Die Republikaner (REP) wollten am 6. Juni 2009 - einen Tag vor den Kommunalwahlen und der Europawahl - ihre rassistischen und nationalistischen Forderungen mit einer Demonstration durch Ludwigshafen öffentlich präsentieren. Diese Demonstration war als Höhepunkt ihres Wahlkampfs in Ludwigshafen geplant. Auf Grund der antifaschistischen Gegenmobilisierung konnten die REP keine ihrer für den 6. Juni 2009 geplanten Veranstaltungen durchführen. Anstatt der REP waren einige 100 AntifaschistInnen und AntirassistInnen in Ludwigshafen und Speyer unterwegs. Statt des Aufmarsches der REP in Ludwigshafen fand letztlich eine linksradikale Demonstration in Mannheim statt. Wir, der AK Antifa Mannheim, hatten die Mobilisierung gegen den REP-Aufmarsch im Wesentlich angestoßen und getragen und ziehen eine positive Bilanz der Aktionen um den 6. Juni. Mit diesem Text wollen wir unsere Einschätzungen, Zielsetzungen und unser strategisches Vorgehen transparent machen. Für Rückmeldungen und solidarische Kritik sind wir offen und stehen für eine Diskussion gerne zur Verfügung.
Ziele der antifaschistischen Mobilisierung
Die Zielsetzung der Mobilisierung und Aktionen lässt sich anhand ihrer AdressatInnen und ProtagonistInnen in drei grobe Ebenen gliedern: 1. Die radikale Linke, 2. die Zivilgesellschaft und 3. die Republikaner selbst.
Die radikale Linke
Neben der Verhinderung bzw. der Störung des rassistischen Aufmarschs am 6. Juni war es
für uns zentral, die REP und ihre reaktionären Positionen im gesellschaftlichen Kontext zu thematisieren. Dies geschah in Aufrufen, Flugblättern und Interviews. Hierin wurden die REP als Sammelbecken “rechter Strömungen, von rechtskonservativ bis offen faschistisch” verortet. Rechte/faschistische Positionen wurden im Kontext von Nationalismus, Rassismus und kapitalistischer Standortlogik thematisiert und dabei auf Schnittmengen zwischen vermeintlich bürgerlichen Parteien der so genannte Mitte und den Republikanern hingewiesen. Es wurde herausgestellt: Rechts ist wo die Mitte ist:
“Die Nazis von NPD und Kameradschaften oder die Republikaner sind keineswegs die einzigen, bei denen sich Nationalismus, Rassismus oder autoritäre Staatsvorstellungen finden. Diese Ideologien sind von Grund auf in der bürgerlichen Gesellschaft mit ihrer kapitalistischen Produktionsweise angelegt. Es ist gerade die selbsternannte “Mitte” der Gesellschaft, welche die Ideologien produziert, die die Aufrechterhaltung der existierenden Herrschaftsverhältnisse legitimieren.”
Dementsprechend wurden die REP auch als reaktionärer Ausdruck eines gesellschaftlichen Gefüges thematisiert, das täglich Unterdrückung hervor bringt und rechten Ideologien den Weg ebnet: “Sie bringen den Rassismus in den gesellschaftlichen Strukturen und staatlichen Institutionen auf den Punkt. Sie sind es auch, die dazu beitragen ein Klima zu schaffen, indem die Nazis von NPD und Kameradschaften ungestört zuschlagen können.”
Anschließend riefen wir dazu auf, rassistischer und nationalistischer Hetze entgegenzutreten und den Aufmarsch der REP praktisch zu verhindern. Hierzu wurde vor allem auf eine Mobilisierung der radikalen Linken aus dem Rhein-Neckar Raum gesetzt.
