Bristol UK, Brandangriff auf Barclays Bank – Erklärung und Reflektion einer FAI-Gruppe

I come like the furious tempest

Die volle Wucht der Gefangenschaft in der Falle dieser Gesellschaft erdrückt uns auf unerträgliche Art und Weise. Namen-loses Leid, Frustration, Einsamkeit und Unsicherheit machen seit unendlich vielen Generationen den grössten Teil unseres Lebens aus. Wie Geld am lautesten spricht und alle anderen Grundsätze totschweigen, wie Beton und Asphalt uns vom Rest des Planeten isolieren währende er krank wird, und wie die herrschende Kultur die Menschen zu Robotern macht, um zu arbeiten-konsumieren-reproduzieren-gehorchen...werden wir körperlich und emotional tagtäglich von einer entwürdigten und künstlichen Existenzen begraben, die uns von unseren Träumen von ausserhalb des Modells fernhält.

 

Erwachende Wut durchdringt den Nebel der Verwirrung unserer entfremdeten Lage und nimmt lohnende Ziele für die Wut ins Visier. Jegliche reformistische Vorstellung von Burgfrieden mit den herrschenden Institutionen passt sich bloss den zahnlosen Rollen an, in die sie uns zwingen möchten. Unmittelbarer Aufstand scheint vital zu sein. Wir ziehen unsere Tarnung über und gehen in die Nacht hinaus und sprechen mit der Sprache, die so alt ist wie die Herrschaft: Sabotage und Verschwörung.

 

„...was sind unsere wirklichen Wünsche? In der Imbissbude sitzen, fernsehen, leer, gelangweilt, einige fade Kaffees trinkend? Oder sie vielleicht IN DIE LUFT SPRENGEN ODER NIEDERZUBRENNEN“

The Angry Brigade

 

Darum bekennen wir uns zum Einsatz einer einfachen Brandbombe gegen die Barclay Bank nahe Bath Road in Brislington, Bristol, in den frühen Morgenstunden des 28. August. Kerzen brannten in einem reifen nieder (und gaben uns Zeit zum Rückzug) und entzündeten benzingetränkte Lumpen, die wiederum Fünfliterkanister entzündeten, die zur Hälfte mit Petrol und zur Hälfte mit Kerosin und zermalmten Styropor (Zündsatz) und gut 1 ½ kg Campinggaskartuschen (Sprengmittel) gefüllt waren.

Die Bankniederlassung wurde ausgewählt weil keine weiteren Gebäude daneben stehen und um die extrem kleine Möglichkeit eines vorübergehenden Passanten zu vermeiden. Wir stellten den Sprengsatz hinter dem Gebäude an ein Fenster anstatt wie üblich empfohlen mehrere Sprengsätze auf entgegengesetzten Seiten.

 

Mit diesem Text möchten wir Gedanken über Banken und die Wirtschaft, über den anarchistischen Kampf gegen die Macht in allen ihren Formen, und über den Brennpunkt des Angriffs spezifisch

in diesem Bereich teilen. Zuerst, unser Ziel.

 

i) Die eiserne Faust im Samthandschuh

 

Die Rolle und auch die Falle des Finanzsystems werden immer deutlicher. Die wirtschaftliche Knechtschaft die sie den Massen auferlegen ist eine der stärksten Ketten, die uns heute fesselt, trotz dem kürzlich weitverbreiteten Misstrauen gegenüber dem Finanzsektor. Versprechungen eines hohlen „guten Lebens“ durch den Zugang zu Darlehen, Kreditkarten und Hypotheken umgarnen uns und verurteilen uns dazu, unsere Tage für die Wirtschaft zu verschwenden für ein Einkommen, das nicht einmal mehr zum Essen und Rechnungen bezahlen genügt. Flugs ist der ach-so-bekannte Teufelskreis da: noch mehr Kredite, Extrajobs, Lohnvorauszahlungen, Schulden, immer grössere Spannungen in der Kleinfamilie und höhere Niveaus an häuslicher Gewalt, Alkohol-und Drogensucht (illegal oder pharmazeutisch) um mit dem Stress fertig zu werden. Und Apathie, oft verpfeifen und kriechen um „emporzukommen“ Du wirst der Arbeit unterzogen und gräbst dein eigenes Grab für den Moment, in dem du zum Profit der Elite ausgelaugt und entsorgt bist, und der rebellische Geist wird von lähmender Armut und isolierenden Jobs gemindert. Und während das lüsterne Bild der Erfüllung durch Waren vor deiner Nase hängt, werden leise Mauern aus Strichcodes um dich herum errichtet um deine Zeit und kreative Energie einzusperren.

