Für ein Recht auf Stadt, Demonstration

Flyer "Recht auf Stadt"-Demo in Lüneburg am 27.10.12, Vorderseite

Die Räumung der Frommestrasse 4 in Lüneburg ist von der Stadt für den 01.11.2012 angekündigt. Im Rahmen des Aktionstages "Mietenwahnsinn stoppen - Schlaflos in HH" am 27.10.2012 findet auch in Lüneburg eine Demo und Aktionen statt.

 

Mietenwahnsinn stoppen! Abriss- und Räumung von Wohnraum verhindern! Leerstand bekannt machen und besetzen! Frommestrasse in Lüneburg: Bleibt! Nach dem Abriss der besetzten Frommestrasse Nr. 2 letztes Jahr und der Räumung der Frommestrasse Nr. 5 diesen Sommer soll nun am 01.11.2012 die Frommestrasse Nr. 4 geräumt werden. Vorgeschobene Begründung der Stadt, die eine Abrissgenehmigung erteilt hat, ist eine angebliche "akute Gefährdung der Bewohner" - obwohl noch letztes Jahr ein Gutachten die Standsicherheit des Hauses für 12 Jahre nachwies, denn das Haus wurde statisch 2004 neu gesichert.

Es geht in der Frommestraße nicht darum, dass die Häuser schief sind und die Sicherheit der Bewohner_innen gefährdet ist. In Lüneburg ist jedes zweite Haus in der Altstadt schief und verzogen: Es geht schlicht um den Abriss mehrerer Wohnhäuser, die eine profitablere Bürobebauung für den Makler Salier im Moment verhindern.

Die Leute in der Frommestrasse haben Unterschriften gesammelt, Infoveranstaltungen gemacht, mit unabhängigen Statiker_innen gesprochen, sind zu Ratsversammlungen gegangen, haIm Rahmen des Aktionstages "Mietenwahnsinn stoppen - Schlaflos in HH" am 27.10.2012 findet auch in Lüneburg eine Demo und Aktionen statt.ben Konzerte organsiert, Leser_innenbriefe geschrieben und Pressemitteilungen, Widersprüche eingelegt und Klagen eingereicht... das alles hat bis jetzt nichts daran geändert: Die Frommestraße Nr. 4 soll am 1.11.2012 geräumt werden. Vermutlich wird das Haus zusammen mit der Nr. 5 danach zeitnah abgerissen.

In Lüneburg fehlt bezahlbarer Wohnraum - wie in Hamburg und anderen Städten auch. Für 6,50 Euro die Stunde arbeiten und dann 500 Euro Miete abdrücken für ein Hochhaus-Zimmerchen ist keine Perspektive für uns!

Im Rahmen des Aktionstages des Bündnisses "Mietenwahnsinn stoppen - Schlaflos in Hamburg" machen wir am 27.10.2012 eine Demo, Beginn 11:55, Treffpunkt ist der Frommepark.

Dies ist nicht die erste Demo zu diesem Thema - und wir meinen, dass es in der Folge der Demonstration in den folgenden Tagen durchaus auch zu anderen Aktionen kommen sollte! Leere Wohnungen sollten nicht länger leer bleiben, sondern bewohnbar gemacht - und leere Büros: Vokü's, Gratis-Kino und Konzerte hinein!

Schwarzen Rosen Lüneburg - AnwohnerinnenIni Frommestraße / Stand 25.10.2012

weitere Infos: https://frommebleibt.wordpress.com

Clip zur Demo am 27.: http://www.youtube.com/watch?v=re2pknFacAI

 


 

Zu Besuch in der Frommestraße Lüneburg

Mit der anstehenden Entmietung der Frommestraße 4 am 1. November wegen angeblicher Einsturzgefahr geht die Lüneburger Provinzposse in die nächste Runde. Seit nunmehr 5 Jahren versuchen die Stadtverwaltung und ein Lüneburger Finanzinvestor die kleine bunte Straße in der Innenstadt "aufzuwerten" – Seit nunmehr 5 Jahren verzögert sich dieser Plan aufgrund des Anwohner_Innenwiderstandes in dem Stadtviertel. Zwar konnten die Pläne zur Errichtung von schicken „Wohn- und Büroglassichtbetonwürfeln“ auf dem Grund der schiefen Häuser erheblich verzögert werden, doch scheint mit der drohenden Entmietung und dem zeitnah anstehenden Abriss der Frommestraße 4 das Schicksal der Straße als graue Beton- und Glaskonstruktion zunehmend beschlossen. Mit der äußeren Erscheinung soll sich auch das Innere wandeln: Während dann mehr als 50 Menschen nahezu ersatzlos aus ihren Buden geworfen wären, plant der Investor bereits angrenzend sein zukünftiges neues Bürogebäude in Innenstadtlage mit Anbauoption für Luxusappartements.