Zivilgesellschaft
Die relative Stärke der REP in Ludwigshafen resultiert vor allem aus einer gefestigten Infrastruktur (Büro, Fraktionsstatus, regelmäßige Veranstaltungen) und einer starken gesellschaftlichen Verankerung. Vor allem letztere sollte im Rahmen der Mobilisierung thematisiert und nach Möglichkeit aufgebrochen werden. Hier wurde darauf gesetzt, die Republikaner klar als rassistisch zu benennen und neben der Mobilisierung aus der radikalen Linken eine breitere Mobilisierung anzustoßen, um die REP gesellschaftlich zu isolieren. Darüber hinaus haben wir in Presseerklärungen die Kooperation von REP und Deutscher Liste (neonazistisches Sammelbecken um den Holocaustleugner und ehemaligen NPD-Vorsitzenden Günter Deckert) ) thematisiert. Dadurch sollte vor allem der bürgerliche Anstrich, den sich die REP in Ludwigshafen geben, beschädigt werden.
Die REP
Ein Großteil der Aktivitäten der REP konzentriert sich um EU- und Kommunalwahlen. Dementsprechend wurde die geplante Demonstration am 06. Juni, im Vorfeld der Wahlen, als günstige Gelegenheit eingeschätzt, die REP empfindlich zu Treffen. Ziel war hier, das Wahlkampffinale der REP zum Desaster werden zu lassen, also ihre Demonstration zu verhindern bzw. empfindlich in ihrer Außenwirkung zu stören.
Mobilisierung zum 06. Juni und Aktionen im Vorfeld
Die antifaschistische Mobilisierung lief von Anfang an zweigleisig. Einerseits wurde mit dem Bündnis Ladenschluss versucht, Druck auf zivilgesellschaftliche Akteure in Ludwigshafen aufzubauen, um diese dazu zu bringen, ebenfalls gegen die REP vorzugehen und sich zu positionieren. Dies erreichte auch den gewünschten Erfolg und führte zur Anmeldung mehrerer Kundgebungen von Gewerkschaften, Vereinen und Parteien. Andererseits setzten wir auf eine eigenständige Mobilisierung mit klaren inhaltlichen Standpunkten. Hierbei wurden mehrere Tausend Aufrufe, Flugblätter und Aufkleber verteilt. Im Rahmen der Mobilisierung fand außerdem ein antifaschistischer Spaziergang am 23. Mai in Ludwigshafen statt.
Unserer Einschätzung nach ist es uns dadurch bereits im Vorfeld gelungen, die REP massiv unter Druck zu setzen, was dazu führte, dass diese bereits zwei Tage vor dem 6. Juni die angekündigte Demonstration in der Innenstadt absagten und sich auf eine abgelegene Kundgebung im Stadtteil Friesenheim beschränken wollten. Auch ist es damit gelungen, die Verankerung der REP in der Ludwigshafener Bevölkerung und im Stadtrat öffentlich zu problematisieren.
Ablauf am 06.06 / Kommunalwahlen 07.06
Doch durch den starken antifaschistischen Druck wurde auch daraus nichts. Auch diese Kundgebung konnten sie nicht durchführen. Schon vor dem anvisierten Beginn der Rep-Kundgebung waren einige hundert AntifaschistInnen in Ludwigshafen unterwegs. Die Parteien- und Gewerkschafskundgebungen fanden am Rathaus-Center und im Friedenspark statt und boten für diese Anlaufpunkte. Insgesamt beteiligten sich an den beiden Kundgebungen einige Hundert Menschen. Während des ganzen Tages überzog die Polizei AntifaschistInnen mit Repressalien wie Kontrollen, Videoaufnahmen oder Beschlagnahmungen von Transparenten und anderen Gegenständen.
Der Versuch der REP, kurzfristig nach Speyer auszuweichen, scheiterte an der Mobilität der AntifaschistInnen. In diesem Zusammenhang hat sich der Einsatz eines Infotelefons wieder einmal bewährt. War die Antifa-Mobilisierung zunächst auf Ludwigshafen ausgerichtet, gelang es so auch kurzfristig, auf die örtliche Verschiebung zu reagieren. Als die REP in Speyer eintrafen, waren bereits zahlreiche Antifas in Speyer unterwegs und erwarteten sie. Aufgrund der Einschätzung, dass es auch in Speyer zu gefährlich sei, entschlossen sich die REP, dann auch diese Ersatzveranstaltung abzublasen. Schließlich musste sich der Vorstand der Ludwigshafener REP darauf beschränken, sich - geschützt von der Polizei - im Parteibüro in der Maudacher Straße in Ludwigshafen zu verschanzen. Aus der großspurig angekündigten Demonstration bzw. Kundgebung mit vierstelligen Teilnehmerzahlen und internationaler Beteiligung, die den Höhepunkt ihres Wahlkampfs darstellen sollte, wurde für die REP letztlich eine volle Blamage. Abgerundet wurde der Tag aus antifaschistischer Sicht durch eine kraftvolle antikapitalistische, antifaschistische Spontandemo von ca. 100 AntifaschistInnen durch die belebte Mannheimer Innenstadt.
