Göteborg: Haus im Zentrum besetzt

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Heute, am Samstag den 18. Juli gingen wir in ein leeres Haus in der Viktor Rydbersgata, nur 50 Meter vom Götaplats entfernt. Wir werden hier wohnen und Aktivitäten machen, bis man unseren Forderungen entgegenkommt. Dies ist ein Protest gegen Gentification, Wohnungsnot und hohe Mieten. Wir wollen eine Stadt sehen, in der alle Zugang zu Raum haben, Wohnraum sowie Treffpunkten.

 

Wir fordern ein Haus, ein von den Beteiligten bestimmtes und selbstverwaltetes Haus, wo wir uns gegenseitig helfen können und uns mit Aktivitäten beschäftigen können, die kein Geld kosten. Wir fordern auch, dass uns nicht mit Anklagen und Polizeigewalt begegnet wird. Wie wollen, dass die Kommunalverwaltung darüber mit uns in Dialog tritt. Im Haus werden wir Aktivitäten wie Musik, Filme, Lesungen und Diskussionen haben. Alle sind willkommen teilzunehmen und Dinge im Haus zu organisieren. Der Strom funktioniert, aber das Wasser leider nicht, nehmt also soviel Wasser mit wie ihr könnt.

 

Warum haben wir dieses Haus besetzt?


Es gibt in Göteborg einen enormen Mangel sowohl an Wohnungen als auch an Versammlungsorten und wie jedeR sehen kann ist das hier ein phantastisches Haus. Leider stand das Haus 10 Jahre lang leer, trotz dass es für die Göteborger hätte von Nutzen sein können. Die Kommune investiert jedes Jahr Millionen in Prunkgebäude (10 Schwedische Kronen sind ca. 1 Euro). Kauft stattdessen dieses hier und lasst es zu einem lebendigen Haus für alle werden. Die Göteborger haben diese Stadt hier gebaut und verdienen nicht weniger als das beste.

 

Damit wollen wir auch sagen, dass wir Raum in der Stadt für die Bedürfnisse der Mitbüger fordern: Wohnungen, Treffpunkte und Raum um sich auszudrücken. Geschieht das nicht hier, dann muss es woanders sein und wir werden den Kampf nicht aufgeben. Die Kommune schloss das Jugendhaus und baute ein Kasino, man ließ den kommunalen „Poseidon“ das Versammlungshaus in der Altstadt abreißen um einen Rasen mit einer Poseidon-Statue zu bauen. Zudem will man die alten Arbeiterwohnungen in Gårda abreißen um ein Parkhaus für die Schwedische Messe zu bauen, Freizeitparks in den Vororten schließen und Musik auf den Straßen der Innenstadt verbieten. Wir sagen: Lasst uns unseren Raum!

 

Warum nehmen wir uns ein privates Haus und stellen Forderungen an die Kommune?

 

Zum einen denken wir, dass das Recht auf Wohnungen und Treffpunkte wichtiger ist als das Recht Gebäude zu besitzen nur um Geld damit zu verdienen. Ernst Rosén AB hat Gebäude und Grundstücke im Wert von 4,8 Milliarden, also kommen sie damit gut zurecht und haben genug Geld um Häuser leer stehen zu lassen damit deren Wert steigt. Viele Junge, Wohnungslose, Arbeiter und Studenten haben diese Möglichkeit nicht, weshalb unsere Bedürfnisse ganz einfach wichtiger und dringender sind als das Gewinnstreben der Unternehmer.


Zum anderen haben wir wieder und wieder gesehen, wie stark die Verbindung zwischen der Wirtschaft und den Beamten und Politikern der Kommune sind. Wenn sie die Messe ausbauen wollen, dann baut man die Messe aus und reißt die Wohnungen von Menschen ab. Wenn sie finden, dass Straßenmusik den Handel stört, dann verbietet man sie. Wenn sie zusammen eine Vision von einer Event-Stadt vorlegen, gründet man die Stadtplanung auf dieser Vision, von der Gentrifizierung Hagas in den 80ern über die Schließung des Jugendhauses in den 90ern bis zu den Hotelexpansionen und dem Riesenrad Anfang des 21. Jahrhunderts.


Mietwohnungen im Zentrum verschwinden, da die Stadt immer mehr ein Platz für die wird, die es bezahlen können. Das Zentrum wird nur nach dem Konsum und dem Bau exklusiver Wohnungen eingerichtet, was den Unternehmen mit der Zustimmung der Kommune Geld bringt. Ihre Vision ist eine gemeinsame, aber das ist auch die unsere: Wir fordern unser Recht und unseren Raum, wir fordern das Recht auf unsere Geschichte und unsere Zukunft, wir fordern Wohnungen mit angemessenen Mieten für alle und wir fordern Zugang zu unserer Stadt unabhängig von Klasse, Alter, Hautfarbe oder Kontakten.

