„Wir haben nicht den Nato-Krieg in Lybien überlebt um auf Hamburgs Straßen zu sterben!“
Am Dienstag, dem 21.05.2013, verhinderte in Hamburg das Bezirksamt-Mitte die Errichtung eines Protestcamps von Geflüchteten des Libyenkriegs, die über Italien in Deutschland gestrandet waren und dort in die Obdachlosigkeit gezwungen wurden. Trotz der nicht erteilten Genehmigung und beschissenem Wetter versuchten ca. 100 spontan mobilisierte Unterstützer_innen, mit Hinweis auf die akute Notlage, erste Zelte aufzubauen. Dies wurde durch die anwesenden Polizeikräfte sofort verhindert und ein Zelt beschlagnahmt.
Hintergrund
Aufgrund des NATO-Krieges in Libyen flüchteten unzählige Menschen, teilweise auch unter Zwang, über das Mittelmeer nach Italien. Diejenigen, die die Überfahrt überlebten, wurden dort aus humanitären Gründen als Flüchtlinge anerkannt und innerhalb des italienischen Asylsystems, mit EU-Finanzierung, verwaltet. Als die externe Finanzierung für die Geflüchteten des Libyen-Kriegs auslief, bemühte sich die italienische Regierung darum, die Geflüchteten loszuwerden und begann sie aus den Lagern rauszuwerfen. Viele Geflüchteten und Migrant_innen sind in Italien gezwungen, auf der Straße zu leben. Das Land bietet weder Arbeit noch andere Perspektiven und wird seid längerem von Anwält_innen und internationalen Verbänden wegen der humanitären Katastrophe im Asylsystem kritisiert.
Im weiteren Verlauf wurde den
Geflüchteten von der italienischen Regierung Papiere ausgestellt,
mit denen sie sich legal im Schengen-Raum bewegen können. Die
Papiere sind sonst aber völlig wertlos, da mit ihnen weder eine
Arbeitserlaubnis noch das Recht auf medizinische oder soziale
Unterstützung verbunden ist. Weiter wurde den Geflüchteten die
Weiterreise nach Zentraleuropa nahegelegt und Geld für diesen Zweck
übergeben.
Die Konsequenzen der Auseinandersetzungen zwischen den
europäischen Regierungen auf ihrem Rücken sind vielen Geflüchteten
erst viel zu spät aufgefallen. Über den letzten Winter waren viele
in Winternotunterkünften untergebracht, die vor über 5 Wochen
geschlossen wurden. Seitdem sind die meisten, allein in Hamburg wohl
über 250 Menschen, dazu gezwungen auf der Straße zu leben. Der
deutsche Staat, der selbst am Krieg in Libyen beteiligt war, und
allen voran der Hamburger Senat wollen keine Verantwortung für die
Kriegsflüchtlinge übernehmen und die Situation aussitzen.
Widerstand
In den vergangenen 2 Wochen organisierten die Geflüchteten kollektiv ihren Protest. Unterstützt von der „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migranten“ und einigen linken Gruppen fanden während der Kirchentage in Hamburg erste öffentlichkeitswirksame Aktionen statt.(Video)
In diesem Rahmen veröffentlichten die Geflüchteten mehrere Erklärungen und richteten eine Pressekonferenz aus. In ihrer 2.Erklärung forderten sie Bürgermeister Olaf Scholz und die Hamburger Bürgerschaft zu einem ernsthaften Gespräch auf.
Auf dem Refugee Protestcamp in Berlin fand am 11.05. bereits ein bundesweites Treffen von Geflüchteten aus Italien statt und es wurde eine Erklärung mit Forderungen an den UNHCR übergeben. Dort entstand auch ein Video-Interview mit einem der Refugee-Aktivisten aus Hamburg.
Versuchter Campaufbau
Seitens der Stadt oder sozialer Träger gibt es keinerlei Bewegung, die Situation der Geflüchteten verschlimmert sich von Tag zu Tag. Deshalb entschieden sich Refugees und Unterstützer_innen gemeinsam dafür am 21.05.2013 ein Protestcamp in Hamburg aufzubauen, um allen Betroffenen ein Dach über dem Kopf und einen Ort zur Organisierung zu schaffen.
Doch das Bezirksamt-Mitte verweigerte die Genehmigung für das als Dauermahnwache angemeldete Camp mit der Begründung, dass Grünflächen für solche Veranstaltungen grundsätzlich nicht geeignet wären. Der Amtsleiter bestand weiter darauf, dass selbst im Falle einer Genehmigung niemand auf einer Dauermahnwache übernachten dürfe.
Spontan mobilisierte Unterstützer_innen versuchten am Dienstag Nachmittag öffentlich angekündigt trotzdem den Campaufbau anzufangen. Trotz massiver Polizeipräsenz konnte vor den vielen Pressevertreter_innen mit dem Aufbau von Zelten begonnen werden. Die symbolische Aktion wurde von der Polizei unterbunden, ein aufgebautes Zelt wurde beschlagnahmt. Bei der daraufhin angemeldeten Spontandemo untersagte die Polizei außerdem noch das symbolische Tragen eines Zeltes. Die Spontandemo wurde von den betroffenen Geflüchteten angeführt und lief durchs Viertel zum Hauptbahnhof. Wegen der Unwetterwarnung für die Nacht wurden kurzfristig Schlafplätze in linken Projekten organisiert.
Solidarität!
Der Kampf der Refugees geht jetzt erst Recht verstärkt weiter und wir werden den Protest auch weiter solidarisch unterstützen! Neue Informationen werden so schnell es geht kommuniziert, bitte achtet auf weitere Ankündigungen! In den nächsten Tagen wird auch eine zentrale Homepage für die Proteste online gehen.