Bei den Stadtratswahlen am darauf folgenden Tag erhielten die REP zwar noch immer 6,2 % der abgegeben Stimmen. Ihr Wahlergebnis verschlechterte sich damit aber deutlich gegenüber 8,8 % im Jahr 2004.
Erfolgseinschätzung
Ein Erfolg für die radikale Linke?
Die ausgegebene Parole und das anvisierte Ziel, den REP-Aufmarsch zum Desaster werden zu lassen, wurden umgesetzt. Allerdings wären die Polizeieinheiten, ausgerüstet mit Hamburger Gittern, Spezialeinheiten und Kampfhunden wohl durchaus in der Lage gewesen, eine Kundgebung oder Demonstration der REP gewaltsam gegen antifaschistischen Widerstand durchzusetzen. Insofern muss festgehalten werden, dass der Erfolg vor allem durch Presse- und Bündnisarbeit im Vorfeld, sowie Flexibilität und entschlossenes Auftreten am Tag selbst ermöglicht wurde.
In der doch recht kurzen Mobilisierungszeit konnte das antifaschistische/antirassistische Mobilisierungspotential allerdings keineswegs voll ausgeschöpft werden. Gerade die regionale Szene hätte mehr auf die Beine bekommen müssen. Von einem zahlenmäßigen Mobilisierungserfolg kann also nicht gesprochen werden.
Hierfür sehen wir verschiedene mögliche Gründe:
Der kurze Mobilisierungszeitraum nach dem 1. Mai
Die geringe Beteiligung linker Gruppen aus der Region an der Mobilisierung.
Die Ausrichtung der Mobilisierung, in der die REP eben nicht als Nazis, sondern als “bürgerliche RassistInnen” thematisiert wurden, könnte in der linken Szene in der Rhein-Neckar Region dazu geführt haben, diese als harmloser und damit die Gegenaktivitäten als weniger dringlich zu betrachten.
Es gab terminliche Überschneidungen zu anderen linken Events: eine antirassistische Demo in Ingelheim, Anti-NPD Aktionen in Trier und das Au-Fest in Frankfurt am Main.
Die Demo im Anschluss in Mannheim erhielt einerseits viel positives Feedback, wurde andererseits jedoch zum Teil als “Aktionismus” kritisiert und bemängelt, dass die Demonstration nicht in Ludwigshafen durchgeführt wurde. Im Folgenden wollen wir unsere Einschätzung der Demo darlegen:
- Da in der Mobilisierung von Anfang an auf die Vermittlung einer Kritik, die über eine Absage an den Rassismus der REP hinausging, stark gemacht wurde, war es für uns folgerichtig, die Möglichkeit einen eigenständigen Ausdruck herzustellen, wahrzunehmen. Über 100 AntifaschistInnen zogen öffentlichkeitswirksam durch die stark belebte Mannheimer Innenstadt und sprachen sich mit lauten Parolen kämpferisch gegen (staatlichen) Rassismus, Kapitalismus und Polizeistaat aus.
- Für die Durchführung der Demonstration in Mannheim spielte für uns auch eine zu erwarten positive Innenwirkung eine wichtige Rolle. Nach dem erfolgreichen aber ermüdenden Hin und Her im vorherigen Verlauf des Tages und der in Ludwigshafen zu erwartender Repression durch die dort noch immer stark präsenten Polizeikräfte, schien uns Mannheim für eine Spontandemo besser geeignet. Die Demo konnte kämpferisch und stimmungsgeladen durch die Stadt ziehen, ohne weiterer Repression ausgesetzt zu sein und rundete den Tag aus unserer Sicht erfolgreich ab.