 

Für jene von uns, deren tausendjährige angestammte Kenntnis wie man unabhängig auf der Erde leben kann in den Jahrhunderten nach der Geburt des industriellen Kapitalismus (der auch das gemeinsame Land dafür eroberte und umzäunte) gewalttätig durchtrennt wurde, ist der Käfig der Wirtschaft fast total. Und es geht immer so weiter, während die wirklichen Bewahrer der finanziellen Armut voll in unserer Reichweite sind...

Unterdessen, in Zeiten einer historisch beispiellosen Kluft zwischen den Reichsten und den Ärmsten, investieren die Banken ihre gewaltigen Profite in die Finanzierung der kapitalistischen Entwicklung, in die Kontrollwissenschaft, in militärische und zivile „Sicherheits“-Technologie und industrielle Infrastruktur, in aller Lebensformen selbstmörderischer Vergiftung, die unsere Welt ausmacht seitdem das Krebsgeschwür der Zivilisation sich breitmacht. Ausbeutung ist die Norm der ökonomischen Aktivität und nicht die Ausnahme.

 

Zum Beispiel die Barclays banking group: Ziehen wir in Betracht, dass sie die macht hatte, als die Architekten der methodischen Plünderung einer wohlhabenden Elite des Rests von uns, den Libor-Zinssatz zur weiteren Eigenbereicherung festzulegen. Ziehen wir in Betracht, dass sie im UK der grösste Investor in der weltweiten Kohlenindustrie sind. Und kürzlich der grösste globale Investor im Waffenhandel. Und vorher der grösste institutionelle Aktionär der notorisch tierquälenden Gruppe Huntington Life Science. Finanziers der ultra-umweltverseuchenden Teersandgewinnung in Alberta auf indigenem Gebiet, möglicherweise das grösste kapitalistisch-industrielle Investment Projekt auf Erden und Ursache der zweitschnellsten Waldzerstörungsrate auf dem Planeten. Lasst uns ihren Entscheid in Betracht ziehen, die weniger ertragreichen Produktionsstandorte für Gebrauchtwaren und Mobiltelefone für Millionen von Personen an andere Gesellschaften und Regierungsstellen zu verkaufen. Ziehen wir in Betracht wie viele Leute hier im Finanzknast gehalten werden, den sie um uns flechten, der schnell mal zum Staatsgefängnis wird wenn du die Gesetze brichst, weil du mit den Bezahlungen nicht nachkommst oder du das vorziehst anstatt den Bossen gegen Bezahlung den Arsch zu lecken.

 

Aber eigentlich sind alle diese unannehmbaren Tatsachen nicht unser wichtigster Grund für den Angriff.

Wir glauben, um eine potentielle Gefahr für die Stabilität des herrschenden Systems darzustellen, dass man in einem Angriff, welcher Grössenordnung er auch sei, den zentralen Werten dieses Systems widersprechen muss. Zum Beispiel ist das offene aus den Tresoren Klauen was sie wollen der Banker nicht wirklich im Interesse des Systems, das für die moderne Zeit viel raffinierter Ausbeutung bedarf. Die Bank-“Krise“ und der Skandal um die Festlegung der Zinse wird vom System so gemanagt, dass es sein Image wieder human macht, während es mit der sozialen Plünderung und Umweltzerstörung aalglatt und professionell weitermacht. Wir wollen nicht einfach in den Chor einstimmen und die Banken für ihre „Korruption“ (als wäre eine nicht korrupte Bank etwas Verzeihliches) verurteilen. Der demokratische Totalitarismus ist Spitze darin, diese Entrüstung durch Reformen zu entschärfen etwa indem er Ermittlungen startet und die „faulen Äpfel“ (wie etwa der ehemalige Barclay-CEO Diamond, der mit einer etlichen Millionen schweren Pension von dannen ging) rauswirft und den Anschein erweckt sich gebessert zu haben.

