Die Ermordung Osama bin Ladens

Erstveröffentlicht: 
06.05.2011

Die Tötung eines unbewaffneten Menschen ist eine abscheuliche Tat  Von Fidel Castro

 

Wer sich mit diesen Themen beschäftigt, weiß, daß sich unser Volk am 11. September 2001 mit dem der Vereinigten Staaten solidarisiert und die bescheidene Zusammenarbeit geleistet hat, die wir im Bereich der Gesundheitsversorgung den Opfern des brutalen Attentats auf die Zwillingstürme in New York anbieten konnten. (…)

 

Die historische Haltung der Kubanischen Revolution, die sich immer Aktionen widersetzt hat, die das Leben von Zivilisten gefährden konnten, ist bekannt. Als entschiedene Anhänger des bewaffneten Kampfes gegen die Batista-Tyrannei waren wir doch prinzipiell gegen jeden Terrorakt, der zum Tod unschuldiger Menschen führen konnte. Diese über mehr als ein halbes Jahrhundert beibehaltene Haltung gibt uns das Recht, eine Ansicht über das heikle Thema auszudrücken.

 

Bei einer Massenveranstaltung in der Sportstadt habe ich an jenem Tag die Überzeugung ausgedrückt, daß man den internationalen Terrorismus niemals mit Gewalt und Krieg beseitigen kann.

 

Er war zwar jahrelang ein Freund der Vereinigten Staaten, die ihn militärisch ausgebildet haben, und ein Gegner der UdSSR und des Sozialismus, aber was man auch immer über bin Laden sagen kann: Die Ermordung eines unbewaffneten und von Familienangehörigen umringten Menschen stellt eine abscheuliche Tat dar. Offensichtlich ist dies das, was die Regierung der mächtigsten jemals existierenden Nation getan hat.

 

In der von Obama sorgfältig ausgearbeiteten Rede, um den Tod bin Ladens zu verkünden, heißt es: »Wir wissen, daß die schlimmsten Bilder die waren, die für die Welt unsichtbar waren. Der leere Stuhl am Tisch. Die Kinder, die ohne ihre Mutter oder ihren Vater aufwachsen mußten. Die Eltern, die niemals wieder die Umarmung eines Sohnes spüren würden. Fast 3000 Bürger wurden uns genommen und hinterließen eine große Lücke in unseren Herzen.«

 

Dieser Absatz enthält eine dramatische Wahrheit, aber er kann nicht verhindern, daß sich die ehrlichen Menschen an die von den USA entfesselten ungerechten Kriege im Irak und Afghanistan erinnern, an die Hunderttausenden Kinder, die ohne ihre Mutter oder ihren Vater aufwachsen mußten, und an die Eltern, die niemals wieder die Umarmung eines Sohns spüren würden. Millionen Bürger wurden ihren Völkern im Irak, Afghanistan, Vietnam, Laos, Kambodscha, Kuba und vielen anderen Ländern der Welt entrissen.

 

Aus den Gedanken Hunderter Millionen Menschen sind auch nicht die schrecklichen Bilder der Reihen schweigender Menschen verschwunden, die in Guantánamo, dem besetzten Gebiet von Kuba, über Monate und sogar Jahre hinweg unerträglichen und wahnsinnigmachenden Folterungen unterworfen sind. Das sind mit der verlogenen Komplizenschaft angeblich zivilisierter Gesellschaften entführte und in Geheimgefängnisse verbrachte Menschen.

 

Obama hat keine Möglichkeit zu verschleiern, daß Osama in Gegenwart seiner Kinder und Ehefrauen hingerichtet wurde, die nun in der Macht der Behörden Pakistans sind, einem muslimischen Land von fast 200 Millionen Einwohnern, dessen Gesetze verletzt, dessen nationale Würde beleidigt und dessen religiöse Traditionen geschmäht wurden.

 

Wie wird er nun verhindern, daß die Frauen und Kinder der ohne Gesetz oder Prozeß hingerichteten Person über das Geschehene berichten und die Bilder davon in die Welt übertragen werden?

 

Am 28. Januar 2002 berichtete der CBS-Journalist Dan Rather über diesen Fernsehsender, daß Osama bin Laden am 10. September 2001, einen Tag vor den Attentaten auf das World Trade Center und das Pentagon, in einem Militärkrankenhaus in Pakistan einer Nierendialyse unterzogen wurde. Er war in keinem Zustand, sich in tiefe Höhlen zu flüchten und dort zu verstecken.

 

Ihn zu ermorden und ihn den Tiefen des Meeres zu übergeben, zeigt Angst und Unsicherheit, es macht ihn zu einer noch gefährlicheren Persönlichkeit. Die öffentliche Meinung der USA selbst wird nach der ersten Euphorie die Methoden kritisieren, die weit davon entfernt sind, die Bürger zu schützen, und die eher die Haß- und Rachegefühle gegen sie vervielfachen werden.

 

(Übersetzung: André Scheer)