Wirkung in Zivilgesellschaft
Neu für Ludwigshafen war, dass es gelungen ist, eine sehr breite Mobilisierung anzustoßen (Parteien, Vereine, Gewerkschaft). Ermöglicht wurde dies vor allem dadurch, dass im letzten Jahr aufgebaute Strukturen und Kontakte genutzt werden konnten. Hier spielte vor allem das Bündnis Ladenschluss eine wesentliche Rolle.
Nicht vergessen werden sollte dabei, dass die Parteien-Konkurrenz im Wahlkampf das ihrige dazu beigetragen hat. Gerade die Abgrenzung der CDU gegenüber den REP resultiert offensichtlich weniger aus entgegengesetzten politischen Vorstellungen, als daher, dass sich das Klientel beider Parteien überschneidet. Es wäre also falsch anzunehmen, dass sich ein ähnlich breiter Protest gegen Rassismus und Nationalismus bei künftigen Mobilisierungen in Ludwigshafen ohne Weiteres von alleine herstellt.
Die Wirkung auf die REP
Für die REP wurde der 06. Juni zur Blamage auf der ganzen Linie. Weder konnten sie Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen, noch öfftenlichkeitswirksam agieren. Auch auf die Moral der Republikaner dürfte sich der Tag katastrophal ausgewirkt haben und bei Überlegungen für künftige öffentliche Auftritte demotivierend wirken.
Mit den Aktionen am und um den 06. Juni wurde erstmals seit mehreren Jahren wieder eine Veranstaltung der Republikaner in Ludwigshafen verhindert. Entscheidend ist vor allem, dass es dabei gelungen ist, die Akzeptanz und das positive Image der REP auf lokaler Ebene in hohem Maß zu beschädigen. Dies lässt sich an drei Punkten festmachen: 1. In Zeitungsartikeln wurde auf antifaschistische Initiative hin die Zusammenarbeit der REP mit den Nazis der Deutschen Liste skandalisiert; 2. Weite Teile der Zivilgesellschaft haben sich öffentlich von den REP distanziert; 3. Einige hundert Menschen haben sich öffentlichkeitswirksam gegen die REP auf der Straße positioniert.
Ausblick
Die REP werden wir auch künftig weiter im Auge behalten und ihre öffentlichen Auftritte gegebenenfalls stören. Hierzu lässt sich auf jüngste Erfahrung und mittlerweile gefestigte Kontakte und Strukturen zurückgreifen. Allerdings werden der Schwerpunkt unserer Praxis in nächster Zeit nicht speziell auf einer Auseinandersetzung mit den REP liegen. Diese sind vor allem um Kommunal- und Europawahlen aktiv, und gerade da werden wir auch künftig versuchen, ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Durch die gelaufenen Aktivitäten ist es zwar gelungen, die REP öffentlich als rassistisch zu thematisieren und ihr Image zu beschädigen, allerdings können diese sich auch weiterhin in manchen Stadtteilen auf großen Rückhalt in der Bevölkerung stützen ( z.B. Gartenstadt: 9,8 % bei den Kommunalwahlen) und sorgen nach wie vor für eine Präsenz reaktionärer Ideologie in der Bevölkerung. Dem ist unserer Einschätzung nach nur mit kontinuierlicher antifaschistischer Aufklärungsarbeit beizukommen, die die REP im Zusammenhang mit den hiesigen Nazistrukturen und gesellschaftlich wirkmächtigen reaktionären Ideologien wie Nationalismus und Rassismus thematisiert. Hierzu betrachten wir unter anderem das Bündnis Ladenschluss als den geeigneten Rahmen und werden auch als Gruppe unsere antifaschistischen Aktivitäten in Ludwigshafen fortsetzen: gegen den Naziladen Streetwear Company, gegen Onkelz-Parties in rechtsoffenen Kneipen, gegen die REP und die rassistische Abschiebepolitik der Stadt Ludwigshafen und für ein gesellschaftliches Klima, das Nazis, RassistInnen, NationalistInnen und anderen Feinde der Freiheit das Leben schwer macht.
AK Antifa Mannheim, Juli 2009
Mehr unter: http://akantifa-mannheim.de