 

In vielen Fällen hilft partielle Kritik, die nicht nach den Wurzeln der Herrschaft sucht, dieser eigentlich zu überleben, denn sie kann gefährliche Gegensätze für kurze Zeit „lösen“ während anderswo das Problem verschoben wird. Z.b. die Vivisektion aufgeben wird das System nicht unbedingt schwer beschädigen falls die Versuche zu einem gefährlichen Wutfaktor wurden um damit klarzukommen (wie z.b. als Barclays Huntington Life Sciences fallen liess und die führenden Tierrechtsgruppen dazu brachte, von ihr abzulassen): hingegen benennt die Absicht zur Überwindung der kulturellen Sichtweise, die alles Leben (vor allem das nicht-menschliche) als beliebig zu gebrauchenden Besitz ansieht, den in jedem Schritt in die Zivilisation anwesenden Abrichtungsprozess klar, und hat die totale Befreiung und nicht von den Autoritäten sanktionierte Rechte zum Ziel. Ein weiteres Beispiel: das Ende der Polizeigewalt in den Strassen ist potentiell im Interesse des Systems wenn die Befriedung durch eine Kultur der Identifikation mit dem eigenen Unterdrücker bewerkstelligt werden kann. Und falls das misslingt, gibt es ja immer noch die Psychiatrie, Überwachung, Medienmanipulierung und Zerstreuungsrackets der verschiedenen Politikkarrieristen. (Und natürlich setzt die Macht auf verschiedene Formen nackter Gewalt wo auch immer das wilde Leben sich weigert, auf seine Selbständigkeit zu verzichten).

 

Der Prozess um deine Geschicklichkeit im Umgang mit Materialien und Techniken zu verfeinern, ist natürlich ein Prozess der Selbsterziehung... An keinem Punkt sollte das Niveau an steriler Operationsfähigkeit intensiviert werden ohne eine entsprechende Intensivierung des Denkens und des Diskurses, und dasselbe gilt natürlich auch umgekehrt.“  

Gefangene Mitglieder der VZF-FAI

 

Nur um solche unmittelbaren Aspekte des Systems herum zu mobilisieren, ist keine Ablehnung seiner Werte, was auch ein revolutionäres Projekt nicht tut, das sich selbst auf den Kauderwelsch der „Einbeziehung“, der „alternativen Institutionen“, der „ethischen Produktion“ oder „Politik“ beschränkt. So lohnt es sich klarzustellen, dass unser Angriff auf diese räuberische Institution das Prinzip des zivilisierten Fortschritts selbst zum Ziel hatte, den die Banken so gut vertreten: Wirtschaftswachstum, Entwicklung und Expansion, was an ihre Jobs gekettete Massen und die Verwüstung der Erde benötigt., als Wesen des industriellen Kapitalismus mit der ganzen dazu erforderlichen Klassensklaverei und Beherrschung der Wildheit. Umgekehrt ist dieses System bloss die letzte Äusserung der Entfremdung und des Verlustes, was wir überall erleben, wo komplexe Gesellschaften den Zusammenschluss ablösen, der nach menschlichen Maßstab und von Angesicht zu Angesicht freiwillig eingegangen wurde.

 

Durch die Ablehnung dieser gesamten Geschichte mit der wir zwangsgefüttert wurden, haben wir ohne zu zögern entschieden die Destabilisierung und die Zerstörung welcher Formen auch immer der wirtschaftlichen Weltanschauung zu versuchen und eine wilde Welt freier Beziehungen zu leben: entgegen der gegenseitigen Reduzierung zur schlichten „Ressource“, menschlich oder anders. Anstatt die Anpassung an das System zu suchen oder es „verbessern“ zu wollen, verachten wir alles was seine heruntergekommene Existenz uns anbieten kann, das Kadaver „Rechte“ oder „Gerechtigkeit“ inklusive, die wir zusammen mit unseren Pflichten gegenüber der Zivilgesellschaft schon lange vergessen und begraben haben.

