DO: „Die Rechte“ versuchte das Dortmunder Rathaus zu stürmen – mehrere Verletzte

Die Rechte versucht Rathaus zu stürmen
Erstveröffentlicht: 
26.05.2014

DORTMUND – Mit Gewalt versuchte gestern Abend eine Gruppe Neonazis sich Zutritt zum Dortmunder Rathaus zu verschaffen. In „SA-Manier“ haben die Mitglieder der Partei „Die Rechte“ versucht, das Rathaus zu stürmen, schreibt das antifaschistische Bündnis „Blockado“. AntifaschistInnen und PolitikerInnen der demokratischen Parteien stellten sich den Neonazis auf den Treppen des Rathauses in den Weg. Diese schlugen unvermittelt auf sie ein. Flaschen flogen, Pfefferspray lag in der Luft. Mehrere Personen wurden verletzt, darunter auch ein Ratsherr der „Piraten“ sowie eine Landtagsabgeordnete und Bürgermeisterkandidatin der „Grünen“. Es war ein Auftritt von „Die Rechte“, der in der Tradition der gewaltsamen Angriffe des „Nationalen Widerstands Dortmund“ (NWDO) stand – jener 2012 verbotenen Neonazi-Kameradschaft, die sich unter dem Deckmantel von „Die Rechte“ reorganisieren konnte. Bei den Kommunalwahlen erzielte die neue Partei landesweit zwei Ratsmandate und fünf Sitze in Bezirksvertretungen.

 

„Mit einem Schlag ins Rathaus“

Uniformiert in gelben T-Shirts mit dem Aufdruck „Weg mit dem NWDO-Verbot“ waren die Neonazis gegen 22:30 Uhr auf dem Friedensplatz aufmarschiert. Sie grölten „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“. In der Gruppe befand sich auch Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt, der aufgrund eines Ergebnisses von 1,0 % in den Stadtrat gewählte „Spitzenkandidat“ von „Die Rechte“. Vor dem Rathaus bildete sich eine Menschenkette, die den Neonazis den Zutritt zur Wahlparty verweigerte. Diese gingen dann zum Angriff über, wie u.a. Videomaterial des WDR zeigt. Fotomaterial der „Ruhrnachrichten“ und der „Autonomen Antifa 170“ belegt, dass viele Angreifer, bei denen es sich in der Mehrzahl um Kommunalwahlkandidaten und Funktionäre von „Die Rechte“ aus Dortmund handelte, mit Flaschen bewaffnet waren. Offenbar entrissen sie den „Grünen“ auch ein Transparent. Auf „Facebook“ hatten die Neonazis ihr Kommen zuvor angekündigt. Im Sozialen Netzwerk veröffentlichten sie eine Grafik mit der Parole „Mit einen Schlag ins Rathaus“. Darüber ist Siegfried Borchardt in Schlägerpose zu sehen. Der Neonazi ist mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen Körperverletzung. Am Rande der Auseinandersetzungen hielten sich neben dem „Die Rechte“-Anführer Dennis Giemsch auch der Unnaer NPD-Vorsitzende Hans Jochen Voß, bekannt für seine Sympathien und finanzielle Förderung der Dortmunder Szene, sowie der Ex-Feuerwehrchef Klaus Schäfer auf. Schäfer wurde vom Dienst suspendiert, weil er 2010 an Demonstrationen des „Nationalen Widerstands Dortmund“ teilnahm. (nrwrex berichtete)

 

Polizeieinsatz in der Kritik

Nach den Auseinandersetzungen steht nun die Polizei in der Kritik, da sie nicht vor Ort war, um die Wahlparty zu schützen. Lange Zeit verstrich, bis sie genügend Einsatzkräfte zusammen gezogen hatte, um die Neonazis einzukesseln. Diese wurden dann allerdings nicht in Gewahrsam genommen, sondern erhielten Platzverweise und wurden Richtung Dorstfeld geleitet. Die Polizei stellte nach eigenen Angaben von 27 verdächtigen Neonazis die Personalien fest und leitete strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung, Landfriedensbruch, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und wegen Körperverletzung ein. Zugleich bezeichnet die Polizei in einer ihren Einsatz rechtfertigten Pressemitteilung den Neonaziangriff als Links-Rechts-Auseinandersetzung. Man habe auch die Personalien von „sechs Linksextremisten“ festgestellt.

