Dem Aufruf via Facebook haben sich schon 400 Personen angeschlossen
Von Fabian Eberhard
Bern Nach dem erfolgreichen Rütli-Aufmarsch wittert die Schweizer Neonazi-Szene Morgenluft und nimmt die Hauptstadt ins Visier. Wie Recherchen der SonntagsZeitung zeigen, planen rechtsextreme Kreise eine neue Grosskundgebung auf dem Bundesplatz in Bern. Unter dem Motto «Stopp Kuscheljustiz» wollen sie gegen Ausländerkriminalität und die angebliche Ausbeutung der Schweiz demonstrieren. Dafür haben sie bereits ein Bewilligungsgesuch eingereicht.
Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause bestätigt die Pläne: «Wir haben ein Gesuch erhalten und sind mit dem Veranstalter in Kontakt.» In den nächsten Wochen würden sich die zuständigen Behörden mit dem Organisator treffen und die Möglichkeiten einer Demonstration auf dem Bundesplatz besprechen. Vorerst werde das Gesuch wie jedes andere behandelt. Ein erstes Datum im September wurde wieder verworfen. Mehr könne er zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.
Kommt es zur Gegendemo der Linken, gibts Ausschreitungen
Als Veranstalter der Kundgebung fungiert ein 24-jähriger Berner mit Kontakten in die rechtsextreme Szene. Mittlerweile haben sich seinem Aufruf via Facebook, SMS und einschlägigen Foren diverse Exponenten der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos), der Kameradschaft Innerschweiz und anderer radikaler Neonazi-Gruppierungen angeschlossen.
Im Aufruf geben sich die Rechtsextremen bewusst zahm. Damit erhoffen sie sich, auch gemässigte rechte Kräfte anzusprechen. Auf Facebook kündigen sie eine «Zusammenkunft für alle, die sich wehren wollen», an. Bereits haben sich über 400 Personen angeschlossen. Zum Vergleich: Für die Rütli-Demo hatten sich auf Facebook nicht einmal halb so viele angemeldet.
Das Vorhaben der Neonazis blieb auch von linken Aktivisten nicht unbemerkt. Sie planen ihrerseits eine Gegenveranstaltung. Unter dem Motto «Bern bleibt nazifrei» wollen sie den Aufmarsch verhindern. Was dann drohen könnte, zeigten zuletzt die schweren Ausschreitungen anlässlich der SVP-Grossdemonstration im Jahr 2007 in Bern.
Die Berner Polizei hat Kenntnis von den Aufrufen und nimmt sie ernst: «Wir beobachten die Entwicklung und werden entsprechende Massnahmen ergreifen», sagt Sprecherin Alice Born gegenüber der SonntagsZeitung. Die Demonstration auf dem Bundesplatz wäre bereits der zweite grössere Aufmarsch von Rechtsextremen in diesem Jahr. Am 5. August trafen sich rund 200 Neonazis zu einer illegalen Feier auf der Rütliwiese. Damals kam es zu keinen gröberen Zwischenfällen. Die Polizei war zwar vor Ort und filmte den Aufmarsch, sie musste aber nicht eingreifen. Derzeit werten die Behörden die Bilder aus.