Aufruf zum internationalen Aktionstag in Solidarität mit dem syrischen Aufstand

Global Solidarity Day for the Syrian People

Die Situation in Syrien selbst, die (notgedrungende) Militarisierung des Aufstandes, das Elend der Millionen von Binnenflüchtlingen ist den deutschsprachigen Massenmedien ebenso wie grossen Teilen der deutschen Linken seit Monaten höchstens noch einen Halbsatz wert. Alles dreht sich um geopolitische Machtspiele und die leider zunehmende Rolle, die fundamentalislamistische Kräfte im Konflikt einnehmen. Die vielen Demonstrationen, die weiterhin in vielen Regionen stattfinden (an jeden Protestfreitag sind es weiterhin landesweit mehrere hundert Kundgebungen) tauchen sowieso außerhalb der facebook Seiten der syrischen Medienaktivisten praktisch nicht mehr auf. Wenn es überhaupt noch eine Berichterstattung aus Syrien gibt, dann handelt es sich um Reportagen aus Aleppo, dass z.B. einige Viertel in Homs seit vielen Monaten unter Dauerbeschuss aus schweren Waffen durch die syrische Armee stehen, dürfte sich der Kenntnis selbst aufmerksamer ZeitungsleserInnen entziehen. 

 

Lange Zeit galt die allgemeine Aufmerksamkeit der Entwicklung in Tunesien und Ägypten, die Tatsache, dass das syrische Regime von Anfang an jegliche kritischen Kundgebungen sofort unter massiven Einsatz von Schusswaffen niedermetzeln liess, wurde erst nach Monaten und Hunderten von Toten in den Massenmedien und auch in der nichtarabischen Linken wahrgenommen. Seitdem dreht sich die eigentliche Frage um die Solidarität mit diesem Aufstand, der auch ein sozialer Aufstand ist und war (Zentren des Widerstandes waren von Anfang an die ärmeren Regionen des Landes, in Damskus selber die Vororten der sozial Deklassierten), eigentlich immer nur um eine ideologische Nabelschau der bundesrepubikanischen  Restlinken. Ein Projekt wie adopt a revolution, zu deren Trägern man als Linksradikaler durchaus eine kritische Haltung einnehmen kann, dass aber effektiv Gelder für den Basiswiderstand in Syrien sammelt, wurde von Teilen einer sich selbst "antiimperialistisch" klassifizierenden Linken massiv angefeindet, es wurde sich nicht entblödet, sich mit einem faschistischen Assadregime zu solidarisieren, dass angeblich einer US Hegonomie in Nahost heldenhaft Wderstand leistet. Und dabei von einem chinesischen und russischen Kapitalismus unterstützt wird, dessen eigene Verfasstheit an die Barberei frühkapitalitischer Zustände erinnert.

Dass es bis heute nicht zu der herbeigeschriebenen "NATO - Intervention" gekommen ist, obwohl es Gelegenheiten zuhauf gegeben hat, begreift nur, wer sich differenzierter mit der Machtpolitik des Westens und seiner Strategie gegenüber den Transformationsprozessen in der Region beschäftigt.

 

Tatsache ist und bleibt, dass der syrische Aufstand im wesentlichen alleine gelassen wurde und dies ist nicht nur seiner Verfassheit geschuldet. Auch den Gefährten der Kommune des Tahrir erging es nicht anders mit ihren Solidaritätsaufrufen. Wir halten es nach wie vor moralisch und strategisch für unabdingbar, uns mit den weltweiten Suchbewegungen nach einem neuem emazipatorischen Aufbruch, von dem der syrsiche Aufstand im Kern ein Teil ist, zu solidarisieren. Die Lokalen Koordinierungskomitees in Syrien haben eine Aufruf für einen  weltweiten Tag der Solidarität mit der syrischen Revolution am 20. Oktober veröffentlicht. Wir habnen ihn sinngemäss übersetzt:

 

An die Menschen und Völker der Welt, unterstützt uns, so wie wir Euch immer unterstützt haben

 
Seit mehr als eineinhalb Jahren kämpfen wir, um uns von einem unterdrückerischen System zu befreien, dass Zehntausende getötet hat, darunter viele Frauen, Kinder, alte Menschen.
Hunderttausende wurden in dieser Zeit festgenommen, viele gefoltert. Millionen von Menschen wurden zur Flucht gezwungen, sie mussten ihr Zuhause, ihre Städte und Dörfer verlassen, die von der Armee des Regimes beschossen werden, dieses skrupellose Vorgehen erinnert an das Verhalten der Nazi Barberei.

Wir syrischen Menschen, die immer sympathisiert und uns verbunden gefühlt haben mit all jenen, die Ungerechtigkeit, Misshandlung und Unheil erleiden mussten und Flüchtlinge aus allen Teilen der Welt aufgenommen und unterstützt haben, sind nun betrübt über das Fehlen von Sympathie und Unterstüzung für die syrischen Menschen, Euren Brüdern der Menschlichkeit, die sich einer brutalsten Unterdrückung ihres Kampfes für das Recht auf Freiheit, der überall der gleiche Kampf ist, ausgesetzt sehen.

Menschlichkeit, Solidarität und die Bereitschaft zur Unterstützung all jener, die unterdrückt werden, kennzeichnen den Menschen und unterschieden ihn von anderen Lebewesen, und ist all jenes, was wir Syrier jetzt benötigen, um diese Prüfung, die die härteste der jüngsten Zeit der Menschheitsgeschichte ist, zu überstehen.

Die Syrier haben für mehr als einundeinhalbes Jahr mutig tagtäglich dem Horror ins Gesicht geschaut und nun erwarten wir eine weltweite Bewegung, die unsere Bewegung bei ihrem Kampf gegen einen Tyrannen und Killer unterstützt, um ihr Recht und das Recht ihrer Kinder auf ein freies und würdiges Leben zu unterstützen und die den andauernen kriminellen Menschenrechtsverletzungen durch das syrische Regime ein Ende setzt.

Deshalb rufen wir die Menschen und die Organisationen der Zivilgesellschaft weltweit dazu auf, den 20. Oktober 2012 zu einem Tag der Solidarität zu machen. Und damit den Startpunkt für eine Kampagne zu setzen, die öffentlich Druck auf die internationalen Organisationen und Regierungen ausübt, damit diese die notwendigen Schritte unternehmen, um das Morden des syrischen Regimes zu stoppen und dieses zum Stürzen zu bringen.

Menschen der Welt, Völker der Welt, unterstützt uns, so wie wir Euch immer unterstützt haben.

 

Lokale Koordinierungskomitees Syriens

 

Ein Beitrag von recherchegruppe aufstand