Neonazis in Europa
Von Felix Helbig
Nach dem Treffen von mehr als 2000 überwiegend deutschen Neonazis am Wochenende in Frankreich hat der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht die Zusammenarbeit der Polizeibehörden beider Länder kritisiert. Die europaweite Vernetzung von Gruppierungen wie den Hammerskins werde unterschätzt
Das Treffen zeige, dass es nicht ausreiche, polizeiliche Erkenntnisse lediglich in gemeinsamen Dateien zu teilen, sagte Albrecht dieser Zeitung: „Es ist eine falsche Wahrheit, dass Datenbanken ausreichen, um die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten zu verbessern. Es braucht einen wirklichen Austausch.“
Eine dauerhafte Kooperation zwischen den Ländern, etwa in gemeinsamen Ermittlungsgruppen, existiere nach wie vor nicht, sagte Albrecht, der im Innenausschuss des Europäischen Parlaments sitzt. Zwar arbeite etwa die europäische Polizeibehörde Europol in grenzübergreifenden Ermittlungsteams zur Organisierten Kriminalität, beim Rechtsextremismus aber gebe es dergleichen bislang „gar nicht“.
„Die europaweite Vernetzung von Gruppierungen wie den Hammerskins wird unterschätzt“, sagte der Europaabgeordnete. Das zeigten auch die Kontakte der NSU-Terroristen nach Großbritannien. Anstatt bei aktuellen Entwicklungen aber einfach den „kurzen Draht“ zu suchen, würden Erkenntnisse weiterhin in Datenbanken eingetragen. „Und da versickert das dann.“
In der Kleinstadt Toul in Lothringen hatten sich am Samstag nahezu unbeobachtet mehr als 2000 Neonazis zu einem „Europafest“ der rechtsextremen Hammerskin Nation getroffen, darunter sehr viele aus Deutschland. Sie hatten sich zuvor an Schleusungspunkten nahe der Grenze in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland getroffen. Als Veranstaltungsort hatten die Hammerskins, eines der bedeutendsten Neonazi-Netzwerke in Europa, konspirativ zunächst einen Sammlungspunkt „im Großraum Saarbrücken“ angegeben und dann kurzfristig den Zielort benannt. Die Polizei erschien in Toul aber nicht.
„Vage Erkenntnisse“
Das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz erklärte auf Anfrage, keine Erkenntnisse vorliegen gehabt zu haben. Das Landespolizeipräsidium Saarland teilte mit, der Fachdienststelle hätten „vage Erkenntnisse“ vorgelegen. Das Saarland sei demnach aber nicht von der Veranstaltung betroffen gewesen. Ein Austausch mit den französischen Behörden sei daher nicht erfolgt.
Ein Sprecher des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg sagte, es habe Erkenntnisse gegeben, diese seien auch den französischen Behörden weitergeleitet worden. Ähnlich das Bundeskriminalamt: Die Veranstaltung sei bekannt gewesen und „ein Informationsaustausch mit den französischen Behörden gewährleistet“.