 

ii) Das Gewissen in Flammen

 

Klar kann angeführt werden, dass unser Angriff strikt symbolisch war und wohl einer Bankniederlassung Schaden zufügte aber mehr nicht. Doch für uns war trotzdem wichtig, die Komplizität des Schweigens zu brechen, Zeichen unserer Entschlossenheit zum Kampf zu setzen für alle die dasselbe fühlen, einen Schatten der Unsicherheit zu hinterlassen und wie es aussehen kann wenn das eine oder andere Element jener, die vom System ausgebeutet werden, dessen Praxis, Besitz und Frieden zertrümmert. In der heutigen Welt scheint unsere Kräfte gegen die spektakulärsten Aspekte des Staates oder des Kapitalismus zu richten wie eine Ablenkung zu sein (schlussendlich nur): in Anbetracht dessen, dass das kapillare Netzwerk der Verzweigung und Infrastruktur zur Verwaltung dieser Welt immer in Reichweite stehen. (Und obwohl das mal gesagt, nichts wärmt unsere Herzen dermassen wie wenn der Stock Exchange von Barcelona letztes Jahr während den Riots vom 29. März gestürmt wird, ein führender italienischer Geschäftsführer der Atomindustrie im vergangenen Mai aus dem Hinterhalt überfallen wird, oder erst diese Woche eine viele Millionen Pfund teurer Schießstand bei Bristol mit einem riesigen Feuer zerstört wurde!)

 

Und dann... wer weiss? Vielleicht leben wir noch wenn das Industriesystem unter seinem eigenen unhaltbaren Gewicht zusammenbricht, und das Beste tun werden, um das wieder zu erlernen, was von der Zivilisation ausradiert worden ist. Vielleicht werden wir weiteren GenossInnen begegnen und erleben wie unsere Welt durch unseren Kampf auf den Kopf gestellt wird. Vielleicht werden wir im Versuch früh sterben. Oder vielleicht werden wir es nicht, und nichts wird sich verändern.

 

Aber für uns änderte sich alles als wir entschieden als KriegerInnen anstatt SklavInnen zu leben. Wir machen unserem Kummer und unserer Frustration, unserer Einsamkeit und Unsicherheit alle Ehre indem wir sie nicht unterdrücken und uns davon nicht unterdrücken lassen: wir nehmen diese Bruchstücke unseres Ichs in unsere eigenen Hände um uns vom Opfer zum/r KämpferIn zu machen, und stehen stolz als Handelnde in dieser Welt. Um das anzugreifen, was uns zerstört.

 

Wir glauben, dass nicht alles vom Kontext und der Situation abhängt, als etwas Äusserliches, das in der Luft schwebt. Situationen werden von uns gemacht, indem wir uns selbst erschaffen, hart unsere eigenen Projekte erarbeiten und erschaffen, indem wir im sozialen Krieg ProtagonistInnen sind und eine aktive Rolle übernehmen, indem wir die ProtagonistInnen unserer eigenen Realität und unseres eigenen Kampfes sind... wir erwägen, dass während und nach einer Aktion oder Demo eine Reihe Dinge geschehen: zuerst siegen wir – bzw. wir erreichen das Ziel indem wir das Ziel konkret sabotieren, und dann verlieren wir, sobald wir uns wieder an die spektakuläre Normalität anpassen, die subversive Rolle aufgeben und wieder im Netzwerk existieren; so weit und so weit wie möglich sollten die Aktionen sich selbst ausbreiten, sich selbst verewigen und sich selbst alltäglich und gewöhnlich machen bis – zusammen mit Worten, Solidarität und jede anarchistische Praxis – sie etwelche subversive soziale Gebilde und etwelche Basis von Gegenmacht bilden können“

