Podium: Wie Deutschland kritisieren? Deutscher Nationalismus zwischen postnazistischer Kontinuität und ideologischer Modernisierung

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Die Arbeiter*innen haben kein Heimatland. 165 Jahre nach dem Karl Marx und Friedrich Engels diese alte linke Weisheit verfassten, müsste man einschränkend hinzufügen: Zumindest die deutschen Arbeiter*innen scheinen ihr Vaterland innig zu lieben. Das zumindest muss man meinen, betrachtet man Deutschland im Jahr 2013: Während die Zumutungen der nationalen Standortpolitik der letzten 15 Jahre stoisch hingenommen wurden und man den Gürtel am liebsten selbst noch enger schnallen würde, um es den „faulen Südeuropäern“ so richtig zu zeigen, versetzen so manchen Deutschen geplante Asylbewerber*innen in der Nachbarschaft in Rage (1) und um Spielplätze werden Zäune errichtet, um „deutsche Kinder“ vor „Flüchtlingskindern“ zu „schützen“ (2).

 

Alles normaler, kapitalistischer Alltag? Haben wir es lediglich mit von der Konkurrenz beschädigten Individuen zu tun, die solange Flucht im nationalen Kollektiv suchen, bis die Linke ihnen wieder zu ihrem objektiven Klassenstandpunkt verhilft? Deutscher Nationalismus habe sich grundlegend geändert und müsse im hier und jetzt kritisiert werden, so manche Linke, die in der BRD den “entspanntesten Gewaltmonopolisten, der jemals deutsche Pässe ausgegeben hat” (Ums Ganze) ausmachen. Oder west hier fort, womit niemals richtig gebrochen wurde: Eine postfaschistische Gesellschaft, in deren Kern noch immer die deutsche Volksgemeinschaft, also die Verbrüderung von Kapital und Arbeit im Hass auf alles Undeutsche, schlummert?

 

Einfache traditionslinke Erklärungsmuster, nach denen “die da oben” den Nationalismus vorgäben, und die “einfachen Leute” sich von diesem verführen ließen, scheinen jedenfalls nicht mehr haltbar zu sein. Kann es daher genügen, gegenwärtigen Nationalismus und Rassismus lediglich aus einer rein funktionalen Perspektive, als Mobilmachungs- sowie Disziplinierungsinstrument in der internationalen Standortkonkurrenz zu betrachten, wie es in der antinationalen Linken heute meist der Fall ist?

 

Wie dieses Land uns seine Leute letzlich zu kritisieren sind, diskutieren Joachim Bruhn (ISF Freiburg), Philipp Schweizer (Falken Erfurt), TOP Berlin und Thomas Ebermann.