Widerstand für Anfänger

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Erstveröffentlicht: 
09.03.2009

STRASSBURG/FREIBURG.

Die Vorbereitungen für den Nato-Gipfel am 3. und 4. April gehen in die heiße Phase – auf beiden Seiten. Während der Polizei-Einsatzleiter am Sonntag in Freiburg die Notwendigkeit der umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen erklärte, trainierten in Straßburg Gipfelgegner für den Ernstfall. Zum Beispiel: Wie durchbricht man eine Polizeikette?

 

Dicht an dicht marschieren sie nebeneinander, bilden einen Block. Mittendrin: Friedensaktivist Andreas Vogel. Der Block prallt auf die Menschenkette vor ihm. Knapp 40 Gegner des Nato-Gipfels üben auf dem Place de la République in einem Rollenspiel das Durchbrechen von Polizeiketten. Acht Teilnehmer mimen Polizisten. Vogel schiebt sich Zentimeter um Zentimeter voran. Eine Lücke tut sich auf. Er schreit"Block Nato" und durchbricht die Kette. Andreas Speck, ein Organisator der Initiative "Block Nato" gibt über Megafon Anweisungen. "Wir vermitteln Methoden des zivilen Ungehorsams", sagt Speck. Gewalt lehnt er ab.

 

Vogel ist seit rund 20 Jahren in der Friedensbewegung aktiv, blockierte in Heiligendamm beim G-8-Gipfel Zufahrtsstraßen. "Viel kann ich hier nicht lernen", sagt der 55-Jährige, der aus Frankfurt angereist ist. "Aber ich möchte den Neulingen Sicherheit geben." Zu denen zählt Kiemke Van Innis. Der 18-jährige Straßburger wirkt blass in der Warnweste, die ihn als "Polizist" kennzeichnet. Mehr schlecht als recht hat er sich gegen die Gegenspieler gestemmt. "Protest ist auch ohne Gewalt möglich", sagt Van Innis. "Doch die Polizei muss mitspielen." Beim Gipfel wird er zum ersten Mal auf die Straße gehen, "um gegen die Kriegstreiber ein Symbol zu setzen". Dabei ist ihm ein wenig mulmig. "Aber gemeinsam sind wir stark", sagt Van Innis und packt beherzt einen seiner Gegenspieler am Arm.

 

Die nächste Trainingseinheit ist die Sitzblockade. Im Schneidersitz kauern die Demonstranten auf dem Boden. Vogel hakt sich bei seinen Nachbarn unter. Als er unter den Achseln gepackt wird, spannt er jeden Muskel an, kneift die Augen zusammen, macht sich schwer. Schließlich gibt er den Widerstand auf und seufzt. Er wird wegtragen. "Wir suchen keine Helden – gehen aber mit unserem Protest bis ans Limit", sagt Speck. "Selbstkontrolle ist unheimlich wichtig, gerade für die Neulinge", sagt Vogel.

Aufgabe der Sicherheitskräfte wird es beim Nato-Gipfel auch sein, Gewalttäter vom friedlichen Protest zu trennen, sagt Polizei-Einsatzleiter Bernhard Rotzinger in Freiburg. Damit würde den friedlichen Gipfelgegnern ihr im Grundgesetz verankertes Recht auf Versammlungsfreiheit garantiert. Die starke Polizeipräsenz und die Einschränkungen, die kritisiert wurden, seien notwendig. "Damit schaffen wir die Voraussetzung, dass wir stets einen guten Überblick über das Geschehen haben, dass der Verkehr rollt und dass Protestaktionen in geordneten Bahnen verlaufen können, zumal zahlreiche Blockadeaktionen angekündigt sind." Einen bedrohlich wirkenden Aufmarsch der Polizei werde es nicht geben, sagt der Chef der Landespolizeidirektion Freiburg. Personalintensiv sei auch die Betreuung der in den Sperrzonen lebenden Bürger.