[FR] Offener Brief wegen des Bundeswehr-Konzertes in Freiburg

proteste konzert littenweiler 2012

Am 10.12.13 wird, aller Vorraussicht nach in Littenweiler in der Kir­che St. Bar­bara, zum wie­der­hol­ten Mal ein Advents­kon­zert des Luft­waf­fen­mu­sik­korps 2 der Bun­des­wehr in Freiburg stattfinden. Trotz star­ker Pro­teste im letz­ten Jahr wird erneut ver­sucht werden, unter dem Label einer kriegs­füh­ren­den Armee eine kul­tu­relle Ver­an­stal­tung durch­zu­füh­ren und die Bun­des­wehr als einen „nor­ma­len“ Teil der Gesell­schaft darzustellen. Wie im letzten Jahr wurde auch dieses Jahr ein Offener Brief an den Pfarrer, in dessen Gemeinde das Konzert stattfinden soll, geschrieben. Diesen Offen Brief möchten wir nun dokumentieren. Desweiteren ging ein Aufruf zu Protesten gegen das Bundeswehr-Konzert online. Treffpunkt ist um 18 Uhr beim KuCa (Höllentalstraße 2).

 

Offener Brief:

Sehr geehrter Pfarrer Johannes Kienzler,

am 10.12.2013 soll in Ihrer Gemeinde St. Barbara in Freiburg- Littenweiler ein Adventskonzert des Luftwaffenmusikkorps 2 der Bundeswehr stattfinden. Ein Adventskonzert erweckt vielleicht den Eindruck einer kulturellen Bereicherung für die Gemeinde in der Vorweihnachtszeit, doch ein solches Bild ist in diesem Fall mehr als zynisch!

 

Die Bundeswehr führt Krieg! Ob in Afghanistan, im Kosovo oder vor der Küste Somalias. Bei diesen Einsätzen geht es nicht um „Menschenwürde, Freiheit und Demokratie“, wie so oft propagiert wird. Die Kriegseinsätze, an denen die Bundeswehr beteiligt sind, bedeuten für die Menschen vor Ort eine Katastrophe. So ist seit Beginn des Krieges in Afghanistan die Zahl der in Armut lebenden Menschen drastisch gestiegen. Von einem Einsatz für Demokratie und Menschenrechte kann keine Rede sein, denn eine Marionettenregierung und die Zerstörung der vor dem Krieg durchaus vorhandenen Frauenkampfbewegung sprechen eine deutliche Sprache! Auch findet dort mitnichten ein Krieg gegen den Opiumanbau statt, denn im Gegenteil: Immer mehr Menschen sind ihrer Lebensgrundlage beraubt und wenden sich diesem einträglichen Geschäft zu. Die steigende Unterernährung, der verschlechterte Zugang zu sanitären Einrichtungen und die gestiegene Arbeitslosigkeit sind weitere Indizien, warum Krieg schlichtweg inakzeptabel ist.

Angebliche Hilfsmaßnahmen wie Brunnen- und Schulenbau dienen vor diesem Hintergrund lediglich als Alibi zur Legitimierung der Einsätze. In erster Linie werden deutsche Wirtschaftsinteressen verfolgt. So sicherten vergangene Kriegseinsätze z.B. in Afghanistan oder dem Sudan einen besseren Zugriff auf örtliche Märkte und Ressourcen, während die Bevölkerung stark unter ihnen leiden musste und demokratische Rechte weiter zurückgingen. Auch die unzähligen Einzelschicksale, verbunden mit dem Kriegsgeschehen, sprechen für sich. Die größten Profiteure scheinen die am Wiederaufbau des zerstörten Landes beteiligten Firmen zu sein. Kriege dienen letztendlich der Durchsetzung von wirtschaftlichen Interessen auf brutalste Art und Weise und dürfen nicht als „Hilfsmaßnahmen“ verharmlost werden. Die Errichtung von Scheindemokratien und Marionettenregierungen wird dabei billigend in Kauf genommen oder sogar bewusst gefördert, ohne auf die wirklichen Bedürfnisse der Bevölkerung zu achten. Bestes Beispiel ist Afghanistan: Der nach dem Einmarsch des Westens installierte Machthaber Hamid Karzai hat beispielsweise 2009 die Vergewaltigung in der Ehe von Strafverfolgung befreit und versucht aktiv seinem Familienclan die Macht zu sichern, indem er nun seinen Bruder auf das höchste Regierungsamt hieven will.

Statt kriegerischer Unterdrückung müssen Modelle solidarischer Wirtschaft und Basisdemokratie entwickelt werden, um ökonomische und politische Probleme in „Krisengebieten“ und hierzulande in Angriff zu nehmen.
Auch das geplante Konzert am 10.12. ist Propaganda für laufende und zukünftige Kriege. Öffentliche Auftritte der Bundeswehr in Deutschland gehören immer mehr zum Alltagsbild. Bei öffentlichen Gelöbnissen, Infoständen auf Messen, bei der Werbung in verschiedenen Medien, Jugendoffizieren in Schulen oder eben Konzerten von Musikkorps. Die Ziele sind immer die gleichen: Potenzielle neue RekrutInnen erreichen, aber vor allem Akzeptanz in der Gesellschaft erlangen, um die Kriegsführung zu legitimieren. Nicht umsonst bezeichnet sich das Luftwaffenmusikkorps 2 auf der eigenen Internetpräsenz als „klingende Visitenkarte“ des deutschen Militärs. Daran wird auch deutlich, dass eine Trennung zwische regulärem Heer und den Musikkorps Unsinn ist. Diese sind ein ganz normaler Teil des Heers mit einer ganz besonderen Aufgabe: Kriegspropaganda! Und dass der Einsatz des Militärs für viele Menschen Hunger und Elend bedeutet, soll durch Veranstaltungen wie das geplante Adventskonzert vollkommen verschleiert werden.
Für uns ist es ein Skandal, dass der Institution Bundeswehr in einer Kirche eine Plattform geboten wird, um in letzter Instanz für Krieg zu werben. Auch aus christlicher Sicht selbst muss das Konzert kritisiert werden. Das fünfte Gebot besagt doch „Du sollst nicht töten!“, oder verwechseln wir da etwas?