FAI/Antiautoritärer Aufstand der Aktion

 

Somit sind wir genauso mit unserer Entschlossenheit wie mit unseren Bomben bewaffnet. Und noch mehr, unsere FreundInnen, Geliebten und MitstreiterInnen wissen sehr gut, dass wir das Leben in die Arme schliessen mit all dem lachen, dem Schweiss und den Tränen, denn wir glauben fest, dass es etliche befreiende Wege gibt zum leben, lernen und kämpfen. Wir überwinden unsere Ängste, Resignation, Maulkörbe, das Halsband-leicht-wie-Seide, das so viele gern tragen. Unser Angriff ist eine vieler Methoden dazu. Um klarer zu denken, fühlen, handeln, uns zum Ort unseres Lebens in tiefer Verbindung anstatt Entfremdung zu beziehen. Wir wollen eine Gemeinschaft deren Möglichkeiten jenseits der Trümmer der Zivilisation liegen. Wir wissen, dass es viele weitere Feinde der Gesellschaft gibt, instinktive oder bewusste, die sich verschwören und zuschlagen ohne das Bedürfnis nach revolutionären Identitäten und Gemeinschaften zu haben. Sich aufstellen um alles was das freie Leben einengt zu bekämpfen, ist eine allen und überall offene Option, und nicht „Job“ irgendeiner militanten Elite.

 

iii) Selbstorganisation

 

Als Affinitätsgruppe die diese Aktion ausgeführt hat, begreifen wir uns selbst als ein einzelner Speer des vielzackigen anarchistischen Angriffs gegen Autorität und Entfremdung. Ein kleiner Zirkel kann planen wann, wo und was angreifen, minimal organisiert in einer umfassenderen Struktur der gegenseitigen Hilfe und Komplizität, in einem grossen Meer aus rebellischem Gedankengut und rebellischer Praxis in all ihrer Vielfalt schwebend und daran teilhabend, und immer mehr Aspekte unserer Leben mit einschliessend, wenn wir um Kohärenz und Verantwortung für unsere Welt kämpfen, Richtung Freiheit. Ein kleiner Zirkel, der sich, vor allem, bildet und auflöst nach dem Willen jedes teilnehmenden Individuums, auf der Basis der Fähigkeit zur selbständigen Koexistenz sowie zum Willen, in eine gemeinsame Front gegen die diffuse Macht und Zivilisation einzutreten.

 

Loser Guerillakrieg macht uns nicht zu Märtyrern, Leaders oder PredigerInnen. Wir handeln einzig zu unseren eigenen Bedingungen. Wir sehen uns nicht als „fortgeschritten“ nur weil wir diesmal zur Bombe statt zum Ziegelstein gegriffen haben. Wenn wir das alltäglich existierende sozialen krieg nennen, dann beschreiben wir den Kampf gegen ein komplexes Netz falscher Entscheidungen, physischer Kontrollen, sozialer Zwänge, Beschränkungen von Zeit und Lebensraum, der fast totalen Herrschaft der Ökonomie, und mehr. Wir betrachten nicht alle diese Schlachten zur Anwendung physischer Gewalt oder Beschädigung von Eigentum geeignet. In einigen besteht der Aufstand gegen die moralisierenden Identitätsrollen und Abrichtung, die von der Gesellschaft verordnet werden – Aufgaben, die auf individuellem Level beginnen müssen bevor sie, falls gewünscht, für gemeinsame Anstrengungen reif sind. Die anarchistische Guerilla muss auf allen diesen Fronten kämpfen, aber zentral ist, dass sie materielle Institutionen und Manager, die diese Welt durchsetzen, nicht ausschliesst anzugreifen. Ohne Bereitschaft zur Offensive (die aus der direkten persönlichen Erfahrung heraus entsteht) wären wir nicht bereit jede unserer persönlichen und kollektiven Freiheiten vor unseren Feinden zu verteidigen. Allzu oft sehen wir Radikale vor dem Zusammenprall zurückschrecken und sich in einen enttäuschten Narzissmus zurückziehen, oder in den relativen Komfort jener sozialen Bewegungen, die den Konflikt immer zuunterst auf die Liste des Möglichen setzen.

