Polizei stürmt Sitz der ALGE, Bewos lässt Häuser abreißen

Polizeibeamte mit Spezialausrüstung stürmten gestern gegen 9 Uhr das Objekt in der Magdeburger Straße 36 in Oschersleben.
Erstveröffentlicht: 
12.10.2010

Verfügung des Kreis-Bauordnungsamtes zwang zum Handeln: Gefahr für Leben und Gesundheit

 

Von Mathias Müller

 

Ein Großaufgebot der Polizei hat gestern gegen 9 Uhr die Gebäude in der Magdeburger Straße 36 gestürmt, die von Mitgliedern des Vereins Alternative Lebengestaltung (ALGE) als Wohnungen genutzt wurden. Eine Verfügung des Bauordnungsamtes des Kreises an den Hausbesitzer Bewos hatte den Polizeieinsatz als Amtshilfe ausgelöst.

 

Oschersleben. Gestern morgen kurz vor 9 Uhr in der Magdeburger Straße 36 in Oschersleben. Eng an die Mauer gedrückt rücken mit Sturmhauben maskierte Polizeibeamte, die Schutzhelme tragen, von der Kleinen Anderslebener Straße aus in Richtung des Objektes des Vereins Alternative Lebensgestaltung (ALGE) vor. Sie stellen Leitern an die Mauer, erklimmen sie und stürmen schnell auf das Gelände. Von außen ist zu hören, wie die Beamten mit Eisenrammen Türen aufbrechen. Wenig später rückt ein Bagger an, der den Müll beseitigt, mit dem ALGE-Mitglieder das Gelände verbarrikadiert hatten. Die Oschersleber Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Bewos als Eigentümerin der Gebäude in der Magdeburger Straße 36 hatte das Eisentor in der Vorwoche entfernen lassen.

Während der Bagger den Eingang frei räumt, sind acht ALGE-Mitglieder (eine Frau und sieben Männer), die in dem Objekt angetroffen werden, unter Polizeiaufsicht dabei, ihre Sachen zusammenzusuchen. Unter Aufsicht der Beamten tragen sie ihr Hab und Gut vor die Tür und verlassen später das Gelände. "Die Aktion verläuft friedlich", zieht Polizeisprecher Joachim Albrecht eine erste Zwischenbilanz. Inzwischen ist Isolde Prost, Leiterin des Bauordnungsamtes des Kreises, eingetroffen. Mit Bewos-Mitarbeitern nimmt sie den Zustand im Inneren der Gebäude in Augenschein.

Kurz vor 12 Uhr fährt der Bagger auf das Gelände und beginnt damit, Teile der verwinkelten Gebäude abzureißen. Ebenso entfernen Arbeiter, die Mundschutz und Schutzkleidung tragen, von einem Flachdach Asbestplatten. Mitarbeiter der Bewos schleppen Müll und viele leere Flachen nach draußen. Alles unter Schutz der Polizei und den Augen etlicher Schaulustiger.

"Wir mussten handeln, weil wir Freitagmittag eine Verfügung des Bauordnungsamtes des Landkreises Börde bekommen haben", sagte Bewos-Geschäftsführer Hans Walker am Ort des Geschehens zur Volksstimme. Und in dieser amtlichen Verfügung hat die Behörde der städtischen Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft etliche Auflagen wegen des "bauordnungswidrigen Zustandes" des Objektes in der Magdeburger Straße 36 erteilt. Das Bauordnungsamt hatte die Bewos unter anderem beauflagt, die Dach- und Deckenkonstruktion so zu sichern, dass die drohende Einsturzgefahr beseitigt ist. Der Elektroanschluss des Hauses ist unverzüglich zu kappen, ebenso ist der Müll vom Gelände zu räumen. Auch ist der Zutritt zum Grundstück und zu den Gebäuden durch unbefugte Personen und die Nutzung als Wohnraum zu verhindern und das Areal wirksam zu sichern. "Es besteht für die in den Gebäuden befindlichen Personen Gefahr für Leben und Gesundheit", hatte Amtsleiterin Prost an Walker in ihrer Verfügung geschrieben.

"Wir haben allen acht ALGE-Mitgliedern, die zum Schluss in der Magdeburger Straße 36 lebten, Wohnungen mit Mietverhältnissen angeboten", sagte Walker. Bislang hätten sie sich noch nicht dazu geäußert, ob sie das Angebot des städtischen Vermieters annehmen. Die Bewos hatte der ALGE zum 31. Juli das Mietverhältnis für die Magdeburger Straße 36 gekündigt und die Frist bis Ende August verlängert. Da die Vereinsmitglieder weiter dort wohnten, strebte der Vermieter vor Gericht eine Räumungsklage an. "Die Klage läuft noch und hat mit der Aktion nichts zu tun", erklärte Walker. Nachdem die Bewos die Verfügung des Kreises bekommen hat, habe Walker wiederum das Bauordnungsamt um Unterstützung bei der Durchsetzung gebeten. Die Behörde hatte die Polizei um Amtshilfe ersucht.

Wegen der Abrissarbeiten war die Magdeburger Straße zwischen Fabrikstraße und Friedrichstraße bis etwa 17.30 Uhr voll gesperrt. Es kam zu Verkehrsbehinderungen.