 

Unsere Ziele:

  • Wohnungen für alle zu angemessenen Mieten! Angemessen sowohl im Verhältnis zum Einkommen als auch im Verhältnis zum Gewinn des Vermieters. In vielen Gebieten sind die Mieten trotz fehlender Instandhaltung und sehr niederem Standard hoch. Als Beispiel: In Gårda, wo die kommunalen Vermieter seit vielen Jahren weder renoviert, gestrichen noch die Treppen gereinigt haben, kann die Miete immer noch bei 2500 Kronen im Monat für eine Einzimmerwohnung liegen. Für was? Die Vermieter haben ihre Kosten seit langem reinbekommen und bekommen nun mehrere Hunderttausend reinen Gewinn pro Monat aus den Häusern. Das gleiche gilt für viele der Millionenprogrammhäuser, bei denen sich jetzt am laufenden Band herausstellt, dass sie Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden haben. Sie haben ihr Geld schon bekommen, es ist unangemessen, dass die Mieter jetzt viel Geld für nichts bezahlen, oder noch schlimmer, für gesundheitsgefährdendes Wohnen.

  • Brecht die Trennung! Die Trennung, für die Göteborg international bekannt ist, muss aufhören. Arbeiter, Jugendliche und Migranten sollen die Möglichkeit haben auch im Zentrum zu wohnen, im Gegensatz zur heutigen Entwicklung, wo arme Menschen sogar aus den Vororten, wo sie früher wohnen konnten, vertrieben werden. Das Ansehen von Gamlestan (Altstadt), Kville und Lundby soll gehoben werden: Wohnungen und Villen sollen dort gebaut werden, wo von Menschen mit mehr Geld erwartet wird, dass sie die Stadtteile besser machen. Die Konsequenz ist, dass sich der Druck erhöht und die, die in der Gesellschaft ganz unten stehen, auch dort keinen Wohnraum mehr bekommen. Sie werden stattdessen gezwungen noch weiter aus den Vorstädten zu ziehen oder zu einem unsicheren Dasein, als Bewohner alternativer, provisorischer Lösungen wie Zweit- oder Dritthandverträge (untervermietete Wohnungen), nach Hause zu den Eltern zu ziehen, auf Sofas von FreundInnen, in Jugendherbergen, Nachtbusse, Wartehallen oder schließlich auf die Straße. Alles hängt davon ab, was für ein soziales Netz der/die Einzelne erreicht hat.

  • Mehr öffentliche Räume! Die Stadt soll ein Platz sein, wo Menschen leben, sich treffen und sich künstlerisch und politisch ausdrücken können. Heute ist die Stadt einseitig gebaut um zu konsumieren und um zur Arbeit hin und wieder zurück zu kommen. Die Lücken, die entstehen, werden einer immer größeren Kontrolle ausgesetzt. Wie wollen eine Stadt sehen, wo der Raum und die Möglichkeiten nicht vom Geld bestimmt werden, wo man unabhängig vom Einkommen gratis Zugang zu Treffpunkten, Sporthallen, Musiklokalen, Jugendzentren und den öffentlichen Verkehrsmitteln hat um dort hinzukommen, wo man will und muss. Wir sehen auch, dass sich die Institutionen, die es gibt, öffnen müssen und mehr auf Zugänglichkeit, Selbstverwaltung und Bestimmung durch die Teilnehmer bauen. Es gibt Bibliotheken, Konzerthäuser und Museen, aber wer leitet sie und welche Kultur repräsentieren sie? Wie viele Mittel bekommen die Kultur und die Aktivität von Jugendlichen, Arbeitern, außenstehenden und unabhängigen Gruppen im Verhältnis zur Oper, zu den Symphonieorchestern und dem Kunstmuseum? Wir wollen stattdessen einen Raum, an dem jeder Mensch Platz hat. Verbietet nie Musik. Lasst das Andere, das Neue, das Marginale Raum nach den eigenen Voraussetzungen bekommen, in den großen pompösen Häusern sowie auf der Straße. Dasselbe gilt in Wohngebieten, wo die Einwohner Einfluss auf ihr Wohngebiet haben sollten. Lasst die Wohngebiete sich mit sozialen Zentren entwickeln und die Aktivitätsräume mit einem wachsenden Grad an Selbstbestimmung.

Die Stadt für alle!

Schwedisches Original auf www.motkraft.net