Bündnis fordert Ausstellungsstopp

Erstveröffentlicht: 
21.01.2013

Vereinigung gegen Rechts wirft Drostei-Chefin Verharmlosung von Webers Werken vor. Kinder-Workshop in der Kritik.

Kreis Pinneberg . So hatte sich Kunsthauschefin Marianne Elliott-Schmitz den Auftakt zur neuen Zusammenarbeit zwischen der Schenefelder Einrichtung und der Pinneberger Drostei nun wahrlich nicht vorgestellt. Die Premiere der neuen Malschule am Wochenende sorgte gleich für Ärger. Sowohl die Antifaschistische Initiative in Pinneberg (Antifa) als auch das Bündnis gegen Rechts, ein Zusammenschluss von Vereinen und Kirchenverbänden aus dem Kreis Pinneberg, kritisieren die Malschule-Premiere als Fehlgriff.

 

Das Problem ist, dass die Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren gemeinsam mit den Kunsthausdozentinnen dafür ausgerechnet die Ausstellung zu A. Paul Weber (1893 bis 1980) besuchen. Und die steht in der Kritik. Unter anderem macht das Bündnis gegen Rechts, zu dem auch Propst Thomas Drope vom Kirchenkreis Hamburg West Südholstein gehört, den Organisatoren in einem zweiseitigen offenen Brief, der am Sonntag herausging, schwere Vorwürfe. Die Ausstellung verharmlose Webers Wirken während des Nationalsozialismus. Es fehle eine zeitgeschichtliche Einordnung, die dem Besucher eine kritische Auseinandersetzung erst möglich mache. Stefanie Fricke, Leiterin der Drostei, wehrt sich gegen die harsche Kritik des breiten Bündnisses vehement: "Es wird hier nichts verharmlost oder beschönigt. Wer mit wachen Augen durch die Ausstellung geht, der wird das auch erkennen."

 

In der Drostei sowie in Elmshorn und Barmstedt werden derzeit unter dem Titel "Drei Orte: A. Paul Weber - Gerüchte, Abgründe und Paragraphenschlüpfer" Werke des norddeutschen Lithografen, Zeichners und Malers gezeigt. Sein Schaffen ist umstritten. Viele seiner Werke sind vom antisemitischen Gedankengut seiner Zeit durchdrungen. Sie zeigen typische Stereotypen, verbinden Kapitalismus mit Judentum. Unter anderem entwarf Weber auch das Titelblatt für den rassistischen Trivialroman "Sünde wider das Blut" von 1921. Etwas, das in der Ausstellung in der Drostei nicht zu sehen ist. Auch das Werk "Das Gerücht" wird in der Ausstellung mit dem Entstehungsdatum 1953 versehen. Propst Drope hätte sich zumindest einen Hinweis darauf gewünscht, dass es aber bereits in den 40ern von den Nationalsozialisten als "Feind hört mit"-Propaganda genutzt wurde.

 

"Aus der Ausstellung geht nicht hervor, dass Weber Antisemit war, weil bewusst die schlimmsten seiner Werke weggelassen wurden", sagt Günther Wilke. Der Wedeler Journalist gehört zusammen mit seiner Frau Marianne auch dem Bündnis gegen Rechts an, das 2009 auf Grund eines geplanten Neonazi-Aufmarsches in Pinneberg gegründet wurde. Zusammen mit Propst Drope besuchten sie die Weber-Ausstellung in der Drostei - und kamen zu dem Schluss, dass die oberflächliche Darstellung zur Legendenbildung beitrage, und das gefördert mit öffentlichen Geldern. Deshalb fordert das Bündnis eine sofortige Nachbesserung oder einen Ausstellungsstopp.

 

"Es wurde nichts absichtlich weggelassen", sagt Fricke. "Wir haben diesen Komplex durch die Ausstellung der Notgeldscheine im Obergeschoss hinreichend beleuchtet." Zudem betont sie, dass es schwer zu sagen sei, ob A. Paul Weber wirklich Antisemit gewesen sei. "Es gibt zweifelhafte und schlimme Auftragsarbeiten, in seinem freien Schaffen findet sich das aber nicht wieder. Er spielt mit Stereotypen."

 

Das sieht Propst Drope anders: "Zu sagen, dass waren nur Auftragsarbeiten und ansonsten war Weber unpolitisch, ist eine Verharmlosung. Das wird Weber und seiner ideologisch zweifelhaften Einstellung nicht gerecht." Kunst als Kunst zu sehen und zu hoffen, jeder mache sich selbst ein Bild, sei zu wenig. Er drängt auf einen offenen Dialog, wünscht sich eine öffentliche Veranstaltung zu dem Thema. Zumindest in diesem Punkt sind sich die Seiten einig. Auch Fricke möchte das Gespräch mit dem Bündnis gegen Rechts suchen. Die Ausstellung, die in der Drostei bis zum 27. Januar und in Barmstedt bis zum 3. März läuft, will sie aber nicht ändern, geschweige denn stoppen.

 

Und die Malschule? Kunsthauschefin Marianne Elliott-Schmitz ist sich sicher, dass es richtig war, mit den Kindern die Ausstellung zu besuchen. "Dank unserer langjährigen Erfahrung im Unterrichten von Kunst wissen wir auch einen Weg, Kindern Weber auf angemessene Art näher zu bringen." Die Kunsthausleiterin verweist darauf, dass man Kinder auch für kritische Themen sensibilisieren müsse.