„Bedenkliche Verflechtung“ befürchtet

Erstveröffentlicht: 
30.11.2012

Allgemeine Studierendenvertretung und Landtags-SPD fordern Aufklärung über Vorfälle rund um Dresdensia Rugia

 

GIESSEN (tt). Regelmäßig steuern sächsische NPD-Größen wie die Landtagsabgeordneten Jürgen W. Gansel und Arne Schimmer den Großen Steinweg 21 in Gießen an. Ihr Ziel: die Burschenschaft Dresdensia Rugia, der die beiden angehören, und die bei Beobachtern des rechten Spektrums als „intellektuelle Speerspitze des Rechtsextremismus“ gilt. Dem hessischen Verfassungsschutz genügen derlei Einschätzungen für eine Beobachtung offenbar nicht. Im Gegenteil: So sollen Führungskader der schlagenden Gruppierung ihre Kontakte zum Verfassungsschutz genutzt haben, mit dem Ergebnis, dass die Verbindung, die als einzige Gießener Verbindung im ultrakonservativen Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ vertreten ist, seit einigen Jahren nicht mehr in den Berichten des Landesamtes auftaucht. SPD und Allgemeine Studierendenvertretung (Asta) der Justus-Liebig-Universität (JLU) sind alarmiert. So spricht der Asta von einer „bedenklichen Verflechtung“. Die jüngsten Erkenntnisse über die Dresdensia Rugia sieht die Studierendenvertretung als Bestätigung ihrer verbindungskritischen Haltung.

„Wir erwarten von der Landesregierung umfassende Aufklärung über alle Vorfälle rund um die Dresdensia-Affäre“, betonte der amtierende Antifa-Referent Tobias Gniza. „Die Vermutung, dass die Landesregierung aufgrund von Verstrickungen in diesem Milieu schützend die Hand über aus unserer Sicht rechtsextreme Burschenschaften hält, scheint sich damit zu bestätigen“, gibt Gniza zu bedenken. „Wir stehen gerne zur Verfügung, wenn im Beratungsnetzwerk Hessen die Thematik Burschenschaften näher beleuchtet werden soll“, so der Asta-Referent weiter.

Gniza forderte die Politik auf, auch dieses Feld nicht aus den Augen zu verlieren. Denn gerade die gut ausgestatteten Häuser der Verbindungen führten dazu, dass sie für viele Studierende in Zeiten der Wohnungsnot sehr interessant sein können. Es sei also nicht auszuschließen, dass Menschen auf diesem Weg ins rechtsextreme Milieu abrutschten. „Die neuesten Enthüllungen zeigen uns wieder mal, dass die Übergänge an vielen Stellen fließend sind“, so Gniza.

Der Asta werde im Januar einen umfangreichen Reader zum Thema herausgeben. „In diesem Reader sind sicherlich noch weitere Erkenntnisse, die neue Einblicke in die Subkultur der Gießener Burschenschaften ermöglichen.“

Mittlerweile befasst sich auch die Landespolitik mit der Angelegenheit. „Im heutigen Innenausschuss wurde wieder deutlich, dass es im Umgang mit rechtsradikalen und rechtsextremistischen Tendenzen noch erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Landesregierung gibt“, sagte die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Nancy Faeser. Der Verfassungsschutz habe auch die Aufgabe, die Öffentlichkeit über Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung zu informieren. „Wir brauchen dringend ein Frühwarnsystem“, forderte Faeser. Leider erfülle der Verfassungsschutzbericht diese Aufgabe seit einigen Jahren nicht mehr, sondern bilde zunehmend politische Handlungsschwerpunkte der Landesregierung ab. Der Verfassungsschutzbericht sei ein „beliebiges Erzeugnis staatlicher Öffentlichkeitsarbeit“.