Nach einem Stopp auf dem "War starts here" Camp ist die Reclaim Power Tour nun auf den Spuren der Brennpunkte des Castorwiderstandes im Wendland:
Seit Dienstag haben wir wendländischen Widerstandswind um die Nase. Ob beim Radeln oder beim Besteigen eines Windrades. Die BI Lüchow-Dannenberg hat die regionalen Gruppen mobilisiert, und so fahren wir die Castorstrecke entlang, besichtigen Schauplätze des Kampfes gegen die Atommülltransporte und sprechen mit verschiedenen Vertreter*innen des lokalen Widerstands – zum Beispiel vor dem Verladekran in Dannenberg, wie auf dem Foto. Bald mehr dazu in unserem Tourtagebuch.
Nach einer erholsamen Nacht in der Kurve Wustrow stiegen wir wieder aufs Radl für eine Tour durch das Wendland. Die Tour führte uns über Lüchow auf die Strecke, die der Castor zurücklegt, wenn er dann mal wieder mit mehr oder weniger langen Unterbrechungen Richtung „Kartoffelscheune“ genanntes Zwischenlager rollt. Im Gepäck hatten wir alte Hasen des Widerstandes, die uns mit Geschichten über den Anti-Atom-Widerstand unterhielten und uns über aktuelle Ereignisse informierten.
Der erste Stopp führte uns in das schnuckelig-schöne Lüchow, wo wir uns mit Menschen aus der AG Fracking der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg über Fracking austauschten und unsere Wanderausstellung über Fracking installierten. Weiter ging es durch reife Kornfelder, vorbei an alten Backsteingutshäusern, die mit gelben Xen geschmückt sind, nach Dannenberg, wo wir direkt am Verladekran für die Castoren mit leckerem Mittagessen der Wendland-Vokü empfangen wurden und Informationen über die BI Lüchow-Dannenberg bekamen.
Als nächstes trafen wir uns auf der Wiese, wo sich jedes Jahr die wendländischen Bauern mit ihren Treckern treffen, um zu Aktionen während des Castortransports fahren. Hier konnten wir in die Geschichte der Initiative Bäuerliche Notgemeinschaft eintauchen. Ohne konkrete Organisation schaffen die Bauern es, jedes Jahr wieder mit ihren Treckern Straßen zu blockieren, die Polizei auf Trab zu halten und sich damit gegen den Atomstaat und die ignorante Politik der Parteien zu Wehr setzen um ihren Lebensraum zu verteidigen. Betont wurde, dass sich Bauern von einer CDU-regierten „Brave-Bürger“-Gesellschaft in kürzester Zeit zu einer Gruppe entwickelte, die sich die Unverschämtheiten der Atompolitik und Schikanen der Polizei und die nicht mehr bieten lassen. Weiter ging es nach Laase, das Dorf was bekannt dafür ist, dass dort die Polizei nochmal alles auffährt, was sie hat und es dementsprechend rau zur Sache geht. Wir tauschten uns über Möglichkeiten aus, wie die verschiedenen Widerstandskämpfe zu unterschiedlichen Themen wie Braunkohle, Fracking, Atomenergie, CCS und weiteren zusammenarbeiten und sich ergänzen könnten. So dass aus dem Rheinischen Braunkohlerevier bald “Germany’s Next Wendland” wird!
Wir radelten weiter nach Gorleben. Interessant ist, dass Gorleben, als das Dorf was am nächsten an der „Kartoffelscheune“ und dem geplanten Endlager steht, sich mit mehreren Millionen Euro jährlich vom Staat „ruhig stellen“ lässt und im Zuge dessen den Aufbau eines Endlagers befürwortet. In Gorleben trafen wir einen Menschen von Xtausendmalquer, einer Kampagne, die sich dem gewaltfreien Widerstand wie etwa Sitzblockaden verschrieben hat und damit sehr erfolgreich war.
Unser nächster Halt war das Zwischenlager für hochradioaktiven Atommüll. Erschreckend war die so geringe Sicherung der Gebäude. Dort lagern insgesamt 113 Castorbehälter, die zum Ausklingen in einer Halle stehen. Der Grenzwert für radioaktive Strahlung ist jetzt schon überschritten, obwohl „nur“ 113 der ehemals geplanten 400 Behälter dort lagern. Ein Grund, warum der Standort Gorleben weiterhin so großes Interesse bei der Endlagersuche bekommt, ist, dass dort eine sogenannte Pilot-Konditionierungs-Anlage steht, in der mensch „sicher“ Castorbehälter öffnen und reparieren kann. Sie ist zum Glück noch nie in Betrieb genommen worden.
Nach einigen paar Pedaltritten fanden wir uns am letzten Punkt der Tour wieder, dem Salzstock Gorleben , der seit 30 Jahren zu einem Endlager von Atommüll gemacht werden soll. Vor den Toren des Salzstockes organisierten verschiedene Menschen und Gruppen im Namen der Kampagne Gorleben 365 (+x) ein Jahr lang viele verschiedene Aktionen um das Gelände zu blockieren. Von einfachen Sitzblockaden über Konzerte bis hin zu Hochzeiten und Geburtstagsfeiern gab es viele kreative Einfälle des Widerstandes. Randvoll mit Eindrücken kehrten wir in die Kurve Wustrow zurück, wo wir uns schon fast wie zu Hause fühlen.