 

Mandate für „Die Rechte“ in Dortmund

Wegen den Ereignissen in der Wahlnacht gerieten die Ergebnisse der Neonazi-Partei etwas aus dem Blick. Sie gewannen in Dortmund ein Ratsmandat sowie je einen Sitz in den Bezirksvertretungen von Mengede, Huckarde, Scharnhorst und der Innenstadt Nord. Bei der Ratswahl machten insgesamt 2.101 WählerInnen (1,0%) ihr Kreuz bei den Neonazis. Dies sind deutlich mehr als bei der Bundestagswahl, wo „Die Rechte” gerade einmal 171 Zweitstimmen holte. Anders als bei der Bundestagswahl, wo die Neonazi-Partei nur in NRW mit einer Landesliste antrat, sind die Stimmen bei der Kommunalwahl nicht „verschenkt“. Die fehlende Prozenthürde sorgte für ein Mandat. Im Wahlkampf hatten die Neonazis großflächig Plakate mit rassistischen Parolen verklebt und mehrere Infostände durchgeführt. Am 1. Mai marschierten sie in einem Demozug durch die nord-westlichen Stadtteile Westerfilde und Nette. Ihre stadtweit besten Ergebnisse (9,9 %, 7,4 %, 7,3 %) erzielte sie in drei in diesen Stadtteilen gelegenen Stimmbezirken. In den dortigen Wahlkreisen 39 Mengede und 40 Mengede holten sie insgesamt 3,7 % und 3,1 %. Ein weiteres hohes Ergebnis fuhr Borchardt im Wahlkreis 3 Innenstadt-Nord (3,2 %) ein .
Auch die NPD holte in Dortmund ein Ratsmandat. Allerdings verlor sie, wohl auf Kosten von „Die Rechte“, 1 % der Stimmen im Vergleich zu Wahl 2012. Deshalb wird Axel Thieme die NPD fortan alleine im Rat vertreten. Die NPD konnte auch keinen Sitz in den Bezirksvertretungen halten. Die WählerInnenschaft für extrem rechte Parteien ist also in Dortmund nicht gewachsen. Allerdings erzielte die AfD aus dem Stand 3,4 % (3 Mandate).

 

Weitere Ergebnisse von „Die Rechte“ in NRW

Ihr zweites Ratsmandat erzielte „Die Rechte“ denkbar knapp im westfälischen Hamm. Hier reichten 0,9 % für ein Mandat für Dennis Möller aus. Sein Bruder Jens erzielte in der Wahl zur Bezirksvertretung Herringen 3,2 % und gewann somit ebenfalls einen Sitz. Die Möller-Brüder gehörten schon in den Anfangsjahren zu den Aktivisten der 2012 verbotenen „Kameradschaft Hamm“. Sie zogen Sonntag Abend in Begleitung weiterer Neonazis vor das Hammer Rathaus. Anders als in Dortmund begnügten sie sich aber damit vor der Tür ein Foto zu machen. Mit schwarz-weiß-roten Fahnen ging es dann zum Clubhaus der „Bruderschaft Fraternitas Germania“ am Kentroper Weg, welches den Neonazis als Treffpunkt dient. Insgesamt wählten 641 HammerInnen „Die Rechte“. In der Stadt am östlichen Rande des Ruhrgebietes machten ihr am Sonntag keine anderen extrem rechten Parteien Konkurrenz. 2009 waren noch „Die Republikaner“ mit 1,2 % in den Rat gewählt worden, ihr Ratsherr wechselte dann zu „Pro NRW“ ohne eine erneute Kandidatur zustande zu bekommen. Aufschlussreich sind auch die Ergebnisse der Europawahl in Hamm. Die NPD holte 1,1 %, „pro NRW“ 0,5 %. Es ist also zu vermuten, dass ein Teil der NPD-WählerInnenschaft bei der Kommunalwahl „Die Rechte“ ankreuzte.
In Wuppertal reichte es für „Die Rechte“ nicht für Mandate. Dort kandidierte sie nur zu den Bezirksvertretungen Elberfeld (0,7%) und Langenfeld-Beyenburg (0,8%). Weitere Kandidaturen hatte die Neonazi-Partei nicht aufgestellt.