Ist die Mieten-Panik in Berlin begründet?

Erstveröffentlicht: 
22.05.2013

Gunnar Schupelius: In Berlin ist Panik wegen steigender Mieten ausgebrochen. Aber ist sie auch berechtigt?

 

Auf dem Foto sehen Sie die Zentrale einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft am Dienstagmorgen. Der Bekennerbrief der linksextremen Täter stand dazu im Internet: „Wir haben heute morgen die Geschäftsstelle der GEWOBAG in der Schwedter Str. in Prenzlauer Berg mit Steinen eingeworfen. Hohe Mieten, Zwangsumzug – davon haben wir genug!

 

Auf www.berlinerliste.noblogs.org steht eine Adresskartei „für kreative Aktionen gegen Verdrängung“. Mit dieser zynischen Formulierung sind Angriffe auf Privateigentum gemeint. Als Dekoration der Seite dienen Symbole wie eine Sprühdose und ein brennender Mülleimer.

 

Die Gewalt gegen den Wohnungsbau nimmt zu. Nun könnte man sagen, das sei Sache der Polizei, gegen diese Gewalt vorzugehen. Doch damit ist es nicht getan. Denn die Anschläge auf Neubauten sind ja eingebettet in eine allgemeine Stimmung, eine Angst vor steigenden Mieten.Ganz normale Bürger, die ich nicht als Steinewerfer identifiziert hätte, vertrauten mir mit sorgender Miene an, dass es mit den Mieten „so nicht weitergehen“ könne.

Diese Mieten-Panik wird von der Regierung auch noch angeheizt. Stadträte verbieten Renovierung und erfinden den Milieuschutz. Staatssekretär Ephraim Gothe, kündigte eine Umwandlungsverordnung an, um den Verkauf von Mietwohnungen einzuschränken. Er fürchtet zu viel Eigentum. Dabei liegt der Mietwohnungsanteil in Berlin bei 85 Prozent.

 

Die Mieten wiederum liegen im Vergleich zum Rest der Welt wirklich nicht hoch. Bei der städtischen Degewo lagen sie 2012 bei 5,28 Euro pro Quadratmeter (kalt) und waren gegenüber 2011 nur um 1,7 Prozent gestiegen.Im Berliner Schnitt beträgt die Kaltmiete 6,49 Euro. Unter den 50 teuersten deutschen Städten steht Berlin im Miet-Atlas auf Platz 29 hinter Trier (26), Potsdam (24), Münster (21), Jena (16) und Erlangen (12).

 

Eine Hauptstadt, in der man weit billiger zur Miete wohnt, als in den meisten kleinen Orten des Landes, wo gibt es das sonst noch? Und doch herrscht diese allgegenwärtige Mietenpanik. Die geht so weit, dass SPD und CDU die städtischen Wohnungsbaugesellschaften anstiften, sich mit 600 Millionen Euro neu zu verschulden, um „bezahlbaren“ Wohnraum zu schaffen.

 

Kommende Generationen sollen dafür zahlen, dass wir jetzt billig wohnen können? Wohnen kostet Geld und zwar allein nicht wegen Spekulanten und Dividenden, sondern vor allem deshalb, weil Pflege und Unterhalt von Gebäuden teuer ist und bezahlt werden muss.

Wer Eigentum hat, der weiß das. Wer Mieter ist, verdrängt es gerne.