Heilbronn - Eine Demonstration in Heilbronn, die unter dem Motto „Frieden und Freiheit für Kurdistan“ stand, ist am Samstagnachmittag eskaliert. Rund 500 Demonstranten zogen begleitet von einem Großaufgebot der Polizei mit mehreren hundert Beamten durch die Stadt. Der Protestzug blieb nicht friedlich.
Als wiederholt Böller aus einem Block mit vielen schwarz gekleideten jungen Männern flogen, die in größerer Zahl dem linken deutschen Spektrum zuzuordnen sind, schritt die mit Helmen und Schlagstöcken ausgestattete Polizei ein. Es kam zu Auseinandersetzungen, die Beamten setzten Pfefferspray ein. Nach rund einem Kilometer Wegstrecke beendete die Polizei in der Unteren Neckarstaße die Demonstration.
Zuvor war es bereits zu ersten Handgreiflichkeiten gekommen, als
Polizeibeamte einen Block mit einigen sich teilweise durch
Großtransparente und Kapuzen vermummenden jungen Männern eng begleite.
Die Sprecher des Demonstrationszuges riefen zwischendrin per Mikrofon
verzweifelt zu friedlicher Demonstration auf und forderten die Beamten
auf, eine Provokation durch zu enge Begleitung und dauerndes
Fotografieren der Teilnehmer zu unterlassen.
Die Polizei hatte Kenntnis erlangt, dass sowohl von kurdischer als auch
von Antifa-Seite aus Gruppen aus ganz Deutschland ihre Teilnahme
angekündigt hatten, die dafür bekannt sind, ihre Meinungsäußerung mit
der Anwendung von körperlicher Gewalt zu unterstreichen. Rund 500
Polizeibeamte wurden in den Einsatz eingebunden.
Auch für einen 55-jährigen Heilbronner, der das Geschehen verfolgte,
war der massive Personaleinsatz der Polizei eine Provokation.
Sitzblockade
Nach dem Stopp des Zuges kesselte die Polizei den problematischen Block
ein. Sie bot den anderen Demonstranten, unter denen viele kurdische
Männer, Frauen und auch Kinder waren, an, die Demonstration alleine
fortführen zu können. Aus Solidarität weigerten sich die anderen
Protestteilnehmer jedoch und bildeten zwischenzeitlich eine
Sitzblockade. Vereinzelt trugen und zerrten Beamte Sitzblockierer weg.
Aus dem eingekesselten Block mit etwa 100 bis 150 Teilnehmern führten
die Einsatzkräfte jeden Demonstranten einzeln ab. Die Beamten nahmen die
Personalien auf und erteilten jedem einen Platzverweis für die gesamte
Innenstadt.
Zusammenarbeit abgelehnt
Ein 31-jähriger Kurde sagte, es sei schade, dass die Demonstration
wegen „ein, zwei dummer Leute“ gestoppt worden sei. Dass diese Böller
dabei hatten, nannte er „komisch“. Wenn man gewusst hätte, dass es
Probleme gebe, hätte man die Zusammenarbeit mit den linken deutschen
Jungs vielleicht abgelehnt. Es seien aber nicht alle so.
Ein Sanitäter der Demonstranten sprach von rund 40 durch Pfefferspray
Verletzten und zwei weiteren an Hand und Bauch verletzten Teilnehmern.
Zwei Teilnehmer kamen nach Polizeiangaben ins Krankenhaus.
Er sei enttäuscht vom Verhalten der Polizei, sagte ein deutscher
Sprecher der Demonstranten, der sich als 26-jähriger Heilbronner ausgab.
Das Werfen von Böllern nannte er fragwürdig; er wollte aber auch eine
Manipulation durch die Polizei nicht ausschließen.
13 verletzte Beamte
Ein Polizeisprecher verwies auf 13 verletzte Beamte, davon einige mit
einem Knalltrauma. Es habe auch vor dem Stopp des Zuges Tritte und
Schläge gegen Beamte gegeben. Sechs Beamte seien dienstunfähig. Der
Sprecher rechtfertigte die intensive Begleitung des Protestzuges damit,
dass sich bereits am Sammelplatz der Demonstranten Zeichen darauf
ergeben hätten, dass einige der Teilnehmer auf massive Provokation
ausgewesen seien.
Der Protestzug war ursprünglich ab dem Bahnhof auf einer rund 3,5
Kilometer langen Strecke geplant. Er hätte um die Heilbronner Innenstadt
herumführen sollen. Weil die Polizei mit möglichen Gegendemonstrationen
von Türken rechnete, waren im gesamten Gebiet der Innenstadt Beamte
verteilt. cf