Kein Durchkommen für die Nazis in Neuruppin

Antifa Neuruppin

Der Neonaziaufmarsch am 14.04.2012 in Neuruppin wurde von ca. 250 Personen, verteilt im gesamten Stadtgebiet, erfolgreich verhindert. Nach lediglich 800m und ohne einen Fuß in die Innenstadt gesetzt zu haben, mussten die rund 70 angereisten Faschisten_innen sich auf den Rückwegmachen. In diesem Artikel versuchen wir die Geschehnisse des Tageschronologisch aufzuzeigen.


Erste Störungen bei der Ankunft

Am Bahnhof „Neuruppin West“ wurden die Nazi von den Gegendemonstranten_Innen einer Veranstaltung des Bündnisses „Neuruppin bleibt bunt“ lautstark begrüßt. Dabei schallte ihnen neben antifaschistischen Parolen auch Gelächter entgegen, welches wohl Ausdruck der vielerorts empfundenen Lächerlichkeit über das Demo-Motto sein sollte. Die zu diesem Ort angereisten Antifaschist_Innen verließen den Bahnhofsvorplatz allerdings schnell, da die Anzahl der Polizei und ihren Fahrzeugen vor Ort auf einen Kesselungsversuch deutete.

Blockaden an der Ecke Präsidentenstraße/B167

Die eingesetzten Beamten setzten alles daran Personen, die in Richtung Innenstadt unterwegs waren, möglichst weit von der Präsidentenstraße und dem Schulplatz fernzuhalten. Einer kleinen Gruppe von ca. 20 Antifaschist_Innen gelang es jedoch an den Polizeiabsperrungen, die einen Protest an der Demoroute zu keinem Zeitpunkt ermöglicht hätten, vorbeizukommen und auf der Präsidentenstraße Richtung Bahnhof zu laufen. Erst am Tempelgarten wurde die Gruppe von Beamten der Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE) gestoppt und bildete eine Sitzblockade, aus der einige Beamte ohne Aufforderungen zur Auflösung anfangs zwei Personen herausgezogen haben, welche anschließend einen Platzverweis erhielten. Einer weiteren Gruppe von 40 Personen gelang es wenig später die Konzentration der Polizei auf die erste Sitzblockade zu nutzen und ebenfalls auf die Präsidentenstraße zu gelangen. Diese zweite Gruppe wurde jedoch ca. 25m vor dem Erreichen der Sitzblockade gestoppt und bildete eine zweite Blockade auf der Präsidentenstraße vor dem Eingang zum Tempelgarten.

Protest an der Seite des Naziaufmarsches

Begleitet von Beamten, die über die gesamte Strecke nicht von den Neonazis wichen und einigen lautstarken Bürgern, begann der Aufzug der Faschist_Innen kurz vor 13Uhr. Die Polizei leitete die Demonstration auf die Puschkinstraße um und trennte diese von den Gegendemonstrant_Innen durch eine Reihe von Einsatzwagen. Kurz nachdem die Faschist_Innen die Kreuzung passiert hatten, machten sich die Teilnehmer der beiden Blockaden Richtung Innenstadt auf den Weg um auch im weiteren Verlauf ihren Protest zu zeigen. Dabei gelang es wiederum ca. 60 Personen an den Einsatzkräften vorbei auf die August-Bebel-Straße Richtung Fontane-Denkmal zu kommen. Durch viel Agilität und den Willen die Nazis nicht passieren zu lassen, erreichten sie zum Erstaunen der Beamten vor Ort den Fontaneplatz. Bereits wenige Minuten zuvor hat sich an der Ecke Franz-Künstler-Straße/ Karl-Marx-Straße eine Blockade mit ca. 30 Personen gebildet. Die sichtlich überforderten Beamten der BFE versuchten den Zustrom zur Blockade zu stoppen. Dabei bekamen sie die Situation anfangs – trotz zahlenmäßiger Überlegenheit – nicht unter Kontrolle. Doch entgegen dem Bekunden deeskalierend zu wirken und dem in Anwesenheit der Presse gezeigten Verhalten, kam es laut Augenzeugenberichten an dieser Stelle u.a. zu mindestens einem Schlagstockeinsatz und gezielten Schubsern gegen die Ampelanlagen. Ein weiterer Beamter zog seinen Reizgasbehälter und drohte damit. Die ca. 25 Personen, die es nicht mehr schafften sich der Blockade anzuschließen, wurden durch Beamten der BFE in einem Kessel gegenüber dem Fontane-Denkmal festgehalten. Erst nachdem Vertreter der Presse und einige weitere Personen den Ort erreichten, durften die gekesselten Personen sich der Blockade, die damit ca. 70-80 Personen umfasste, anschließen.

