Urteil gegen Küssel: Dilemma Digital-BeweiseFür (Laien-)Richter sind IT-Fragen immer schwerer zu entscheiden
Michael Möseneder
Gut, natürlich könnte man sagen, es hat keinen Falschen erwischt und er wird schon was gemacht haben, der Gottfried Küssel. Keine Frage, seine Selbstdarstellung als quasi unpolitischer "netter Mensch" ist unglaubwürdig. Natürlich war er der Spiritus rector der rechtsextremen Szene und wird etwas über die Neonazi-Seite Alpen-Donau.info gewusst haben. Nur: Reicht das, ihn neun Jahre hinter Gitter zu schicken?
Das zu Recht lange und gründliche Verfahren wirft nämlich Fragen auf, die drängender werden. Denn: "Es ist auch ein IT-Prozess", wie der Staatsanwalt sagte.
Was einerseits gut ist. Denn dadurch konnten gegen Felix B. und Wilhelm A. wirklich belastende digitale Beweise gesichert werden. Ersterer hat rund 1000 Dateien auf die Homepage geladen und hatte die Passwörter. Bei Letzterem konnte der ursprünglich nicht eingeplante Sachverständige mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass er die Seite in den USA registriert hat.
Andererseits: Bei Küssel wurde nichts davon gefunden, belastet wird er vor allem durch eine E-Mail, die er gut drei Monate vor dem Start der Seite verschickte. Was bedeuten könnte, dass er tatsächlich nur am Rande involviert war - oder aber, dass er seine Spuren besser verwischt hat.
Für die (Laien-)Richter sind diese technischen Fragen immer schwerer zu entscheiden. Was die Gefahr birgt, dass Urteile willkürlicher werden - und es Falsche erwischt.