Gießen (mö). Seit 2007 wird die Gießener Studentenverbindung Dresdensia Rugia in den Berichten des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz nicht mehr erwähnt. Zwei Mitglieder der Burschenschaft werden nun in der Materialsammlung einer Arbeitsgruppe von Bund und Ländern zur Prüfung eines Verbots der rechtsextremen NPD mehrfach erwähnt.
Die dort zitierten Aussagen der beiden sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Jürgen W. Gansel und Arne Schimmer würden damit zu Beweismitteln in einem Verbotsverfahren.
Die als geheim eingestufte, rund 140 Seiten umfassende Kurzfassung der Materialsammlung war in der vergangenen Woche im Internet veröffentlicht worden, erst auf der linksextremen Plattform Indymedia, dann auf der Homepage der NPD selbst. Insbesondere Gansel wird in der Kurzfassung häufig mit Rede- und Zeitungsbeiträgen zitiert, sein Fraktionskollege Schimmer nur einmal. Die beiden Landtagsabgeordneten werden ferner in einem Anhang mit Angaben zu den wichtigsten Personen des deutschen Rechtsextremismus gelistet. Darunter befinden sich auch die Mitglieder der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU).
Dass insbesondere Gansel in der Materialsammlung mehrfach zitiert wird, kommt nicht überraschend, denn der Absolvent der Justus-Liebig-Universität genießt spätestens seit 2005, als er in einer Rede im sächsischen Landtag die Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg unter dem Stichwort »Bombenholocaust« mit der Judenvernichtung gleichsetzte, den Ruf eines Chefideologen. Das Nachrichtenmagazin Focus bezeichnete den heute 38-Jährigen, der zu den wichtigsten Kommentatoren der NPD-Parteizeitung »Deutsche Stimme« zählt, bereits 2004 als »Hetzer mit NSDAP-Jargon«.
Im vergangenen Jahr hatten sich die beiden NPD-Abgeordneten ausdrücklich zu ihrer Mitgliedschaft in der Gießener Studentenverbindung bekannt. Wochen später stand die Burschenschaft gemeinsam mit zwei weiteren Mitgliedsbünden aus München und Bonn im Zentrum eines heftigen Richtungsstreits innerhalb des rechtsgerichteten Dachverbands Deutschen Burschenschaft (DB). Mittlerweile haben etliche Verbindungen die Deutsche Burschenschaft verlassen, nicht so die Dresdensia Rugia.
Greilich stellt Erwähnung in Aussicht
Deren Kontakte zur NPD führten schließlich im Hessischen Landtag zu einer Debatte über die Frage, warum die Burschenschaft seit Jahren nicht mehr in den Berichten des Landesamtes für Verfassungsschutz auftaucht. Das Innenministerium führte dafür als Grund juristische Argumente ins Feld. Nun soll eine sogenannte »verdachtsunabhängige Berichterstattung« durch den Verfassungsschutz eingeführt werden. Dazu erklärte der Gießener Innenexperte und FDP-Landtagsfraktionschef Wolfgang Greilich im Dezember: »Konkret lässt sich dies am Beispiel der Gießener Studentenverbindung ›Dresdensia Rugia» festmachen, bei der tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass zumindest Teile ihrer Mitglieder auch in rechtsextreme Gruppierungen verwickelt sind. Dennoch konnte die Verbindung nach bisheriger Rechtslage mangels Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen nicht regelmäßig im Verfassungsbericht erscheinen. Dies wird durch den Gesetzentwurf von CDU und FDP künftig ermöglicht.«