 

Dies ist das erste Mal, dass wir Bomben als Waffen benutzt haben, und wir vertrauen darauf, dass sie ohne allzu grosse Schwierigkeiten eingesetzt werden können. So ziemlich alle sind imstande ähnliche Sprengsätze wie der unsere zusammenzubasteln, das nur um den Mythos der Spezialisierung zu zerstreuen, von dem diese oft automatisch begleitet werden. Obschon wir denken, dass an einem anderen Zeitpunkt für irgend andere das zerdeppern einer einzelnen Scheibe dieselbe Bedeutung haben könnte (wenn der Akt nicht auf Dialog mit dem System oder auf seine Anerkennung aus ist!). Bedeutender ist die erhöhte Möglichkeit und Freude, die durch die direkte Aktion freigemacht wird anstatt abzuwarten und Kompromisse machen. Ferner sind wir mit unseren unbekannten GenossInnen der VZF-Russland einverstanden (wenn sie sich zum Brandangriff auf eine Autobahnstelle im Juli bekennen) wenn sie sagen, das zur Paralyse und Untätigkeit führen kann, wenn man sich wegen einem „höheren“ Level technischen Könnens und technischer Ausrüstung vom Angriff abhalten lässt.

 

Aber in unserem Leben entschieden wir uns dazu, unsere Erfahrungen des alltäglichen Krieges gegen die Zivilisation zu eskalieren, uns jenseits dessen zu stellen, was uns vorher vertraut war, unseren Werkzeugkasten um die Anarchie in unseren Beziehungen und unsere Revolte zu leben zu erweitern. Je mehr Methoden wir zur Verfügung haben lernen, desto anpassungsfähiger werden wir im Konflikt sein und umso härter wird es für unsere Feinde sein uns auszuschalten. Das ist so wahr für unser Projekt der bewaffneten Freude wie für unsere geschriebene Kommunikation, für unsere eigenen praktischen Fähigkeiten zum Überleben und im Gleichgewicht mit anderem Leben zu gedeihen. Und für unsere Wechselbeziehungen mit dem Ziel der Untergrabung und Vernichtung jeglicher Hierarchie. Die Revolte benötigt alles: Manifeste und Bücher, Reflektion und Diskussion, Dolche und Brandstiftung. Die einzig interessante Frage ist, wie wir vorher sagten, wie sie zu kombinieren sind.

 

Genau gesehen sind wir keine „ExpertInnen“, denn sobald vom Angriff retour, kämpfen auch wir mit all unseren vom Apparat der Machtverhältnisse in der aktuellen Gesellschaft erzeugten Heucheleien mit Gegensätzen und Entwürdigungen, und wir müssen den Mut fassen, unseren Experimenten, Fehlern und Erfolgen standzuhalten. Um unsere Würde zu behalten, muss die Rebellion Teil des Gefüges unserer Wirklichkeit sein, und nicht auf Demos, Begehung von tagen oder auf Momente breiterer sozialer Erhebungen begrenzt werden.

 

iv) Immer mit den Rebellen

 

Wir schreiben auch um uns zu der ausdrücklich antiautoritären Konstellation von Gruppen und Individuen (ob wir ihre Namen kennen oder nicht) zu bekennen, die gegen das System auf allen Fronten im Kriege stehen. Heute sehen wir eine Intensivierung der offen kämpferischen Aktionen in der Region und international. Wir sind auf unsere GenossInnen extrem stolz und hoffen sich ihnen anzufügen, wie ihre Worte und Taten uns bereichert haben. Möglichkeiten zu ergreifen ihnen Signale zu senden und den Gefangenen zur Seite zu stehen ist überhaupt kein billiger und künstlicher nachträglicher Einfall – es ist untrennbarer Teil von dem was wir sind und wofür wir kämpfen. Es wäre dumm das als bloss selbstbezogen abzutun. Seit immer verbinden wir unsere individuelle Revolte mit einem kollektiven Drang zur Zerstörung-Schaffung, wir kamen zum Schluss, dass die Gefangenen im Kampfe zu vernachlässigen den Kampf an sich zu vergessen bedeutet. Es ist wichtig uns selbst nie gegenüber anderen zu verbergen, die ebenfalls aufgestanden sind.