Wahrscheinlich haben Sie mittlerweile gemerkt, dass Sie so einen ähnlichen Brief vor einem Jahr schon mal gelesen haben. Wir haben auch gemerkt, dass wir so einen ähnlichen Brief schon mal geschrieben haben. Aber weil sie immer noch an dem Konzert festhalten und einer Auseinandersetzung mit dem Thema, unserer Kritik und der klaren Botschaft der Proteste im letzten Jahr offensichtlich aus dem Weg gehen, appellieren wir heute noch einmal an Sie.

Wir fordern Sie auf, das Konzert, das nicht mit einem „Fest der Liebe“ zusammenpasst, abzusagen. Als Gastgeber dieses Konzerts leisten Sie der Bundeswehr Hilfestellungl, die Gesellschaft an Krieg seine Folgen zu gewöhnen.

Kriegspropaganda darf kein Raum geboten werden!
Für uns gilt die Losung:
Nie wieder Krieg!
Arbeitskreis gegen Krieg und Militarisierung (AKM) Freiburg
(www.akm-freiburg.tk)

 

Unterstützt von:

Anti­fa­schis­ti­sche Linke Frei­burg
Deut­sche Frie­dens­ge­sell­schaft — Ver­band der Kriegs­dienst­geg­ner Frei­burg (DFG-VK)
Die Linke Frei­burg
Die Linke.SDS Frei­burg
DKP Frei­burg
Frak­ti­ons­ge­mein­schaft Unab­hän­gige Lis­ten Frei­burg
Frauen in Schwarz — Gegen den Krieg
Frie­dens­fo­rum Frei­burg
Hen­drijk Guz­zoni, Stadt­rat der Lin­ken Liste-Solidarische Stadt.
Jür­gen Gräss­lin, Bun­des­spre­cher DFG-VK, Trä­ger des Aache­ner Frie­dens­prei­ses
Prof. Dr. Gün­ter Rausch
Linke Liste — Soli­da­ri­sche Stadt Frei­burg
Links­ju­gend [’solid] Frei­burg
Susanne Dorer, Gewerk­schafts­se­kre­tä­rin ver.di Süd­ba­den
Unab­hän­gige Frauen Frei­burg
Ver­ei­ni­gung der Ver­folg­ten den Naziregimes-Bund der Anti­fa­schis­tin­nen Anti­fa­schis­ten Frei­burg (VVN-BdA)

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Die Bundeswehr führt Krieg! Ob in Afghanistan, im Kosovo oder vor der Küste Somalias. Bei diesen Einsätzen geht es nicht um „Menschenwürde, Freiheit und Demokratie“, wie so oft propagiert wird. Die Kriegseinsätze, an denen die Bundeswehr beteiligt sind, bedeuten für die Menschen vor Ort eine Katastrophe.

Der Einsatz in Afghanistan war insgesamt ein grober Flop, mit all den bösen Begleiterscheinungen, die Krieg mit sich bringt. Darüber herrscht allgemeiner Konsens, und ebenso wünschen sich wohl alle einen möglichst baldigen und vollständigen Abzug der Bundeswehr. (Der Brief enthält übrigens ein, vorsichtig getippt, eher naives Verständnis der Geschichte von und Verhältnisse in Afghanistan, aber das nur am Rande.)

 

Ganz anders ist die Lage im Kosovo, wo es die NATO (drei Monate nach Beginn der Operation durch Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen bestätigt) durch den weiteren KFOR-Einsatz geschafft hat, so etwas wie Frieden und Stabilität herzustellen, und weiteres Blutvergießen zwischen den Konfliktpartien weitgehend zu verhindern.

 

Der Einsatz vor der Küste Somalias ist kein Krieg, sondern eine Mission der Vereinten Nationen, die mit mehreren Resolutionen (1814, 1816, 1838, 1848 und 1851) aufgerufen hat, die Seewege gegen Piraterie zu sichern, der Dutzende von Schiffen und viele Hundert Seeleute zum Opfer gefallen sind, sei es durch teils langwierige Verschleppung, Verwundung oder Tod. Aktueller Filmtipp: Captain Phillips.

 

Auch aus christlicher Sicht selbst muss das Konzert kritisiert werden. Das fünfte Gebot besagt doch „Du sollst nicht töten!“, oder verwechseln wir da etwas?

Ja, tatsächlich. Das fünfte Gebot bezieht sich auf Mord, der bewaffnete Kampf samt Todesfolge wird in der Bibel anders beschrieben bzw. bezeichnet (unterschiedliche Worte im Hebräischen), vgl. z.B. David gegen Goliat, erstes Buch Samuel. (Wenn man will, findet man im dicken Buch namens Bibel übrigens für alles ein Für und Wider, auch das nur am Rande.)

hier sieht man mal wieder, dass es einigen Artikeln auf dieser Seite oft an einer differenziert überdachten Grundlage fehlt. Es ist so einfach grundsätzlich gegen entwas zu sein, ohne sich mit alternativen lösungsansätzen zu beschäftigen, die auch praktikabel sind...