Als Wedel in Schutt und Asche lag

Erstveröffentlicht: 
16.02.2013

Vor 70 Jahren zerstörte ein verheerender Bombenangriff die Stadt. Marschieren Nazis zu der Gedenkveranstaltung am 3. März auf?

Wedel. Am 3. März um 20.40 Uhr kamen die Bomber, erschütterten Wedel in seinen Grundfesten, zerstörten einen Großteil der Stadt, töteten 37 Menschen. 70 Jahre später um 20.40 Uhr läuten die Glocken der Kirche am Roland, um an die schrecklichen Ereignisse zu erinnern.

 

Zum Gedenken an den Bombenangriff am 3. März 1943 organisieren Vereine und Verbände der Stadt gemeinsam eine Veranstaltung. Unter dem Titel "Der Tag, an dem Wedel in Trümmer fiel" laden die Organisatoren für Sonntag, 3. März, von 18 Uhr an in die Kirche am Roland ein. Die Eröffnungsrede hält Stadtpräsidentin Sabine Lüchau zusammen mit Pastorin Susanne Huchzermeier-Bock.

 

Warum sich die Organisatoren gerade auf die Kirche am Roland als Gedenkort verständigten? "Die Kirche ist ein wunderbarer Raum für diese Veranstaltung. Der Turm ist ein Zeichen für die Zerstörung, aber auch für die Hoffnung, weil er eben nicht komplett umstürzte", erklärt Pastorin Birgitt Lang von der Kirchengemeinde Wedel. Tatsächlich brannte die Kirche in der Altstadt nach dem 50-minütigen Bombenangriff lichterloh. Die Kirchturmspitze neigte sich, krachte in Richtung Haupteingang ein. Doch die Fassade hielt stand. Jahrzehnte später, nach mühsamer Arbeit und dank der Hilfe zahlreicher Spender, war die Kirche samt Turm wieder aufgebaut.

 

Dieser Turm ist die Heimat einer Gruppe von Musikern, die auch am Gedenktag auftreten. Die Turmbläser üben nicht nur in dem Kirchengemäuer, sondern tragen ihre Werke auch aus dem Fenster des Kirchturms beispielsweise anlässlich des Weihnachtsmarktes vor. Am Sonntag, 3. März, spielen sie gegen 20 Uhr. Zuvor berichten zahlreiche Zeitzeugen von dem Tag, an dem Wedel in Trümmer fiel. Manche tragen ihre Erinnerungen selbst vor, andere können aus gesundheitlichen Gründen den Weg nicht mehr auf sich nehmen. Für sie stehen Konfirmanden bereit, die die Geschichten vortragen werden. Zudem beleuchtet Stadtarchivarin Anke Rannegger die historischen Hintergründe des Luftangriffes. Eine Ausstellung soll die Ausmaße der Zerstörung zeigen. Im Bombenhagel starben 37 Wedeler, 157 wurden verletzt. Berichte listen 235 total zerstörte Häuser, 219 schwer getroffene Gebäude, 404 erheblich und weitere 394 leicht in Mitleidenschaft gezogene Häuser auf. Das Schlimmste: Wedel war gar nicht das Ziel des Bomberkommandos. Berichten aus dem britischen Staatsarchiv zufolge sollte der Bahnhof Altona zerstört werden. Doch die Angreifer hielten den Mühlenteich irrtümlich für die Außenalster, die 417 Flugzeuge klinkten die Bomben über Wedel aus.

 

Das Programm zum Gedenktag steht, allein einen Faktor konnten die Organisatoren des symbolisches Aktes nicht erahnen: Das rechte Spektrum nutzt den Jahrestag ebenfalls für Veranstaltungen. Im Internet kursieren Pläne, nach denen die Neonazis im Vorwege der Gedenkveranstaltung in Wedel aufmarschieren wollen. Allerdings wissen von dieser Nazi-Demo sowohl die Kreisverwaltung, der Wedeler Bürgermeister als auch die Polizei bislang offiziell nichts. Eine Demonstrationsanmeldung oder eine Genehmigung gebe es nicht, so Wedels Bürgermeister Niels Schmidt auf Anfrage des Abendblatts.

 

Ob Aufmarsch oder nicht, in Wedel formiert sich der Widerstand. Der Arbeitskreis der Stadt gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit will auf jeden Fall ein Zeichen setzen und lädt Helfer zu einem Treffen für Mittwoch, 20. Februar, um 19 Uhr ins Stadtteilzentrum "mittendrin" an der Friedrich-Eggers-Straße ein.