Burschenschafter sind Verband nicht rassistisch genug

Erstveröffentlicht: 
16.06.2011

Deutschnachweis

Die Aufnahme eines chinesisch-stämmigen Studenten in eine Burschenschaft reißt alte Gräben auf. Die entscheidende Frage: Wie wichtig ist die Abstammung der Bewerber?

 

Sie tragen Mütze und Bänder – manche auch den berühmt-berüchtigten Schmiss – und stimmen stolz die erste Strophe des Deutschlandliedes an.

Die Mitglieder der Deutschen Burschenschaft gelten bei Politikwissenschaftlern ohnehin schon als sehr konservativ bis rechtsextrem. Jetzt tobt im größten Dachverband der Burschenschaften ein heftiger Streit zwischen dem gemäßigten und dem erzkonservativen Lager.

Entzündet hat er sich an der Aufnahme von Mitgliedern ohne nachgewiesene deutsche Abstammung. „Eine Spaltung der Burschenschaft darüber ist denkbar“, sagte Burschenschaftssprecher Michael Schmidt am Donnerstag vor dem Burschentag in Eisenach.

Bonner Verbindung mit überraschendem Antrag

Eine Bonner Mitgliedsverbindung hatte für das traditionelle Treffen auf der Wartburg einen Antrag vorbereitet, der den Ausschluss einer Burschenschaft forderte, die einen Studenten mit chinesischen Eltern aufgenommen hatte.

Die Abstammung sollte zudem als zwingendes Aufnahmekriterium für Mitglieder festgeschrieben werden. Beide Anträge seien in letzter Minute zurückgezogen worden, betont Schmidt.

„Die Antragsteller haben wohl erkannt, dass sie nicht mehrheitsfähig sind.“ Dennoch erwarte er eine hitzige Diskussion über den geforderten „Deutschnachweis“.

In der Burschenschaftsverfassung ist das deutsche Volk als Gemeinschaft definiert, die durch gleiches Schicksal, gleiche Kultur, verwandtes Brauchtum und gleiche Sprache verbunden ist.

Präzisiert wird die Verfassung durch den Rechtsausschuss. Der hatte bislang die Abstammung als maßgeblich für eine Aufnahme bezeichnet.

Brisantes Gutachten verlangt europäische Vorfahren

Wer keine europäischen Vorfahren hat, kann laut einem „Spiegel Online“ vorliegenden Gutachten nicht aufgenommen werden; auch wenn er die deutsche Staatsbürgerschaft hat.

Diese Definition sei jetzt korrigiert worden, betont Schmidt. Als maßgeblich gelte neuerdings das Bekenntnis zur deutschen Kultur, die Staatsangehörigkeit und die Abstammung. „Man muss aber nicht jeden Punkt erfüllen.“

Dass mehrere liberale Mitgliedsverbände nach der Diskussion aus dem Dachverband aussteigen, hält Schmidt für unwahrscheinlich. „Ich gehe davon aus, dass sich die Mitte des Verbandes durchsetzen wird.“

 

Ein Rechtsruck der Deutschen Burschenschaft (DB) sei damit „für den Moment abgewendet“. „Das war eher eine Machtprobe einer Verbindung, ein Versuch, wie weit man gehen kann“, schätzt er.

Die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft stehe grundsätzlich jedem Studenten offen. In konkreten Fällen entscheide aber der lokale Mitgliedsverband.

"Offene Flanke für Rechtsextremismus"

Extremistische oder rassistische Beschlüsse hätten in den Beschlüssen des Verbandes nichts zu suchen, betont Schmidt. Nach Ansicht der Gießener Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth aber zeigt die Burschenschaft bereits „eine offene Flanke zum Rechtsextremismus und vertritt rechtsextreme Ideologiemomente“.

Schmidt kontert, die DB sehe sich zwar als politischer Verband, beteilige sich aber in keiner Weise parteipolitisch. Dass einzelne Burschenschafts-Mitglieder der NPD angehörten, könne er nicht leugnen. „Das ist Sache der Person und nicht der Burschenschaft.“

Die NPD werde genauso behandelt wie CDU oder SPD. Auch das Singen des Deutschlandliedes bedeute nicht automatisch Nähe zur rechten Szene.

Durch solche Bräuche habe die Deutsche Burschenschaft nicht nur sich selbst in ein schlechtes Licht gerückt, sondern alle Studentenverbindungen diskreditiert, meint Kurth.

Kein Platz für rechte Thesen

Diese aber müssten sich auch viel deutlicher wehren, rät die Wissenschaftlerin: „Viele Verbindungen sind bis heute sehr zögerlich, sich eindeutig von der Burschenschaft abzugrenzen.“

„Wir sehen es als unsere Aufgabe, unsere Eigenheiten herauszustellen, nicht jedoch, andere schlechtzureden“, entgegnet Wilhelm Neusel vom Wingolfsbund, einem großen christlichen Verband, der alle zwei Jahre ebenfalls auf der Wartburg feiert.

Der Wingolf wolle die Unterschiede zur Deutschen Burschenschaft deutlich zeigen, die DB jedoch nicht an den Pranger stellen.

Ganz klar macht Neusel aber auch: „Für rechtsradikale Thesen haben wir absolut kein Verständnis.“ Mitglieder rechtsextremer Parteien würden nicht aufgenommen. „Sie haben in unserem Bund keinen Platz."


dpa/pku