Nazis müssen umdrehen

Der Aufmarsch der Neonazis kam kurz hinter der Ecke Franz-Künstler-Straße/Puschkinstraße zum Stillstand und wurde nach einiger Zeit des Wartens durch die Polizei zur Umkehr gebracht. Zu dieser Zeit sollte der Zug der Neonazis wohl wieder auf die ursprüngliche Route über die Präsidentenstraße umgeleitet werden. Doch wieder zeigten die Antifaschist_Innen ihre Entschlossenheit und strömten sowohl über die August-Bebel-Straße, als auch über die Präsidenten-Straße zur Kreuzung August-Bebel-/Präsidentenstraße, sodass auch der Versuch durch eine Absperrung mit Einsatzfahrzeugen eine Routeüber die August-Bebel-Straße zu ermöglichen misslang. Zur gleichen Zeiterreichten ca. 8 Antifaschist_Innen die Neonazis. Durch die Parolendieser Gruppe und die Absage der erneuten Ausweichroute fühlten sich dieFaschist_Innen anscheinend so provoziert, dass sie ihre Demonstrationauflösten und einen Ausbruchversuch wagten. Ab diesem Zeitpunkt war diePolizei nicht mehr gewillt auf die Nazis zu zukommen und brachte diesemit einem dreireihigen Spalier zum Bahnhof West. Einige Male schien esdabei zu kleineren Rangeleien gekommen zu sein, die in einem Einsatzeines Reizgasbehälters auf dem Bahnhofsvorplatz endeten.

Letzte Provokationen nach dem Aufmarsch

Nachdem die auswärtigen Faschist_Innen durch die Polizei mit dem RE6 nach Hause geschickt wurden, begaben sich 7 Nazis der Freien Kräfte Neuruppin um Dave Trick und Erik Brüning über die Bahnhofsstraße Richtung Pfarrkirche. Dabei gerieten sie an eine Gruppe von 10 Antifaschist_Innen an der Wallstraße. Es kam zu gegenseitigen Anfeindungen ohne direkten Kontakt. Die auf den Plan gerufenen Beamten erreichten die Szene in der Schinkelstraße auf Höhe des Walls. Doch anstatt die über den gesamten Tag aggressiv aufgetretenen Nazis zu begleiten und damit den geringeren Aufwand zu betreiben, setzten die Polizist_Innen die Antifaschist_Innen fest und nahmen deren Personalien auf. Laut Augenzeug_Innen wird ihnen schwerer bzw. einfacher Landfriedensbruch vorgeworfen.

Nazis erklären Ziele für erreicht

Auf ihrer Internetseite stellen sich die Nazis als Gewinner dar. Sie behaupten ihr Ziel durch breite mediale Aufmerksamkeit und dem generellen Durchführen ihrer Demonstration erreicht zu haben. „Es kommt nicht auf die gelaufenen Meter an“, schreibt Netzwerk Mitte in ihrem Artikel. Weiterhin behaupten die „Nationalen Sozialisten Müritz“ in ihrem Bericht „Schätzungen gehen hierbei von bis zu 15 (in Worten Fünfzehn) Blockierern aus.

Angesichts dieser gewaltigen Übermacht konnte die Polizei auch hier nicht räumen.“ Hier zeigt sich wieder einmal, wie sie versuchen Geschehnisse umzudeuten. Fakt ist, dass mediale Interesse galt und gilt nur sekundär den selbsternannten „nationalen Laubenpiepern“ der Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland, denn im Fokus der Berichterstattung standen vor dem Aufmarsch die vergangen Proteste und nach diesem die Personen, die zum zweiten Mal in Neuruppin einen Aufmarsch verhindert haben und der Fakt, dass die 3 letzten Aufmärsche in Brandenburg erfolgreich aus den Städten gehalten bzw. ganz verhindert werden konnten. Wie sehr sich die Nazis mit diesem Aufmarsch selbst geschadet haben zeigt sich in der geringen Beteiligung. Während in Frankfurt(Oder) und Brandenburg an der Havel jeweils ca. 150 Nazis an den Aufmärschen teilnahmen und die Beteiligung in Neuruppin im vergangenen September bei ca. 250-300 Faschist_Innen lag, kamen am 14.04. lediglich ca. 70 Neonazis nach Neuruppin. Das aggressive Verhalten zum Ende ihrer Demonstration zeigt, dass wohl auch die Freien Kräfte Neuruppin diese Zeichen bemerken. Ihren 800-Meter lauf unter diesen Umständen einen Erfolg zu nennen, passt zwar in ihre verqueren Statements nach außen, ist aber auch in ihrer Logik kompletter Unsinn.

Wir bedanken uns bei allen Antifaschist_Innen, die geholfen haben, diesen Aufmarsch zu verhindern. Wir freuen uns, dass so viele Auswärtige Solidarität gezeigt haben und dass sich so viele junge Neuruppiner_Innen zum ersten Mal an Protesten gegen Faschist_Innen beteiligt haben.

No pasaran! – sie werden nicht durchkommen!