 

Unser Bombenangriff fiel auf den angesagten Monat in dem die libertären Klassenkämpfer Marcelo Villaroel, Juan Aliste und Freddy Fuentevilla in Chile endgültig im Prozess stehen. Ihre kämpferische Haltung und kämpferischen Briefe aus dem Gefängnis haben uns seit ihrer Verhaftung vor fünf Jahren in Argentinien inspiriert. Trotz unserer Unterschiede verbindet uns ein minimales gemeinsames Ziel: unmittelbarer Aufstand Richtung Verschwinden der Klassengesellschaft. Hier können wir Ideen, Praxis und natürlich gegenseitige Kritik austauschen, was uns fähig macht zu wachsen und zu lernen. Folglich, eher als absolutes theoretisches Einvernehmen (über das Wesen der Gesellschaft und die Zivilisation) erfahren wir heute eine Solidarität, die der geteilten Leidenschaft zum Kampf hier und jetzt und ohne zu zögern entstammt, immer frei die getrennten Wege zu gehen, die von unseren Analysen eröffnet werden. (Für die Klassenideologen jedoch, die die Aufständischen verleumden und sich immer hinter der Erwartung der „notwendigen Bedingungen“ verstecken, unsere unbedingte Verachtung).

 

...in einer sterilen Hochsicherheitszelle, in der wunderbaren Dunkelheit eines Berges, der von klandestinen Fußstapfen durchzogen ist, in der anonymen urbanen Sabotage...in einem poetischen Lied, in einem Bekennungsschreiben, in einer ehrlichen Hingabe dem Herzen...Erinnerung und Subversion existieren unabhängig von den Schlägen der Repression.“

Marcelo Villarroel

 

Kraft Dir Marcelo, Juan und Freddy, und Carlos Gutierrez, der in ihrem Fall immer noch gesucht wird. Den griechischen Anarchisten die in Konzani und in Nea Filadelfeia und in Thessaloniki verhaftet wurden, an Roger Clement (im Kampf für die Freedom-Coalition in Ottawa), Marco Camenisch und Walter Bond (Animal Liberation Front – Lone Wolf) sind noch mehr Gründe im Kampf standhaft zu bleiben.

 

Wir rufen alle auf die sich unzufrieden fühlen: baue dein Selbstvertrauen auf um dich gegen die Autorität und die Gleichgültigkeit zu bewaffnen. Lass uns aufstehen gegen Banken, Arbeit, Geld und die dahinterstehende Zivilisation. Von den in Santiago ausgeraubten Banken, von den in London erschossenen Verwaltern, den in Dhaka gestürzten Fabriken; vom Ladendiebstahl bis zu den Plünderungen in Bariloche und Bristol, den eingeschlagenen Arbeitsvermittlungsbüros und abgefackelten Jobzentren in Trento und Berlin; von der Gehorsamsverweigerung, Arbeitsplatzsabotage und unbefristeten Streiks; von der konfrontativen Aneignung von Wohnraum oder Land um sich vom Kommerz zu befreien in Cardiff oder letzte Woche in Girona; bis zum übriggebliebenen Indigenen Widerstand um nicht der globalen Lohnarbeits-Ökonomie einverleibt werden... 10, 100, 1000 Meutereien gegen die Tyrannei des Marktes.

 

Und wieso da aufhören? Auf ein Leben ohne Berechnung und Management, auf ein Leben in Freiheit und Wildheit. Die Anarchie. Lässt uns der innere Feind des Systems sein, unberechenbar und unkontrollierbar.

 

Für den permanenten Angriff und die permanente Subversion,

 

INFORMAL ANARCHIST FEDERATION / IMPROVISED GUERILLA FORMATION