Die Meta-Demo: "Gegen die repressive Kackscheiße"

Erstveröffentlicht: 
24.02.2011

Eine kleine Gruppe Menschen hat heute Abend im Hauptbahnhof für das Recht zu demonstrieren demonstriert. Ziemlich meta, findet Martin, der bei der Demo dabei war.

 

Es ist so eine Art Metademo, die für Donnerstagabend 18:00 Uhr am Hauptbahnhof beginnen soll: Für das Recht zu demonstrieren, und zwar auch in allen öffentlich zugänglichen Gebäuden wie zum Beispiel Bahnhöfen.

Niemand möchte sich als Veranstalter outen – sonst wäre es ja keine echte Freiburger Demo – aber die Bildungsstreik-Initiatoren der PH haben am Mittag zu der Demo eingeladen. Bei der Bildungsstreikdemo im Juni letzten Jahres hatten zahlreiche Schüler das Gleis 1 des Hauptbahnhofs besetzt, denen jetzt strafrechtliche Folgen ins Haus stehen.

Fünf nach 6 haben sich acht Demonstranten zusammengefunden. Ein Bollerwagen mit Lautsprecheranlage und Revolutionsmusik ist aber schon da, das ist die Hauptsache. Die Polizei steht an jeder Straßenecke und in der Bahnhofshalle. Kleinere Mannschaften haben sich schon eine Stunde zuvor über die ganze Länge der Eisenbahn- und Bertoldstraße verteilt.

Zehn nach sechs schließen sich die Rollgitter der Bahnhofsunterführung. Ein geplanter Zug der Demonstranten durch das Untergeschoss des Bahnhofs ist damit ausgeschlossen. „Die halten uns ja für sehr gefährlich“, ist aus dem Grüppchen der Demonstranten zu hören. Außerdem bildet die Polizei eine Mauer an der Fußgängerampel unmittelbar vor dem Bahnhofs-Haupteingang. Die Demonstranten sind immer noch so wenige, dass sich Passanten nicht erschließt, ob die Polizei nur gegen Freiburger Ampelmännchenmissachter durchgreift. Passanten, die höflich fragen, werden durchgelassen. Viele lachen lauthals über das unverhältnismäßige Aufgebot.

Derweil werden die Personalien dieses Reporters durch die Polizei aufgenommen. Er ist gerührt, weil ihm das Ausweiszeigen immer sehr intim und erbaulich vorkommt. Der Staat, der ihn zwar umsorgt, aber sonst keine Notiz vom Einzelnen nimmt, schreibt sich seine Adresse auf.

Die Polizei verbittet sich, Porträtfotos von Kollegen auf fudder zu sehen. Mit einem ähnlichen Wunsch kam schon ein Demonstrant zu mir. Die sollen sich doch alle vermummen meinetwegen! Inzwischen sind genug Demonstranten da, um das ellenlange Transparent zu entrollen. „Gegen repressive Gewalt, für gelebte Protestkultur“ steht darauf. Das andere Transparent, das zwei Frauen tragen, lautet: „Gegen die repressive Kackscheiße“.


Demonstranten treten in Verhandlungen mit der Polizei. Das Bahnhofsgebäude gehöre zum größeren Teil einem privaten Unternehmen und nicht der Bahn, deshalb sei es kein öffentlicher Raum im Sinne des aktuellen Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Das ist die Interpretation der Polizei. Die Demonstranten lassen sich auf den Kompromiss ein, auf Bahnsteig 1 ihre Kundgebung abzuhalten. „Wohlgemerkt nicht auf Gleis 1, sondern Bahnsteig 1!“, betont die Polizei. Zum Bahnsteig dürfen sie nur um die Halle herumlaufen.

Am Bahnsteig gibt es ein ähnliches Bild wie an der Ampel: Eine Mauer aus Polizisten sperrt den Zugang zum Gleis ab. Alle Züge für Gleis 1 wurden umgeleitet, der Bahnsteig ist verlassen, nur ein paar Reisende schauen erstaunt umher und suchen eine Tür, die sich öffnet. „Ich will zu einem Café!“, protestiert einer weinerlich.

Die Kundgebung handelt von Solidarität mit den zu Bußgeldern verdonnerten Gleisbesetzern, von weniger Repression und mehr Demonstrationsfreiheit und schließlich auch vom „Z“ als gefordetem Freiraum für Jugendkultur.

Demonstrieren müsse man überall dürfen, wo sich Menschen aufhalten, heißt es aus Flüstertüte. „Und nicht auf Geisterbahnsteigen, die extra gesperrt und leer geräumt wurden.“