[HN]Auf rechte Aufmärsche anders reagieren

ulrich_schneider
Erstveröffentlicht: 
18.07.2012

Bundestagsmitglied kritisiert Verschweigen scharf.

 

Er ist Sprecher für bürgerschaftliches Engagement der Bundes- Grünen, und vor wenigen Tagen brachte den Bad Rappenauer Ulrich Schneider ein Ereignis auf die Palme. Dass in Künzelsau weder das Landratsamt noch die Stadt Bürger oder Gemeinderäte über eine Kundgebung der NPD informierten, nennt er eine "Katastrophe".

 

Der 39- jährige Bundestagsabgeordnete fühlte sich gut ein Jahr zurückversetzt, als die Städte Bad Rappenau und Heilbronn ebenfalls derartige Aufmärsche Rechtsextremer für sich behielten. "Dadurch öffnen wir Neonazis Tür und Tor", kritisiert Schneider. Denn wenn die Rechten unbehelligt ohne Gegenprotest durch die Straßen liefen, "kommen sie wieder". Ein solches Vorgehen sei "absolut die falsche Strategie". Zumal Schneider in der Region zwischen Sinsheim, Eppingen, Heilbronn und Künzelsau "mehr Aufmärsche" wahrnimmt "als es woanders gibt".

 

Klare Zeichen

 

Man müsse mit Gegenprotest ganz klare Zeichen setzen, dass die Rechten "unerwünscht sind, wo immer sie auftauchen". Man dürfe die Gefahr nicht unterschätzen, die sich aus der Kombination von NPD und Gruppen im Untergrund, die die "Drecksarbeit machen", ergebe. "Heruntergespielt" hätten offizielle Stellen das Thema lange genug. Er spürt ein Umdenken in der Bevölkerung. Und hofft, dass auch die Verwaltungen das Thema rechte Aufmärsche offensiver angehen. Beispiele anderer Städte wie Jena zeigten, dass man mit großem Gegenprotest eine rechte Demo stoppen könne. Schneider: "Es ist möglich".

Seit Bekanntwerden der Mordserie der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle sind Neonazis im Fokus der Öffentlichkeit. Reagieren Kommunen mit Blick auf geplante Aufmärsche heute anders?

Bad Rappenaus Oberbürgermeister Heribert Blättgen würde es heute anders machen, nicht mehr allein entscheiden. Künftig werde er bei einer Kundgebung von Neonazis über das Vorgehen "mit den Fraktionen zusammen entscheiden". Er könnte sich gut vorstellen, dass man sich öffentlich gegen aufmarschierende Rechtsextreme stellt. Um zu zeigen, "dass wir sie hier nicht haben wollen". Wenn, dann müsste man "aktiv etwas unternehmen".

 

Von Fall zu Fall

 

Im Heilbronner Rathaus betont Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach, man werde wie bisher auch Ältestenrat oder Gemeinderat einbinden. Bei der Information der Öffentlichkeit werde man abwägen, ob man die Bürger vorwarnt oder ob verstärkte Öffentlichkeitsarbeit "nur zu mehr Publicity für die Extremisten führt". Daher werde man "auch künftig von Fall zu Fall entscheiden", in welchem Umfang informiert werde.

Nach Kritik am Hohenloher Landratsamt als Genehmigungsbehörde der NPD- Demo Anfang Juli in Künzelsau sieht die Verwaltungsspitze keinen Anlass für ein anderes Vorgehen. Schon aus Gründen der Neutralität "veröffentlichen wir keine Hinweise auf politische Veranstaltungen", sagte Landrat Helmut M. Jahn. Der Grünen- Kreisverband hatte die "Geheimhaltung" deutlich gerügt.