Freies Netz Süd Kundgebung Roden-Ansbach Europa Erwacht

10.08.2013:Freies Netz Süd Kundgebung Roden-Ansbach Europa Erwacht Bild1

Roden-Ansbach (Lkr. Main-Spessart). Neonazis aus den Kreisen des "Freien Netz Süd" (Anmelder Norman Kempken mit seinem "Bund Frankenland", der "Deutsch Böhmische Freundeskreis" um Robin Siener, der "Deutsch Ungarische Freundeskreis" um Matthias Fischer und der neonazistische "Final Resistance"-Versand von Daniel Weigl) planen ein Rechtsrockfestival unter dem Namen "Europa Erwacht" in "Süddeutschland".

 

Sie bewerben, zunächst ohne Ortsangabe, die Rechtsrockkapellen "P.W.A." (Estland), "Act of Violence" (Laupheim), "Vérszerzödés" (Ungarn) und "Die Lunikoff Verschwörung" (Berlin) und den tschechischen "Liedemacher" "Bohemia" sowie die Redner Matthias Fischer, Zsolt Illés, Tony Gentsch, Dieter Riefling, Jíří Froněk und Philippe Eglin. Beim tatsächlich geplanten Konzertort handelt es sich um dasjenige Privatgrundstück, auf dem das FNS vor zwei Jahren mit dem "4 nationalen Frankentag" schon einmal ein neonazistisches Open-Air mit 600 Besucher_innen ungestört veranstaltet hat.

 

Das "Festival" soll ein familientaugliches Fest ("Spaß für Groß und Klein mit Trampolin, sowie Infoständen und mehr") und radikale NS-Verherrlichung gleichermaßen anbieten. Schon der von Kempken verantwortete Flyer ist mit einem Fackelträger im Stile des NS-Künstlers Arno Breker gestaltet. Und der Festivalname "Europa Erwacht" ist nicht weniger NS-nostalgisch als der bisherige Konzerttitel "Frankentag" der die Bezeichnung der NS-Massenspektakel auf dem mittelfränkischen Hesselberg aufgriff: Joseph Goebbels hatte Anfang Februar 1937 den "Deutschland erwache!"-Schlachtruf der Nationalsozialisten zu "Europa erwache!" umgewandelt und zwar, so schrieb er in sein Tagebuch, ganz bewußt gedacht als Kriegsdrohung des Deutschen Reichs gegen die Länder Europas.

 

Kempken und sein offiziell als Veranstalter auftretender Verein "Bund Frankenland e. V." (Würzburg) könnten dagegen Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München einlegen. Doch die Neonazis des FNS kapitulieren und sagen ihr Open-Air ab. Auf der Webseite zum Rechtsrockkonzert heißt es unter auffälligem Verzicht auf den sonst üblichen Größenwahn: "letztendlich kann das Festival aufgrund der Wege()rechtssprechung so nicht stattfinden" und "[wir] hoffen zumindest im nächsten Jahr eine kraftvolle Veranstaltung, trotz staatlicher Repression und wachsender Gesinnungsdiktatur, etablieren zu können, damit Europa endlich erwacht!".

 

Auf Flugblättern, die in Ansbach verteilt werden, bedrohen die Neonazis daraufhin zumindest indirekt lokale Nazigegner_innen. Sie würden "auf jeden Fall" in Roden "präsent sein", kündigt darin ein Andreas Steinbauer (Roden-Ansbach) dem Bündnis "Main-Spessart ist bunt!" an. Und der unterfränkische "Freie Netz Süd"-Aktivist Matthias Bauerfeind (Karlstadt) klagt vor dem Verwaltungsgericht Würzburg für den gleichen Samstag von 10.00 bis 20.00 Uhr (ursprüngliche Anmeldung: 10.00 bis 24.00 Uhr) eine vom Landratsamt als "Ersatzveranstaltung" eingestufte und zunächst verbotene "politische Kundgebung" mit 200 Teilnehmer_innen auf öffentlichem Grund in Ansbach ein.

 

Nur wenige Meter vom ursprünglich geplanten Konzertgelände entfernt und genau vor dem mit FNS-Transparenten (u. a. "Freiheit für Erich Priebke") geschmückten Wohnhaus des Besitzers der Wiese, auf der das Neonazi-Festival stattfinden sollte, versammeln sich schließlich am Samstag Nachmittag keine 50 Teilnehmer_innen aus Nordbayern in einer Sackgasse. Angesichts der auf Bierbänken unter Pavillons sitzenden Neonazis kritisierte die Polizei einen "fehlenden Kundgebungscharakter". Redner_innen, die zum angemeldeten Thema "Main-Spessart bleibt deutsch – Argumente statt Verbote" etwas sagen könnten, sind jedoch Mangelware. Die Ersatzveranstaltung endet um 16.00 Uhr schon weit vor dem angemeldeten Schluss.

 

Artikel von aida-archiv