Das Gottesurteil

Lythrum salicaria

Ein Mann zog in die Stadt
Welche überall nur die dem Tode geweihte genannt wird
Um für seine Kinder in Erfahrung zu bringen
Ob es dort eine Zukunft gebe.

 

Als er dem Torhüter sein Begehr nannte
Sprach dieser ohne Scham und Zaudern:
Das weiß ich selber nicht!
Wie wollt Ihr das finden?

Ganz einfach, antwortete der Reisende:
Findet heraus wohin die Herzen der Menschen blicken
Und öffnet dem Euer Herz
Dann werdet Ihr in ihre Herzen sehen können.

Das verstehe ich, antwortete der Torhüter:
Wenn die Reisenden eine Erinnerung an diese Stadt suchen
Dann schicke ich sie zu dem Brunnen
Der sich in ihrer Mitte befindet.

Daraufhin begab sich der Reisende dorthin
Legte sorgsam seine Kleidung ab
Und stieg in das Wasser
Um der Bildgestalt einen Teil seines Blutes darzubringen.

Als die Leute das Messer in seiner Hand erblickten
Wurden sie von Furcht übermannt
Und bildeten einen großen Kreis
Um alle sehen zu können was er als nächstes täte.

Da sprach der Brunnen mit lauter Stimme:
Fürchtet Euch nicht! Ich bin gekommen um zu finden
Ob es in dieser Stadt eine Zukunft gibt.
Könnt Ihr mir davon erzählen?

Endlich löste sich einer aus ihren Reihen und ging auf ihn zu:
Mit einem solchen Stock schlug ich einst einen Versuch aus mir meine Zukunft zu rauben!
Da ließ der Reisende das Messer sinken und sprach:
Wenn es eine gibt dann brauchen wir nicht darum zu kämpfen.

Daraufhin trug der Mann seinen Stock fort und die Leute kamen näher heran.
Nach kurzem Zögern trat ein Unbewaffneter an den Brunnenrand und sprach:
Ich bin Arzt, laßt mich Euer Blut auffangen
Damit ich es verwende anderen zu helfen.

Hierauf erwiderte der Reisende: Wenn ich es Euch gebe
Werden die Leute weitergehen und ich keine Antwort erhalten.
Habt Ihr in dieser Stadt denn nicht genug Hilfe
Daß es auch ohne mich eine Zukunft gibt?

Daraufhin wandte sich der Arzt schweigend ab
Und die Leute welche die Worte gehört hatten diskutierten untereinander
Während der Reisende seinen Blick auf der Bildgestalt ruhen ließ
Und die Wunden allmählich versiegten.

Schließlich bahnte sich ein alter Mann mit einem langen Bart den Weg durch die Menge
Und sprach zu dem da Sitzenden: Habt Ihr gefunden was Ihr gesucht?
Der blickte ihn fragend an.
Ihr lebt! Ist das nicht Zukunft genug?

Wir wissen hier nicht genau ob es eine Zukunft gibt
Aber wir wissen genau daß es eine Vergangenheit gibt
Und da hätten die Bewaffneten Euch getötet, die Ärzte Euch gefleddert
Und an meiner Stelle wäre ein Pharisäer erschienen um Gift auf Euer Grab zu schütten.

Daß Ihr Euer Herz geöffnet und in die unseren geblickt habt
Hat uns gelehrt daß die Vergangenheit vergangen und die Zukunft gegenwärtig ist.
Steht auf, nehmt Eure Kleider und erzählt Euren Kindern
Was Ihr von der Vergangenheit gehört und von der Zukunft gesehen habt.