Insel. „Warum haben Sie nur unser Transparent zerstört?“, brüllt ein Mädchen einen Polizisten in Insel an. Ein halbes Dutzend anderer junger Leute ringt derweil mit Ordnungshütern um den Stoff, der sich einige Minuten später doch noch einmal zeigen lässt.
„Gegen den Volksmob, seine Apologeten und Aufstachler“, steht da geschrieben. Auch werden Innenminister Holger Stahlknecht und Ortsbürgermeister Alexander von Bismarck (beide CDU) namentlich genannt. Zu viel für die Staatsmacht. Der Schriftzug sei ehrverletzend. Die Polizei drängt die Mitglieder der Antifa aus Halle und Dessau noch weiter von den Abgeordneten weg. Landtagspräsident Detlef Gürth (CDU) hält die erste Rede des Abends. Doch in diesem Moment hört ihm kaum einer zu. Dabei wollten die hohen Gäste aus Magdeburg gestern doch nur eins: Mit den Bewohnern des Altmarkdorfes ins Gespräch kommen und bei ihnen für die Interessen der zwei Ex-Sicherungsverwahrten werben.
Fast zeitgleich treffen sich Neonazis nur gut zehn Kilometer weiter an einer Tankstelle am Rande von Stendal. Eigentlich wollten sie in Insel gegen die beiden Ex-Häftlinge aufmarschieren und für ihre ganz eigenen Ziele werben. Doch ihre Versammlung blieb bis zum Abend verboten. „Wir wollen das bestehende BRD-Gesetz achten. Irgendwelche Ersatzaktionen wird es deshalb erst einmal nicht geben“, so Heiko Krause, ein führender Rechtsradikaler aus der Ostaltmark. Dafür aber „eine größere Demonstration in einer größeren Stadt“. Die Veranstaltung in Stendal sei von ihm für den 29. September angemeldet. Getragen werde sie vom NPD-Kreisverband Altmark und den Freien Nationalisten Altmark. Für den Aufmarsch wollen die Neonazis bundesweit Gesinnungsgenossen mobilisieren. Das Motto: „Schluss mit Volksbetrug und Scheindemokratie.“ Nach einem weniger heißen Freitag als befürchtet, droht Stendal ein heißer Sonnabend im Frühherbst.
Von Marco Hertzfeld