Richter behindert NSU-Beweisführung: Verdächtiger V-Mann kommt erneut davon
Offenbar schwebt eine schützende Hand über dem Ex-V-Mann Andreas Temme. Er gilt als Verdächtiger im Zusammenhang mit dem NSU-Mord in Kassel. Doch unter Anklage steht er nicht. Nun hat das OLG München auch die Überprüfung von 35 Telefonüberwachungs-Akten des rechtsradikalen Temme verhindert. Die Akten seien unwichtig.
Der NSU-Prozess wird immer undurchsichtiger. Im Zusammenhang mit einem NSU-Opfer aus Kassel sollte der verdächtige ehemalige V-Mann Andreas Temme unter die Lupe genommen werden.
Mehrere Nebenkläger forderten die Einbeziehung von 35 Telefonüberwachungs-Akten von Temme. Richter Götzl lehnte den Antrag ab, berichtet DIE ZEIT. Die Unterlagen würden nichts dazu beitragen, den Fall aufzuklären. Doch Temme befand sich zum Tatzeitpunkt am Tatort und meldete sich anschließend nicht als Zeuge bei der Polizei. Der Verfassungsschutz Hessen verhinderte jegliche Untersuchungen gegen ihn.
Der aufgrund seiner rechtsradikalen Tendenzen als „Klein Adolf“ bekannte Temme wurde zuvor auch vom NSU-Untersuchungsausschuss angehört. Doch im NSU-Prozess steht er nicht unter Anklage. Er wird lediglich befragt (mehr hier).
In einem Schreiben der Staatsanwaltschaft Kassel – vorzufinden im NSU-Abschlussbericht – vom 13. Juli 2006 an das Hessische Ministerium des Inneren und für Sport heißt es:
„Der gegen Herrn Temme bestehende Anfangsverdacht konnte auch durch die weiteren geführten Ermittlungen noch nicht ausgeräumt werden (…) Aus hiesiger Sicht ist in Anbetracht der Bedeutung der Mordserie und des bundesweiten Interesses jedoch eine sorgfältige Abarbeitung der „Spur Temme“ geboten (…)“
Der Leitende Kriminaldirektor im Polizeipräsidium Nordhessen, Gerald Hoffmann, sagte dem NSU-Ausschuss, dass es ihm „schleierhaft“ sei, wie Temme von dem Mord an Yozgat nichts mitbekommen habe.
Der Öffentlichkeit bietet sich ein undurchsichtiges und dubioses Bild der NSU-Affäre. Rechtsradikale V-Männer werden in Schutz genommen und die Gerichte und Verfassungsschutzämter vernichten wichtige Akten. Unklar ist die direkte Mord-Verwicklung von hochrangigen Staatsbeamten. Die Frage nach einem „Tiefen Staat“ in Deutschland wird immer legitimer.
Doch Beate Zschäpe zeigt sich nicht sehr interessiert an dem Prozess. Dabei sitzt sie auf der Anklagebank. Sie löst während er Verhandlung Kreuzworträtsel und isst durchgehend Süßigkeiten. Ab und an flüstert sie lachend mit ihren Verteidiger, berichtet Spiegel Online. Offenbar wiegt sie sich in Sicherheit.