Rechte Clique kontrolliert Stadtteil

Erstveröffentlicht: 
11.10.2011

»Nazis auf die Pelle rücken«: Antifaschisten rufen zum Protest gegen rechte Gewalt in Magdeburg-Reform. Demonstration am 22. Oktober


Von Susan Bonath


Der im Südwesten von Magdeburg gelegene Stadtteil Reform, der aus einem Plattenbaukomplex und einem Reihenhausviertel besteht, gilt seit längerem als Treffpunkt von Neofaschisten. Immer häufiger kommt es zu Übergriffen von Rechten. Das »Aktionsbündnis gegen rechte Gewalt« ruft nun für den 22. Oktober zu einer Demonstration auf. Das Motto: »Nazis auf die Pelle rücken – Wir wollen nicht länger zusehen, wie ein ganzes Stadtviertel von den Rechten dominiert wird«.


Der Stadtteil Reform entwickele sich seit einigen Jahren zu einem »Neonazizentrum«, konstatierte das Aktionsbündnis in einer Erklärung am 4. Oktober. Seit die NPD bei den Landtagswahlen im März an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sei, bildeten militante Kameradschaften den »aktivistischen Kern der Szene«. Eine rechte Clique, die »Reformer Jungs«, kontrolliere das Viertel regelrecht.


Das Bündnis informierte über entsprechende Vorfälle in der Vergangenheit. Traurige Bekanntheit habe die Diskothek »Funpark« im Jahr 2007 nach dem Mord an dem 21jährigen Kunststudenten Rick Langenstein erlangt. Im September 2010 sei eine Gruppe linker Jugendlicher an einer Straßenbahnhaltestelle überfallen worden. Und vor einem knappen halben Jahr hätten Neonazis eine Antifa-Demonstration angegriffen und die Teilnehmer aus dem Stadtteil gejagt, ohne daß die Polizei eingegriffen hätte. Siebenmal hätten Unbekannte in den vergangenen zwei Jahren die Scheiben eines Döner-Ladens am Marktplatz eingeworfen, ein anderer Imbiß sei durch einen Brandanschlag komplett zerstört worden. Hinterlassen worden seien rassistische Schmierereien.


Die »Reformer Jungs« trügen bei Überfällen provokant den Cliquennamen auf T-Shirts und Jacken. »›Hausbesuche‹ bei linksalternativen Jugendlichen gehören zu ihren regelmäßigen Tätigkeiten«, beschreiben die Aktivisten die Situation. Das erzeuge eine Stimmung der Angst. Mancher traue sich abends kaum noch auf die Straße und bezeichne den Stadtteil mittlerweile als »No-go-Area für Linke und Migranten«. Treffpunkt der Rechten sei vor allem das Kinder- und Jugendhaus (KJH) »Banane« im Quittenweg, das sich in kommunaler Trägerschaft befindet und vom Jugendamt finanziert wird. Doch die Behörde habe ihnen mitgeteilt, sie sehe »weder eine politische Ausrichtung noch eine Organisierung der Club-Besucher«, so die Antifaschisten.


Unweit des KJH sei der Verein »Child abuse fight« zu Hause. »Er schreibt sich den Kampf gegen Kinderschänder auf die Fahnen und spricht sich offen für die Wiedereinführung der Todesstrafe aus«, berichtet das Aktionsbündnis. Der Verein sei »keine rein neonazistische Initiative«, aber es gebe gemeinsame Schnittmengen sowohl inhaltlich als auch personell mit der Magdeburger Neonaziszene. Diese Mischung aus »Männerbündelei«, Rassismus und Gewaltverherrlichung biete die Entfaltungsmöglichkeiten für gewaltbereite Nazicliquen.

 

Treffpunkt für die Antifa-Demonstration am 22. Oktober: 15 Uhr am S-Bahnhof SKET-Industriepark, Magdeburg