In den letzten Wochen und Monaten ist es ruhig geworden in der Linde. Dies werten wir als großen Erfolg im Kampf gegen den Nazitreffpunkt „Linde“ in Schorndorf-Weiler. Nicht zuletzt durch unseren unermüdlichen Einsatz in Form von Mahnwachen, Demonstrationen, Veranstaltungen und Veröffentlichungen ist es gelungen, die Naziaktivitäten in Weiler zum erliegen zu bringen.
Unsere ständige Wachsamkeit, unser ständiges „Hinschauen“ und Handeln haben dazu geführt, dass sich die Naziszene in Weiler offensichtlich nicht mehr wohl fühlt. Und das ist gut so. Aus diesem Grunde stellen wir unsere seit 2006 regelmäßig veranstalteten Mahnwachen vor der „Linde“ in Schorndorf-Weiler bis auf Weiteres ein. Wir werden die „Linde“ und die Nazis im Umfeld des NPD-Funktionärs Jürgen Wehner auch weiterhin im Auge behalten. Sollten wir eine Wiederaufnahme von Neonaziaktivitäten in und um die „Linde“ bemerken, werden wir unverzüglich geeignete Gegenmaßnahmen in die Wege leiten.
Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle bei allen Unterstützerinnen und Unterstützern, die mit uns in den vergangenen fünf Jahren gegen den Nazitreffpunkt „Linde“ gekämpft haben.
Rückblick auf die
letzten fünf Jahre
2006:
Im Sommer 2006 kauft das bekennende
NPD-Mitglied Jürgen Wehner die Immobilie „Linde“ in Schorndorf-Weiler. Der
Neonazi lockt mit günstigen Bierpreisen. Es wird erkennbar, dass sich die
rechtsradikale Szene in der „Linde“ trifft. Auslegung von Nazipropaganda und
abhalten einschlägiger Schulungsveranstaltungen. Gründung eines
überregionalen „Patriotischer Stammtisch“ in der „Linde“. Umschlagplatz für
Nazipropagandamaterial für die ganze Region und darüber hinaus. Im Herbst 2006
gründet sich die Bürgerinitiative „Weiler schaut hin!“ mit dem Ziel, die
Nazikneipe aus Weiler zu verbannen. Seit Ende 2006 werden monatliche Mahnwachen
vor dem Nazitreffpunkt „Linde“ veranstaltet.
2007:
Es kommt immer wieder zu Nazigegröle in und um die „Linde“, bis hin zu
skandieren des Hitlergrußes. Es werden Schulungsveranstaltungen und
Musikveranstaltungen mit rechtsextremem Inhalt veranstaltet. Es werden
Hitlerporträts ausgehängt und es kommt zu Gewaltandrohungen. Der Polizei
gelingt es kaum, den Linde-Gästen rechtsextremistische Straftaten nachzuweisen.
Der „Linde“-Besitzer Jürgen Wehner wird wegen Urkundenfälschung und unerlaubtem
Waffenbesitz rechtskräftig verurteilt. Am 15.12.2007 demonstrierten über 500 Menschen
in Weiler gegen die Nazikneipe „Linde“. Auch im Jahr 2007 wurden unsere
monatlichen Mahnwachen vor der „Linde“ abgehalten.
2008:
Es kommt zu mehreren rechtsextremen Konzertveranstaltungen in der „Linde“ und
an nahegelegenen Baggerseen. Die Polizei erteilt Platzverweise und ermittelt
wegen Volksverhetzung.
Durch unseren unermüdlichen Widerstand konnte erreicht werden, dass dem NPD-Funktionär Jürgen Wehner die Konzession entzogen wurde und der „Patriotische Stammtisch“ somit nicht mehr stattfinden konnte. Somit war der Linde der öffentliche Raum entzogen.
"Die Leute fühlen sich hier nicht mehr wohl",
begründet der Wirt, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, das stark
nachlassende Interesse. Deshalb sei er zusammen mit einem der Stammtisch-Initiatoren,
dem früheren Waiblinger NPD-Kandidaten bei Bundes- und Landtagswahlen, Roberto
Kurze, überein gekommen, die Veranstaltung nicht mehr stattfinden zu lassen.
