Rechtsradikales Treiben in Kirchenausbildung

Erstveröffentlicht: 
31.07.2013

Würzburger Priesterschüler fliegen raus

Sie machen antisemitische Witze, gehen zu einem Konzert der Band Freiwild und wollen Priester werden. Doch damit ist es für zwei Würzburger Seminarschüler nun vorbei - der Bericht einer externen Kommission sorgt für den Rausschmiss der beiden Amtsanwärter.

 

Wegen judenfeindlicher und rassistischer Witze sowie dem Besuch eines Konzerts derumstrittenen Rockband Freiwild müssen zwei Studenten das Würzburger Priesterseminar verlassen.

 

"Seminar unter der Lehre des Guten Hirten" steht in goldenen Lettern auf Latein über dem Eingangstor zum Würzburger Priesterseminar. Doch was in den vergangenen Wochen aus dem ehrwürdigen Gebäude in der Altstadt an die Öffentlichkeit drang, war alles andere als gut. Neben dem Erzählen von antisemitischen "KZ-Witzen" soll sich ein Seminarteilnehmer auch vom Gottesdienst befreien haben lassen, um ein Konzert von Freiwild besuchen zu können. Ferner erzählt der Kommissionsbericht auch von rassistischen Entgleisungen von einem der beiden Schüler. Dieser solle am Mittagstisch nach einem "Neger zum Abräumen" gerufen haben.

 

Ein anderer Punkt des Berichtes vermerkt, dass einer der Beschuldigten geäußert haben soll, den Teilnehmern einer antirassistischen Demonstration in Würzburg gehöre "auf die Fresse" gehauen. Dass am Seminar der Geburtstag von Adolf Hitler gefeiert wurde, konnte die Kommission ebensowenig feststellen, wie das Abspielen rechtsradikaler Muskik. Allerdings sei mehrfach der "Badenweiler Marsch" in dem Wissen abgespielt worden, dass es sich dabei um "Hitlers Lieblingsmarsch" gehandelt haben soll.

 

Nach Aufkommen der Vorwürfe Ende Mai hatten der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick und der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann eine externe Untersuchungskommission ins Leben gerufen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Nachdem diese nun ihren Bericht vorgelegt hat, ziehen die beiden Geistlichen die Konsequenzen und schmeißen die Schüler aus dem Seminar. Zuvor hatte Josef Schuster, Vizepräsident des Zentralrats der Juden und Vorsitzender der Israelitischen Gemeinde Würzburg, seine Erwartung geäußert, dass die Kommission die Anschuldigungen lückenlos aufklärt und die Diözese zu einer verantwortlichen Reaktion gemahnt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen mit einem solchen Gedankengut in einem geistlichen Amt tätig sein können", fügte Schuster hinzu. Besonders auch weil das Amt eine wichtige Aufgabe gegenüber Jugendlichen hätte.

 

"Antisemitismus hat in der Kirche keinen Platz"

 

Der Bericht listet detailliert das Fehlverhalten von insgesamt drei Seminaristen auf. "Von Einsicht haben wir nichts gespürt", sagte der Vorsitzende der Kommission, Norbert Baumann. Für ein braunes Netzwerk im Umfeld des Priesterseminars gebe es aber keinen Anhaltspunkt. Die dreiköpfige Kommission befragte alle 18 Seminaristen und zehn weitere Personen zu den Vorwürfen. Ob auch der dritte Student das Seminar verlassen muss, ist noch nicht entschieden. Die Staatsanwaltschaft Würzburg kündigte an, den Bericht der Kommission auf strafrechtliche Relevanz zu prüfen. Bisher seien jedoch keine Ermittlungsverfahren gegen Seminaristen anhängig.

 

"Antisemitismus hat in der Kirche keinen Platz", sagte Erzbischof Ludwig Schick. "Auch jede Form von Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Extremismus ist mit dem Christentum nicht vereinbar." Das müsse in jeder kirchlichen Erziehung und Ausbildung, besonders im Priesterseminar, gelehrt und deutlich gemacht werden. Die Verantwortlichen in der Ausbildung hätten die Pflicht, sensibel zu sein, Augen und Ohren offen zu halten und jedem Aufkeimen zu begegnen. Das Würzburger Priesterseminar bildet Priester für die Bistümer Würzburg und Bamberg aus.