Der 1. Mai in Mainz

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Am 1. Mai 2009 wollen Neonazis wieder bundesweit auf die Straße gehen, um an ihrem Tag der „deutschen Arbeit“ Präsenz zu zeigen. Dabei soll Mainz dieses Jahr als wichtiger Aufmarschort für die Naziszene im Südwesten fungieren. Dagegen haben sich in Mainz drei Bündnisse gebildet, von denen zwei ganz klar den Neonaziaufmarsch verhindern wollen.

It's the same old song: Der Naziaufmarsch und seine Hintergründe

 

Wie auch in anderen Städten Deutschlands wollen Neonazis am 1. Mai in Mainz aufmarschieren. Unter dem mittlerweile doch leicht in die Jahre gekommenen Motto „Sozial geht nur national“ hat die „Initiative Südwest“ den Aufmarsch angemeldet. Der NPD-Aktivist Matthias Kairies, welcher auch in der rechten Hooliganszene von Wormatia Worms aktiv ist, fungiert vermutlich als Anmelder. Unterstützt wird die Nazidemonstration von den vom NS-Kader Mario Matthes gegründeten „Nationalen Sozialisten (aus) Mainz-Bingen“, sowie den NPD Kreisverbänden Naheland und Alzey-Worms.


In den vergangenen Jahren haben sich zentrale 1. Mai-Demonstrationen der Naziszene aus Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland etabliert. Meistens waren dies so genannte „Doppeldemonstrationen“, also Aufmärsche am selben Tag in zwei verschiedenen, nahe beieinander liegenden Städten. So marschierten im letzten Jahr etwa 300 Neonazis relativ ungestört durch Kaiserslautern, als sie allerdings im Anschluss probierten einen zweiten Aufmarsch in Neustadt (Pfalz) durchzuführen, gelang es einem breiten antifaschistischen Bündnis, dies zu verhindern und die Nazis mussten unverrichteter Dinge wieder abziehen. Eine Neuauflage dieses Aufmarschs planen die Nzais offenbar für Samstag, den 2. Mai 2009, wobei bisher nur der Aufmarschteil in Kaiserslautern beworben wird. Warum es am 1. Mai selbst nicht zum üblichen Doppelaufmarsch kommt, sondern Mainz der einzige Aufmarschort in der Region ist, ist noch unklar.


Auch für dieses Jahr werden etwa 300 Neonazis aus RLP, Hessen und dem Saarland erwartet. Zwar ist der Aufmarsch in Mainz – genauso wie der zentrale, bundesweite Neonaziaufmarsch in Hannover – momentan verboten, doch es ist nicht davon auszugehen, dass dieses Verbot bestand haben wird. So haben auch die Neonazis mittlerweile Widerspruch gegen dieses Verbot eingelegt. Sollte diesem Widerspruch nicht stattgegeben werden, ist davon auszugehen, dass die Anmelder sich durch die verschiedenen Instanzen klagen werden bis die Demonstration schließlich erlaubt wird.


Neben Matthias Kairies und Mario Matthes werden sich am 1. Mai noch allerhand andere „Promis“ der regionalen NS-Szene blicken lassen. So wird es sich Ingo Helge ebensowenig nehmen lassen, am 1. Mai nach Mainz zu kommen, wie der „Neuzugang“ der rheinhessischen Naziclique, Sebastian Haasler. Sebastian Haasler aus Heidesheim ist NPD-Mitglied und erst vor kurzem aus Thüringen wieder zurück in seine alte Heimat gezogen. Er ist aktiv im NPD-Kreisverband Naheland, welcher als Nachfolgeorganisation des NPD-Kreisverbandes Mainz-Bingen anzusehen ist. Am 14 März 2009 trat er bei einem Naziaufmarsch in Zweibrücken als Redner auf. Er studiert momentan an der Uni Mainz.


Ingo Helge ist ebenfalls bei der NPD Naheland tätig und bewegt sich im Umfeld der Nationalen Sozialisten (aus) Mainz-Bingen um Mario Matthes (ehemals Vorsitzender der NPD Mainz Bingen). Er ist vermutlich verantwortlich für das Nationale Netzwerk und steht damit technisch hinter den Internetseiten mehrerer Nazi-Gruppierungen aus der Region. Beim Naziaufmarsch im hessischen Wetzlar am 11. Oktober 2008 betätigte er sich als Anti-Antifa-Fotograf.


Am vergangenen Wochenende fiel übrigens die Alzeyer Diskothek A61, ein beliebter Treffpunkt der Nazibande um Matthias Kairies, negativ auf, da die dortigen Türsteher zum wiederholten mal Menschen ohne deutschen Pass den Eintritt verwehrten. Dies ist nicht sonderlich verwunderlich, da sich im Mainzer Umland durch Leute wie Kairies und Matthes eine neonazistische Subkultur gebildet hat, die immer öfter offen zu Tage tritt und in dem ländlichen Elend, wie es etwa durch das A61 präsentiert wird, ohne Probleme Fuß fassen konnte.

