Die Deutsche Burschenschaft kämpft um ihre Zukunft. Das ultrarechte Spektrum stellt ein Drittel aller Verbindungen im Dachverband und versucht die Machtübernahme. Wieder einmal.
Denn erst im Juni kam es zum Skandal, als der asiatische Burschenschaftler Kai-Ming Au rausgeschmissen werden sollte - auf Antrag einer dieser ultrarechten Gruppierungen. Im Juli sorgte ein Putschplan der rechten Gruppen für Aufsehen. Jetzt ist ein Strategieprogramm aufgetaucht, das news.de im Entwurf vorliegt. Es skizziert die Zukunft der Burschenschaften - und trägt die eindeutige Handschrift der Verbindungen, die ganz rechts stehen. Derzeit sind unter dem Dachverband 1500 Burschen aktiv und etwa 10.500 frühere Studenten, sogenannte Alte Herren, dabei.
Trotz des Zweiten Weltkriegs, trotz der Ermordung von Millionen Juden bestehe «keinerlei Grund, kollektive Schuld- oder Schamgefühle vor sich her zu tragen über kurzlebige Vergangenheits-Ereignisse», heißt es in dem Strategieprogramm, schließlich «hat doch praktisch jedes größere europäische Volk gute und weniger gute Zeiten hinter sich und entsprechende Taten gesetzt».
Das deutsche Volk solle ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln, fordern die Verfasser des Papiers - «von Schleswig bis Südtirol, von Siebenbürgen bis zum Elsass, vom donauschwäbischen Gebiet bis Schlesien». Schließlich seien die Deutschen das größte staatenübergreifend wirkende Volk in Europa - «mit den etwa 85 Millionen Binnen-Deutschen in Zentraleuropa und den zirka 14 Millionen Auslands-Deutschen, den Volksdeutschen, in ihren Herbergsstaaten in Europa».
Importbräute und die Angst vor dem Islam
Die folgenden Ausführungen zu Islam und Überfremdung erinnern an die Sarrazin-Thesen. «Der multikulturelle Staat ist tot. Diese Fehlideologie hat nur zur Entwicklung von Parallelgesellschaften und sozialen Spannungen geführt», heißt es. «Insbesondere dem Islam darf hinsichtlich seines politischen Hintergrundes keine Plattform an deutschen Schulen geboten werden.» Der Einfluss fremder Kulturen könne jedoch bereichernd wirken, solange er einer Reglementierung unterstehe, vermerkt das Blatt immerhin.
In Kindergärten seien Betreuerinnen immer öfter nur unzureichend der deutschen Sprache mächtig. «In diesem Alter lernt das Kind seine ersten Worte und hört sie in diesem Fall mit ausländischem Akzent!» Eine Aufenthaltserlaubnis würden die Burschen nur mit Zähneknirschen erteilen, und nur unter der Bedingung vollständiger Assimilation der Migranten. Kopftuch und Burka, «Importbräute» - und die Angst davor, dass «der Islam tatsächlich ein Teil Deutschlands wird», treiben die Burschen um.
Burschenschaftler klagt gegen Medien
Die Flügelkämpfe in der Burschenschaft werden offenbar auch über die Dokumente geführt, die an die Öffentlichkeit gelangen. Ein Mitglied will sich damit nicht abfinden - er verklagt nun Medien. Erst war die tageszeitung dran: Weil die aus einer Mail an andere Burschen zitierte, in der Rudolf S. seinen Putschplan zur Übernahmen der Macht propagiert hatte, verklagte S. das Blatt - ein Alter Herr der Burschenschaft Tuiskonia Karlsruhe, einer der ultrarechten Verbindungen. Obwohl das Landgericht Braunschweig die Klage abwies, bleibt ein Problem bestehen.
Denn S. ist beim Volkswagen-Konzern tätig - und verschickte die «Elektropost», wie Burschenschaftler sie nennen, über seine berufliche Adresse an Verbindungsbrüder im «Weltnetz». Volkswagen hatte wenig Verständnis für seinen volkstreuen Mitarbeiter: S. sei untersagt worden, Mails mit solchen Inhalten zu verschicken. «Gehen Sie davon aus, dass konsequente Maßnahmen ergriffen wurden», zitiert die Wolfsburger Allgemeine Zeitung den VW-Pressesprecher.
S. verklagte auch Spiegel Online, weil einem Artikel über Burschenschaften ein externer Link angehängt wurde, der auf das Mail-Dokument mit den Putschplänen verweist, das auf einer anderen Internetseite veröffentlicht wurde. Am 5. Oktober wird das Landgericht Braunschweig darüber befinden, ob Medien belangt werden können, wenn sie auf umstrittene Dokumente anderer Internetseiten verlinken.