„Monopoly im Senkungsgebiet“

Die Problematik rund um die Häuser der Frommestraße ist rechtlich kompliziert, da sie mehrere unübliche Themenfelder beinhaltet: Geologische Senkung der Straße durch Soleförderung, Interpretation statischer und geologischer Gutachten, Denkmalschutz, Allgemeinverfügungen der Stadt zum Schutz von Leib und Leben, ein verschwundener Eigentümer und zu guter Letzt ein Investor, der eine ganze Straße kaufen will – Eine bunte Mischung, die nun vorm OVG geklärt werden muss. Ob dies vor der Entmietung des Hauses Nr. 4 am 1. November geschieht, ist derzeit nicht absehbar. Einige Bewohnerinnen äußern Befürchtungen, dass wie bei der Räumung der Frommestraße 5 ein Abrissunternehmen ergebnisoffen das Haus entkernt. Befürchtungen, dass das Haus einstürzen könnte, haben sie hingegen nicht und verweisen auf ein Gutachten der Stadt Lüneburg, wonach das Haus Nr. 4 noch acht weitere Jahre bewohnbar sei.

„Scheiss Erfahrungen mit Stadtverwaltung und Investor“

Der Stadtvertretung vertrauen die angetroffenen Menschen im angrenzenden Frommepark nicht mehr – zu schlecht sei deren Bilanz aus fünf Jahren. Bei einem Blick auf die Homepage der Bürgerinitiative Frommebastion, im Gespräch oder bei Google lässt sich nachvollziehen, was die Anwohner_Innen des Lüneburger Stadtviertels in den letzten Jahren mit der Stadt und dem Investor erlebt haben: Polizeilich gewaltsam durchgesetzte Hausräumungen und Baumfällarbeiten, ein grüner Vizebürgermeister, der sich öffentlich über die Situation der Bewohner_Innen lustig macht und ein „rotlackierter“ Oberbürgermeister, der durch seine Nähe zum lokalen Unternehmertum auffällt. Vom Investor halten die Anwohner_innen ebenso wenig: Seit 5 Jahren kauft er nun im Viertel Grundstücke + Häuser, versucht sie zu entmieten und lässt sie leerstehend oder bewohnt im Senkungsgebiet verfallen. Einmal schickt er ein Unternehmen vorbei, um Fenster und Dach eines bewohnbaren Hauses zu zerstören, ein andernmal überzieht er Mietparteien mit absurdesten Räumungsklagen - wenn dies Alles auch nicht vermag die Menschen zur Aufgabe zu bewegen, schlussendlich greift die Stadt nun zur Allgemeinverfügung und lässt die Wohnungen für den Investor räumen.

„Es geht hier auch um den Kontext“

Viele Anwohner_Innen weisen auf die systematschen Ursachen und Hintergründe hin, berichten von schwierigen Bedingungen auf dem Wohnungsmarkt, unbezahlbar gestiegene Mieten in der Innenstadt, wohnungslose Studierende und offensichtlicher Wohnungsknappheit in Lüneburg und Hamburg. Auszubildende und Geringverdiener verwenden ihr komplettes Gehalt zur Aufwendung der Miete, das Studium wird nebst den Studiengebühren in der Lebenserhaltung noch teurer. Angestammte Mieter_Innen werden systematisch aus ihren Wohnungen vertrieben, die Wohnungssuche am alten oder neuen Lebensort gestaltet sich meist miserabel. Alles frei nach dem Motto: „Arbeit ist die halbe Miete.“ Für die meisten Menschen bleibe einzig die Möglichkeit an die Stadtränder oder auf das Land zu ziehen und auf eine vollständige Teilhabe am öffentlichen Leben im Stadtzentrum zu verzichten. Zunehmend verlieren Kieze oder Kleinstädte ihre kulturelle Diversität, ihren Charme und ihre Lebensqualität. Jahrelang gewachsene soziale und menschliche Gemeinschaften werden zerschlagen – innerhalb kürzester Zeit vom Stadtplan gefegt, der sich in Augen mancher Funktionäre nur noch in Gewinnzonen aufteilt. Ob dies so in der Frommestraße geschehen wird, entscheidet sich scheinbar in den nächsten Tagen und Wochen.