Bursche im Nazi-Netz

Erstveröffentlicht: 
24.09.2012

Ein Göttinger Burschenschafter soll einer der Drahtzieher hinter einem neonazistischen Internetforum gewesen sein. Bereits im vergangenen Jahr war aufgefallen, dass der damalige Bundesbruder der Hannovera Geld an die NPD gespendet hatte. Die Burschenschaft tat das als Jugendsünde ab.

 

Die Burschenschaft Hannovera ist stets bemüht, jede Nähe zur extremen Rechten zu bestreiten. Als wir im vergangenen November berichteten, dass einer ihrer Bundesbrüder an die NPD gespendet hatte, gab sie die Zuwendung allerdings zu. Jedoch: Die Spende habe lange Zeit zurück gelegen. „Besagter Bundesbruder hat diese Spende vor vielen Jahren als Jugendlicher getätigt, lange, bevor er bei uns aktiv wurde“, schrieben die Burschen damals in einer Stellungnahme. „Für uns ist das allein noch kein hinreichender Grund für einen Ausschluß.“ Extremistische Meinungen, so die Hannovera, hätten in ihren Reihen keinen Platz. „Wir gestatten es aber jedem, in seiner Jugend eine Entwicklung zu durchlaufen“, betonten die Burschen.

Alles nur eine Jugendsünde des Burschen also? Mitnichten. Kein Jahr später taucht er wieder in den Medien auf, dieses Mal bundesweit. „Michael J.“ gehört nach Berichten der „Frankfurter Rundschau“ und der „Zeit“ zum Administratoren-Trio des österreichischen neonazistischen Internetforums alpen-donau.info.

Hintergrund ist eine Anklage der Wiener Staatsanwaltschaft gegen den Seitenbetreiber Gottfried Küssel. Über den Prozeß, der in Österreich große mediale Aufmersamkeit genießt, geraten jetzt auch deutsche Rechte ins Visier der Ermittler. Küssels Mitangeklagter Wilhelm A. soll zusammen mit dem Hamburger Neonazi Robert M. eine Firma betrieben haben, die die technische Infrastruktur für alpen-donau.info und auch das zentrale deutsche Nazi-Forum thiazi.net zur Verfügung gestellt haben soll. Gegen M. ermittelt daher die Hamburger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Volksverhetzung.

Michael J. soll zusammen mit Robert M. und dem verstorbenen Neonazi Jörg L. das österreichische Forum betreut haben. Dieses Netzwerk hatte es in sich: L. wurde im Frühjahr tot in einer Pension bei Berlin aufgefunden, angeblich gestorben an einem Herzinfarkt. Bei sich hatte er einen Rucksack voller Waffen. Der Waffenfund löste im Frühjahr Razzien in drei Bundesländern wegen des Verdachts der Bildung einer bewaffneten Gruppe aus.

Die „Zeit“ berichtet, Michael J. habe in rechten Foren unter dem Spitznamen „Langemarck“ geschrieben. Als solcher habe er zum Geburtstag Adolf Hitlers gepostet: „Sein Licht brennt auch in dieser tiefen Dunkelheit und verhilft manchem Deutschen zu etwas Wärme und Hoffnung.“ Der Nickname ist offensichtlich eine Anspielung auf eine Schlacht im ersten Weltkrieg. Gegen J. selbst ermittelt derzeit aber weder die Göttinger noch die Hamburger Staatsanwaltschaft.

 

Hannovera schmeißt Nazi-Admin raus

Diese Äußerungen bewegen nun sogar die rechte Burschenschaft Hannovera, sich von ihrem Bundesbruder zu distanzieren. „Wir stellen klar, dass Personen mit einer pro-nationalsozialistischen Weltanschauung nicht Mitglied der Burschenschaft Hannovera sein können“, schreiben die Burschen in einer Stellungnahme.

Weiter heißt es: „Die Mitgliedschaft von Michael J. in der Burschenschaft Hannovera wurde mittlerweile suspendiert.“ Von seinen Äußerungen im Forum, „die als pro-nationalsozialistisch eingestuft werden müssen“ distanzieren sie sich.

 


 

Kommentar

 

Es dürfte kaum dem Zufall geschuldet sein, dass der mutmaßliche Neonazi sich ausgerechnet bei der Hannovera lange Zeit sehr wohl gefühlt hat. Nationalistisches Gedankengut ist in dem Männerbund, der zum Dachverband Deutsche Burschenschaft gehört, Staatsräson. Dass die „pro-nationalsozialistische Weltanschauung“ ihres Mitburschen den Bundebrüdern bei ihren Zechgelagen nie aufgefallen sein soll, scheint unglaubwürdig. Die Hannovera zieht die Reißleine erst, als auch die Öffentlichkeit davon Wind bekommt. Hoffentlich fällt die nicht darauf rein.