Was geht ab in Athen?

Was geht ab in Athen?

Die politische Sommerpause in Athen geht zu Ende, der Aktivismus nimmt langsam Fahrt auf. Hier einige Infos zur aktuellen Lage.
Auf dem Syntagma Platz treffen sich wieder die Anhänger einer direkten Demokratie. Inzwischen deutlich weniger als noch im Juni wollen diese "Wutbürger" den Protest durchgehend vor dem Parlament sichtbar machen. Ihre pazifistische Ausrichtung wurde durch den Polizeieinsatz beim letzten Generalstreik zwar aufgeweicht, die anarchistische Bewegung bleibt trotzdem fern. Das liegt vor allem an der Anwesenheit von Patrioten, die auch als Nazispinner bezeichnet werden. An manchen Tagen drängt eine kleine Ansammlung Richtung Parlament und wenn dann die Polizei anfängt, sind auch plötzlich einige Vermummte zur Stelle und es entwickelt sich eine kleine Auseinandersetzung.


Gegenüber dem Frühjahr gibt es eine geringere Präsenz sichtbarer Polizei und eine Zunahme von Angriffen auf die MAT Einheiten, die Exarchia belagern. Die Anzahl der Busse mit Aufstandspolizei wurden an den Grenzen des Viertels von sechs auf zwei bis drei reduziert. Diese Busse werden mehrmals pro Woche angegriffen. Die Riotcops, die hinter dem Polytechnio das Ministerium bewachen, flüchteten Sonntagnacht vor einem Steinhagel und überliessen ihren Bus den Flammen. Der Angriff erfolgte zu einem Zeitpunkt als viele MAT und DELTA Einheiten noch in Thessaloniki tätig waren. Wegen vergleichbarer Aktionen aus den letzten Wochen befinden sich zwei Jugendliche in Untersuchungshaft.


Recht häufig werden an Wochenenden die Strassen Exarchias durch brennende Barrikaden versperrt, auch ausgebrannte Luxusautos sind oft anzutreffen.


Die Universitäten sind besetzt, jedoch meistens nur symbolisch. Etwas lebhafter ist es an der ASSOE, wo auch mal Flaschen auf vorbeikommende Bullen fliegen. Die Besetzungen richten sich gegen die Abschaffung des Asyls und neue Katastrophen der Bildungspolitik. So gibt es zwar eine Steuer für bislang kostenlose Bücher, die Bücher sollen jetzt aber bezahlt werden und liegen zum Semesterstart nicht vor. Eventuell sollen Lehrmittel nun von Firmen gesponsort werden die damit Einfluss auf die Bildung gewinnen. Die Studentenvereinigungen führten gestern Mittag in grösster Hitze eine Demo durch, die auf das obligatorische Knüppeln mit den Bullen vor dem Parlament verzichtete. Auch wegen der ängstlichen Haltung dieser Organisationen bei den Ausschreitungen in Thessaloniki wird es vermutlich noch interne Konflikte geben aus denen hoffentlich der radikalere Teil sich durchsetzt.


Am frühen Morgen des 14. September, gegen 3 Uhr wurde das besetzte Kouvelou in Maroussi (nördlicher Vorort von Athen) Ziel einer Brandstifung. Das Dach ist eingestürzt und 4 Räume haben gebrannt.


AnarchistInnen/Anti-Autoritäre halten die Kouvelou Villa seit 7. April 2010 besetzt.


Ebenfalls gestern fand eine Motorrademo für Simos Seisidis statt. Der Anarchist steht seit heute in einem neuen Prozess vor Gericht wegen Mordversuch an einem Polizeibeamten. Aus der Waffe von Simos wurde jedoch bei seiner Verhaftung im Mai 2010 nicht geschossen, während der Beamte mit Schüssen von hinten sein Bein derartig traf, dass es amputiert wurde. Mit Simos steht auch Aris Sirinidis vor Gericht. Er wurde neulich freigelassen nach dem sich der Vorwurf, eine MAT Bus mit Kalaschnikov beschossen zu haben, in Luft auflöste.


Zum Prozessauftakt erschienen heute ca. 100 UnterstützerInnen im Gericht. Öffentlich war die Verhandlung jedoch nicht, die Plätze im Saal waren von Zivibullen belegt, was zu Tumulten führte. Das Gericht verzichtete zwar auf jegliche Ausweis- und Taschenkontrollen, war aber von behelmter Aufstandspolizei, vermummten Sondereinheiten mit Maschienengewehren und der "kranken Jugend Griechenlands" vollkommen besetzt. Als "unsere kranke Jugend" bezeichnete ein älterer Genosse die Gruppen von Jugendlichen, die mit ausdruckslosen und verblödeten Gesichtern am Rande lümmelten und, obwohl sie aus der Generation von Alexis stammen, den Weg zur Geheimpolizei gefunden haben.


Eventuell heute wollen die Gewerkschaften über einen neuen Generalstreik beraten.


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