 

The good, the bad and the ugly: Die Gegenproteste

 

Nachdem Bekanntwerden der Anmeldung des Naziaufmarschs in Mainz bildeten sich recht schnell zwei Gegenbündnisse aus dem bürgerlichen bzw. zivilgesellschaftlichen Lager. So formierte sich unter dem Motto „Wir stellen uns quer! - Kein Nazi-Aufmarsch in Mainz!“ ein sehr breites Bündnis aus linken Gruppierungen sowie diversen lokalen Initiativen, welches sich dezidiert für Blockaden gegen den Naziaufmarsch ausspricht. Dieses Bündnis hat entlang der momentanen Naziroute mehrere Kundgebungen angemeldet, von denen aus es vermutlich probieren wird, auf die Route zu kommen um diese zu besetzen. Die zentrale Kundgebung soll ab 7:30 Uhr morgens am Münsterplatz stattfinden, welcher unweit des Mainzer Hauptbahnhofs gelegen ist. Vom HBF startet die eigentlich von den Nazis vorgesehene Route (Auftakt: 9:00 Uhr), die dann über Kaiserstraße, Rheinallee, Peter-Altmeier-Allee, Große Bleiche, Binger Straße und Alicenplatz zurück zum HBF führen soll. Ob diese Route, wenn der Widerspruch gegen das Verbot Erfolg haben sollte, so bestehen bleibt, ist jedoch fraglich.Vorstellbar ist auch eine Route auf der anderen Seite der zentralen Bahnstrecke, also hinter dem HBF. Deshalb wird zu einer weiteren Kundgebung am Haupteingang der Universität mobilisiert.


Von Seiten des Bündnisses „Wir stellen uns quer!“ gab es bereits einige Vorfeldaktionen, so entrollten etwa die am Bündnis beteiligten Supporters Mainz sowie die Ultraszene Mainz bei Spielen von Mainz 05 Banner, die zur Verhinderung des Naziaufmarschs aufriefen. Außerdem führten/führen Gruppen aus dem Bündnis Infoveranstaltungen zum Naziaufmarsch durch und verbreiten massiv Werbung in Mainz sowie in anderen Städten der Region. Momentan umfasst „Wir stellen uns quer! - Kein Nazi-Aufmarsch in Mainz!“ etwa 80 Organisationen aus Mainz, Hessen und Rheinland-Pfalz.


Zusätzlich zu „Wir stellen uns quer!“ bildete sich, wohl auf Grund des bevorstehenden Kommunalwahlkampfs, ein weiteres Bündnis unter Führung des SPD-Vereins „Rheinhessen gegen Rechts“, dessen einzige Funktion es zu sein scheint, Nachwuchspolitikern als Sprungbrett in die politische Laufbahn zu dienen. So verwundert es auch nicht, dass dieses Bündnis vor allem kirchliche Gruppen und obskure Vereine wie den „BMW 3er Club“ oder die CDU Mainz mit einschließt. Dieses Bündnis, welches unter dem Namen „Mainz steht auf!“ in Erscheinung getreten ist, will in einiger Entfernung zur angemeldeten Naziroute eine eigene Demonstration durchführen, bei der es wohl weniger um Antifaschismus geht, als eher um die Beruhigung des schlechten Gewissens und natürlich um Parteipolitik. Im Anschluss an diese Demonstration ist eine Kundgebung mit RednerInnen „aus Politik und Kultur“ geplant. Bratwurstessen inklusive?


Unter dem Motto „Strike the Match! Gegen Nazis, Deutschland und Arbeitswahn!“ hat sich ein, aus antifaschistischen und kommunistischen Gruppen bestehendes Bündnis gegründet, welches sich an einer fundierten Kritik an dem Ritual des 1. Mai und der an ihn gebundenen Verherrlichung von Arbeit versucht. So behandelt der Aufruf dieser Gruppen die Nazis eher sekundär und widmet sich primär dem antisemitischen Konstrukt der „deutschen Arbeit“ sowie einer Auseinandersetzung mit Kapitalismus und Nation. Für den 1. Mai in Mainz ruft das Bündnis zu dezentralen Aktionen sowie Beteiligung an den Blockaden des „Wir stellen uns quer!“-Bündnisses auf.


Desweiteren veranstaltet es am Vorabend des Naziaufmarsches in Wiesbaden eine Demonstration unter dem Motto „Gegen Nazis, Deutschland und Arbeitswahn!“ auf welcher es eigene Inhalte vermitteln will, statt bloß auf die Neonazis zu reagieren und klar Stellung gegen Kapitalismus und Nation bezieht.

 

Mobilisierungsseiten:


Strike the match!


Wir stellen uns quer!


Mainz steht auf!