Auch nach dem Konzessionsentzug bleibt
die „Linde“ ein Treffpunkt der rechtsradikalen Szene. Bei der Bundestagswahl
wurde sie als Verteil-Zentrum für Flugblätter und Plakate für die NPD genutzt.
Im Herbst 2008 wird
die Bürgerinitiative „Weiler schaut hin!“ in einen gemeinnützigen Verein namens
„Weiler schaut hin! e.V.“ umgewandelt.
Das ganze Jahr über fanden die regelmäßigen Mahnwachen gegen den Nazitreffpunkt
statt.
2009:
Regelmäßige Treffen der rechtsradikalen Szene in der „Linde“. Veranstaltung von monatlichen Mahnwachen gegen den Nazitreffpunkt „Linde“.
2010:
Im Februar 2010 kommt es zu Übergriffen von Neonazis auf Teilnehmer der
Mahnwache gegen die Naziaktivitäten in der „Linde“. Bei diesen Vorfällen wurde
von Neonazis versucht, gewaltsam eine genehmigte Versammlung zu verhindern. Es
wurden Mahnwachenteilnehmer körperlich angegriffen, beleidigt und beschimpft.
Es wurden von den Neonazis Gegenstände des Vereins beschädigt. Wir haben
erkannt, dass wir alleine nicht gegen die Neonazis bestehen können. In der
Folge kommt es zur Vernetzung mit anderen antifaschistischen Gruppen aus dem Großraum
Stuttgart. Früher waren zwischen fünf und 15 Leute bei den Mahnwachen gegen die
„Linde“, nun nehmen an den monatlichen Mahnwachen zwischen 20 und 70 Personen
teil.
Am Rande einer Mahnwache im Oktober 2010 kommt es zu Störungsversuchen
aus dem Umfeld der „Linde“. Mahnwachenteilnehmer werden mehrfach beleidigt und
es wurde Gewalt angedroht, unter anderem mit den Worten „Ich komme gleich mit
meiner Axt“ und Parolen wie „Ausländer raus“. Die Polizei
nahm entsprechende Ermittlungen auf und die Staatsanwaltschaft stellte das
Verfahren mit der Begründung ein, dass es kein ausreichendes öffentliches
Interesse gibt.
Im November 2010 demonstrieren 300 Menschen in Weiler vor der „Linde“ gegen den
Nazitreffpunkt.
2011:
Im Februar 2011 fand die Verhandlung gegen die Neonazis und Mahnwachenangreifer
Nicki Udo Öhme und Michael Weber statt. Öhme wurde Beleidigung in
mehreren Fällen und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen. Michael
Weber wurde wegen Beleidigung und tätlichem Angriff angeklagt. Beide legten in
allen Punkten ein Geständnis ab. Öhme wurde zu fünf Monaten Gefängnis ohne
Bewährung und Weber zu fünf Monaten auf Bewährung und 1000 € Geldstrafe verurteilt.
Im April 2011 demonstrierten über 1300
Menschen in Winterbach gegen einen rechtsextremistischen Brandanschlag
(fünffacher Mordversuch) und ziehen vor den Nazitreffpunkt „Linde“ in Weiler.
Bis Ende Juli finden die monatlichen Mahnwachen vor der
„Linde“ statt.
Die Lage in und um die „Linde“ entspannt sich.
Wir haben viel erreicht. Das ist jedoch kein Grund stillzuhalten und wegzuschauen. Die Linde ist weiterhin in Nazihand und bietet den Faschisten in der Region immer noch einen Anlaufpunkt.
Inzwischen ist herausgekommen, dass die Faschisten um die NPD noch weitere Treffpunkte und Versammlungsorte im Rems-Murr-Kreis nutzen. Aktuelle Beispiele finden sich in Korb und Aspach.
In den nächsten Wochen und Monaten werden wir verstärkt diese
weiteren Brennpunkte der Naziszene im Rems-Murr-Kreis ins Visier nehmen, denn
wir dulden ihre Machenschaften nirgendwo! Nicht in Weiler, nicht in Winterbach,
nicht in Korb, nicht in Aspach oder anderswo.
Faschismus war und ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Initiative „Rems-Murr nazifrei!“ und Weiler schaut hin! e.V.