Naziaktivitäten in Burg (Geld- und Bewährungsstrafen, Anquatschversuche) und Repression im Zusammenhang mit den War-starts-here- Camps am GÜZ (Forderung nach DNA-Abgabe von Antimilitarist_innen) usw.

 

 

 

Nieder mit dem Staat! Unsere Solidarität gegen ihre Repression! Antifaschistischen Selbstschutz stärken! Gleiche Rechte für alle Menschen! Die Häuser denen die drin wohnen! Usw. Das Übliche.

 

 

 

In Gedenken an Farid Boukhit, Willy Worg, Andreas Oertel, Marcel W., Eberhart Tennstedt, Helmut Sackers, Hans- Joachim Sbrzesny, Martin Görges und alle anderen von Nazis Ermordeten

 

 

 

Weitere Infos:

 

dnasammelwahn.noblogs.org | soligruppe.blogsport.eu | burg.blogsport.de

 

 

 

Einige Infos zu Magdeburg:

 

septemberdemo.blogsport.eu

 

 

 

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1 http://images/teasers/7e25d6defd2a57b8a513a50d5444208e.pngwww.volksstimme.de/nachrichten/sachsen_anhalt/?em_cnt=720989

 

2 http://images/teasers/7e25d6defd2a57b8a513a50d5444208e.pngwww.mz-web.de/merseburg-querfurt/rechtsradikalismus-in-merseburg-bahnreisende-verteidigen-mann-aus-burkina-faso,20641044,26435034.html

 

3 http://images/teasers/7e25d6defd2a57b8a513a50d5444208e.pngwww.mobile-opferberatung.de/b00001211.html

 

4 http://images/teasers/7e25d6defd2a57b8a513a50d5444208e.pngwww.landtag.sachsen-anhalt.de/index.phpid=videoservice&agendaitem_id=1766&speech_id=7449

 

5 https://images/teasers/7e25d6defd2a57b8a513a50d5444208e.pnglinksunten.indymedia.org/de/node/108262

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Eine Ausbuchstabierung des Extremismusbegriffs? Nein, eine Verschiebung des Extremismusbegriffs. "Wohltaten" bezeichnen im Sprachgebrauch der Neoliberalen so ziemlich alle kostenlosen staatlichen Zuwendungen*. Mautfreie Strassen*, kostenloser Schulzugang über die Grundschule hinaus, Förderungen zum Ausgleich von Benachteiligung, an der Vorstellung einer unantastbaren Menschenwürde orientierte Transferleistungen ohne Mögichkeit der Reduzierung und noch vieles andere, das in der alten BRD Konsens unter den großen Parteien war. Helmut Kohl wäre nach dieser Definition Extremist und Heiner Geissler gilt ihr zufolge wohl spätestens seit seiner ATTAC-Mitgliedschaft wirklich als solcher.

 

Dieser Stahlknecht redet nicht von der DDR, sondern von der BRD vor... sagen wir dem Jahre 2.000. Oder sagen wir: Vor Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Übrigens jener BRD, welcher die ehemaligen DDR-Bürger_innen, inzwischen Ossis, angehören wollten.

 

Die Linkspartei aus dem Osten als letzte Bastion der alten BRD... wer hätte das damals gedacht?

 

* Ausser für Banken, versteht sich

** Mit Rassismus können man und frau den Leuten wirklich jeden Scheiss verkaufen.