Zwei Jahre lang war eine Gaststätte im Kreis Rastatt Anlaufstelle für Neonazis aus ganz Süddeutschland. 2011 schien es vorbei zu sein mit dem Treff der Extremisten. Jetzt ertönen aber wieder Hassparolen.
Das Kapitel rechtsextremer Konzerte im Kreis Rastatt schien im Sommer 2011 endgültig beendet. Rund zwei Jahre lang waren in der Gaststätte „Rössle“ in Rheinmünster-Söllingen Konzerte einschlägiger Bands, zumeist des verbotenen Netzwerks „Blood & Honour“, über die Bühne gegangen. Zudem fanden dort „Kameradschaftsabende“ und Rechtsschulungen für Mitglieder der Neonazi-Szene statt. Die Gaststätte entwickelte sich zur Anlaufstelle für Rechtsextreme aus ganz Süddeutschland und dem grenznahen Elsass. Bis der Besitzer der Gaststätte aufgrund des öffentlichen Drucks von Bürgern und Verbänden den Rechtsradikalen 2011 schließlich den Mietvertrag kündigte.
Die Behörden hatten zudem Ermittlungen zu Bußgeldverfahren gegen den Pächter wegen illegalen Alkoholausschanks eingeleitet – die Veranstaltungen waren meist als private Geburtstagsfeiern deklariert und konspirativ innerhalb der Szene veranstaltet. Schon damals sagte Jörg Peter, erster Landesbeamter des Landkreises Rastatt. „Wir werden die Szene weiter beobachten. Wie weit sich die Gruppierung aus der Gemeinde zurückzieht, bleibt abzuwarten. Wir sind ein Stück weit skeptisch.“
Offensichtlich zu Recht. Denn nach gut zwei Jahren scheint der „braune Spuk“ zurückgekehrt zu sein. Ende Juni spielten dort bereits einschlägige Bands wie „Division Germania“ oder „Kommando Skin“ vor rund 300 Zuhörern. Anfang Oktober traten im „Rössle“ die Skinhead-Bands „Überzeugungstäter Vogtland“ und „Kommando 192“ zum 20-jährigen Bestehen der Kameradschaft „Karlsruher Netzwerk“ auf. Zuletzt kam es am vorvergangenen Samstag – ausgerechnet am 75. Jahrestag der anti-jüdischen Pogrome in Deutschland – erneut zu einem Konzert mit rechtsradikalen Bands. „Blutzeugen“, „Heiliger Krieg“ und „Frontfeuer“ brüllten Hassparolen. Das Motto lautete: „Freiheit für alle nationalen politischen Gefangenen“.
Bei „Heiliger Krieg“ handelt es sich um ein Nachfolgeprojekt der Band „Race War“ („Rassenkrieg“). Das Vorgängerprojekt aus Schwäbisch Gmünd wurde 2006 wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verboten, die Mitglieder zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Ein Sprecher der „Antifaschistischen Linken Bühl/Achern“ betonte: „Wir können es nicht zulassen, dass vor unserer Haustür regelmäßig faschistische Konzerte stattfinden, bei denen Völkermord, Krieg und Verbrechen propagiert und gefeiert werden.“ Hubertus Stollmaier, SPD-Ortsvereinsvorsitzender in Rheinmünster und Sprecher der lokalen Aktionsgemeinschaft gegen Rassismus, zeigt sich irritiert vom Verhalten des Wirtshaus-Betreibers, der Rechtsradikalen offensichtlich erneut eine Plattform biete. „Das Verhalten ist sehr enttäuschend und beunruhigend. Letztlich sind uns die Hände gebunden, da es sich bei der Gaststätte um das Privateigentum des Betreibers handelt. Aber wir werden weiterhin durch Info-Veranstaltungen aufklären und präsent sein.“
Bei dem Konzert vorvergangene Woche wurde nach Angaben der Polizei bei einem Konzertbesucher aus Frankreich ein Gegenstand beschlagnahmt, der nach dem Waffengesetz verboten ist. Strafbare Handlungen stellte die Polizei sonst keine fest. Hinter den Aktivitäten in der Gemeinde am Baden-Airport sollen die in der Szene rührigen Gruppierungen „Karlsruher Netzwerk“ und „Rastatter Kameradschaft“ stecken.