Der Landser – ein Heft für die rechtsradikale Szene?

Erstveröffentlicht: 
09.08.2013

RASTATTER KRIEGSROMANHEFT  

 

Das Simon-Wiesenthal-Center macht gegen die Kriegsromanheft-Reihe "Der Landser" Front: Auch ein Freiburger Militärhistoriker sieht darin SS-Kriegsverbrecher verherrlicht. Doch wer liest das Heft heute noch?

 

Von: Susanne Kupke

 

"Plötzlich rumste es gewaltig. Der Leiterwagen wurde durch eine mächtige Detonation zerrissen. Die Druckwelle forderte Opfer. Zerfetzte Körperteile lagen herum. Der Krieg zeigte sein wahres, grausames Gesicht." Eine Szene aus dem August-Heft Nr. 2889 "Der Landser". Fast sieben Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird in dem Rastatter Kriegsromanheft Woche für Woche weiter gekämpft. Doch das wahre Gesicht des Krieges ist nach Meinung von Kritikern weit entfernt vom Inhalt der Hefte. Schlimmer noch: Das amerikanische Simon-Wiesenthal-Center kritisiert eine Verherrlichung des Kriegs und von Kriegsverbrechern.

In Briefen an die Bundesministerien für Justiz und Inneres fordert die internationale jüdische Organisation, den Inhalt der Roman-Reihe zu überprüfen und geeignete Maßnahmen dagegen zu ergreifen.

Wackere deutsche Soldaten kämpfen gegen hinterhältige Partisanen


Hingegen heißt es auf der Homepage des Landers, in den Erlebnisberichten zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges würden anhand von Einzelschicksalen dem Leser die ungeheuren Strapazen und Opfer aufgezeigt, die der Krieg 1939-1945 tagtäglich von den Soldaten und Offizieren forderte.

 

Doch mit Geschichte haben die Heftchen aus Sicht von Militärhistoriker Wolfram Wette wenig zu tun: Dass ein normaler Soldat, ein Landser, von seinen Kriegserlebnissen berichte, sei schon die erste Lüge. Die Hefte seien zumindest anfangs von Offizieren geschrieben worden, die zuvor für die Wehrmachtspropaganda gearbeitet hätten.

Im nach Art eines Groschenromans aufgemachten Landser ist die Welt klar in Gut und Böse aufgeteilt: Wackere deutsche Soldaten einer SS-Kavallerie-Division kämpfen in den russischen Pripjet-Sümpfen gegen hinterhältige Partisanen. Männer der Waffen-SS teilen mit ausgehungerten russischen Kindern ihr Essen, beim Beschuss durch die "Iwans" erweisen sie sich als treue Kameraden, und vor dem Heldentod töten sie ein paar Waldbrüder oder säubern russische Katen.

Für den deutschen Historiker Stefan Klemp, der die Hefte für das Wiesenthal-Center unter die Lupe genommen hat, sind schon solche Schilderungen unerträglich. Vollends entlarvt wird aus seiner Sicht die dahinterstehende Gesinnung auf der zweiten Seite jedes Heftes: Dort werden SS-Männer und Kommandeure mit ihren Auszeichnungen und Verdiensten vorgestellt - ohne deren Verbrechen zu erwähnen.

 

SS-Gruppenführer Hermann Fegelein zum Beispiel, der zum inneren Zirkel von Hitler gehörte, oder Generalfeldmarschall Albert Kesselring. "Hier werden Kriegsverbrecher als Kriegshelden vorgestellt", sagt Klemp. Militärhistoriker Wette wundert sich, dass solche alte Mythen noch heute verbreitet werden. Nach dem Krieg sei das hingegen nicht ungewöhnlich gewesen: "Die Nachkriegsjahre haben mit der Lüge der sauberen Wehrmacht gelebt."

Seit 1957 erscheint Der Landser einmal wöchentlich - zeitweise mit einer Auflage von einer halben Million Exemplaren. Nach starkem Leserschwund in den 1970er und 80er Jahren lag die Auflage nach der Jahrtausendwende wieder bei rund 60 000. Wie viele Hefte heute noch verkauft werden, darüber gibt die Hamburger Bauer-Gruppe keine Auskunft. In ihrem Rastatter Pabel-Moewig-Verlag erscheint der Landser neben der Erfolgsserie vom Weltraumhelden Perry Rhodan.

Die damaligen Soldaten sterben langsam aus. Wer liest heute noch das Heft? "Das kann nur die rechtsradikale Szene sein", mutmaßt der Freiburger Militärhistoriker Wette. Beim Hauptbahnhof Karlsruhe sind es vor allem Ältere, die das 1,95 Euro teure Heft kaufen. Es wird auch über Amazon vertrieben.

Der Bauer-Verlag legt nach eigenen Angaben "größten Wert darauf, dass die Publikationen mit den in Deutschland geltenden Gesetzen in Einklang stehen und darin weder der Nationalsozialismus verherrlicht wird noch Kriegsverbrechen verharmlost werden". Auch habe die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien die Publikation wiederholt überprüft. "Seit über 25 Jahren sah sie keinen Anlass mehr für eine Beanstandung", so der Verlag.

Das war nicht immer so: Bis Mitte der 1980er Jahre hat die Bundesprüfstelle etwa ein Dutzend "Landser"-Hefte indiziert: Sie durften nicht an Jugendliche verkauft werden - an Erwachsene schon. Auf den Index kommen Publikationen etwa wegen Verherrlichung des Krieges oder des Nationalsozialismus, erläutert Petra Meier, die Vize-Chefin der Behörde. Aktuell liege kein Prüfauftrag vor.

Die vom Wiesenthal-Center angeschriebenen Ministerien nehmen die Vorwürfe ernst. Nach Angaben des ebenfalls involvierten Bundesfamilienministeriums ist man noch in der "Vorprüfung, ob Tatbestände für eine Indizierung vorliegen". Der Bauer-Verlag will seinerseits das Ganze von neutraler Seite rechtlich prüfen lassen.