[W-tal] Bericht von der Soli für Lampedusa in Hamburg

wuppertal sponti_21.10.

Eine kleine aber laute und zornige Solidaritätskundgebung mit «Lampedusa in Hamburg» gab es gestern abend (Montag, 21.10.2013), in der Wuppertaler Innenstadt. An der Kundgebung nahmen zwischenzeitlich etwa 100 Menschen teil, ca. 70 gingen im Anschluss in einer Spontandemonstration noch gemeinsam zur SPD-Zentrale in der Elberfelder Robertstraße, wo ein an die Wuppertaler Landtagsabgeordneten der SPD gerichteter Protestbrief mit Forderungen überreicht wurde. Während der Kundgebung gab es Beiträge der «Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen», des so_ko_wpt und von empörten Menschen. Unter anderem wurde der offene Brief der Gruppe «Lampedusa in Hamburg» an den Hamburger Senat vorgelesen.

 

In Redebeiträgen wurde den engagierten Menschen in Hamburg gedankt, die seit mehr als einer Woche ihre Unterstützung für die Geflüchteten auf die Straße tragen. Es wurde dazu aufgerufen, sich am 02.November an der Demo zur Unterstützung der «Lampedusa in Hamburg»-Gruppe und am 21.Dezember an der bundesweiten Demonstration für den Erhalt der «Flora» und ein Bleiberecht für die Geflüchteten in Hamburg zu beteiligen. Bei aller Kritik am SPD-regierten Senat in Hamburg und den SPD-Politikern Scholz und Neumann wurde jedoch betont, dass auch im rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen rassistische Politik an der Tagesordnung ist. So ist «racial profiling» für migrantinsche und dunkelhäutige Menschen auch in NRW eine tägliche Erfahrung. Immer wieder werden sie gezielt von der Polizei kontrolliert und schikaniert. Auch die Praxis beinahe monatlicher Sammelabschiebungen vom Düsseldorfer Flughafen, bei denen zumeist Roma zurück nach Ex-Jugoslawien deportiert werden und das nach wie vor in vielen Orten existente Lagersystem zur Unterbringung von Flüchtlingen wurden heftig kritisiert.

Eine besondere Würdigung erfuhr in verschiedenen Redebeiträgen Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (ebenfalls SPD), der in den letzten Monaten vor Klischees strotzende Rassismen zu den bulgarischen und rumänischen Menschen im Dusiburger Stadtteil Rheinhausen abgesondert hat und damit maßgeblich für die entstandene Pogromstimmung in der Ruhrgebietsstadt verantwortlich ist. Unter großen Beifall wurde Link das Recht abgesprochen, weiter auf antirassistischen Kundgebungen aufzutauchen und dort seine Hetze fortzusetzen.

Konsequent war es deshalb, dass sich von der Kundgebung aus ein spontaner, entschlossener Demonstrationszug durch die Innenstadt in Bewegung setzte, der einen offenen Brief und eine Liste mit Forderungen persönlich in der SPD-Zentrale in der Robertstraße vorbeibrachte. Anders als in Hamburg ließ die Wuppertaler Polizei die Demo unbehelligt, sodass der Brief vor dem SPD-Büro verlesen werden konnte – verbunden mit der Ankündigung «keine Ruhe mehr zu geben», wenn die SPD ihre immer offenere rassistische Praxis in Hamburg, Duisburg und anderswo nicht sofort beendet. Über mögliche weitere Aktionen werden wir hier informieren. Den Brief an die Abgeordneten der SPD und die Forderungen dokumentieren wir unten.

Der Brief der Solidaritätskundgebung an die Wuppertaler SPD-Landtagsabgeordneten im Wortlaut:

 

An Herrn Bialas, Herrn Neumann, Herrn Bell. Hallo, Wuppertaler SPD!
Zunächst einmal, um Klartext zu sprechen: Eigentlich erwarten wir von dir, SPD, schon seit langem nichts mehr. Jedenfalls nichts Gutes.

Wir sind aber auch nicht hier, um zu bitten und zu appellieren, sondern um unseren Ärger und unseren Zorn zum Ausdruck zu bringen. Du solltest wissen, SPD, dass ziemlich viele extrem sauer auf dich sind! Es geht darum, wie deine regierenden Parteimitglieder mit Refugees, mit Flüchtenden, mit Reisenden, mit neu Zugewanderten umgehen. Es geht, um Namen zu nennen, um Leute wie Olaf Scholz und seinen Innenminister Neumann, welche seit Tagen in Hamburg Menschen jagen lassen, die vor dem Krieg in Libyen nach Italien und dann nach Hamburg geflüchtet sind. Es geht um die Kaltschnäuzigkeit und Ignoranz, mit der Hamburger Senat die Gesprächsangebote der Gruppe Lampedusa in Hamburg ausschlägt. Und es geht um die Hamburger Polizei, die dein Innenminister Neumann auf die Unterstützer*innen der Flüchtlinge hetzt.

Es geht aber genauso um kleinere Lichter wie den Duisburger Oberbürgermeister Sören Link, der auf einer Gegenkundgebung gegen Pro Deutschland von der Gewerkschaftsbühne den gleichen erbärmlichen „Alle die sich nicht integrieren, müssen raus“-Scheiß loslässt, wie auf der anderen Seite der Absperrung die Rassisten von Pro NRW. Sören Link heizt den Antiziganismus des Bürgermobs an indem er Wiedereinreisesperren für Bulgar*innen und Rumän*innen fordert. In dieser Hinsicht ist er völlig auf einer Linie mit dem Chefhetzer IM Friedrich. Er hat bei Antirassistischen Kundgebungen einfach nichts zu suchen.

Es geht auch um die dreckige und perfide Abschiebe- und Abschreckungspolitik hier in Nordrhein-Westfalen, wo beinahe monatlich Sammelabschiebungen nach Ex-Jugoslawien stattfinden. Wo 70 Jahre später noch immer und wieder Roma in den frühen Morgenstunden aus dem Schlaf gerissen und deportiert werden – diesmal ja "nur" in üble Slums und Ghettos... Wenn´s um Abschiebungen geht, unterscheidet sich dein NRW-Innenminister Jäger um keinen Deut von seinem französischen „sozialistischen“ Amtskollegen. Wir finden, es wird Zeit, ihm wie in Frankreich mit vielen Nachbarinnen, Klassenkameraden, Kollegen und Freundinnen die Hölle heißzumachen. Und es wird Zeit, dass die Lagerunterbringung von Flüchtlingen hier ein Ende findet.

 

Was bildet ihr von der SPD euch eigentlich ein, so mit Menschen umzugehen?!!

Hallo SPD, wir sind hier um dir zu sagen: Deine beschissene Flüchtlingspolitik geht so nicht! Entweder die änderst du, oder wir werden dich nicht mehr in Ruhe lassen!

    Wir fordern:

  • Aufenthalt nach § 23 für alle Lampedusa-Flüchtlinge, in Hamburg, Berlin und überall!
  • Stopp der Abschiebungen! Stopp der Abschiebeanhörungen!
  • Schluss mit der antiziganistischen Hetze! Menschenwürdiges Wohnen, Lernen und Arbeiten für alle Menschen, die aus Bulgarien, Rumänien oder sonstwo einwandern!
  • Schluss mit der Isolierung von Flüchtlingen in Lagern! Würdiges Wohnen ist Menschenrecht!

Solidarität mit Lampedusa – überall!