Vermummte Demonstranten müssen Geldstrafen zahlen

Erstveröffentlicht: 
05.10.2010

Vermummte Demonstranten müssen Geldstrafen zahlen

Das Freiburger Amtsgericht verurteilt zwei von vier Angeklagten, weil sie bei einer Demonstration im November zeitweise Theatermasken aus Papier trugen.


Ist es eine Straftat, während einer Demonstration eine Theatermaske aus Papier zu tragen? Das sogenannte Vermummungsverbot sei "eine stark umstrittene Vorschrift", räumte Strafrichterin Birgitta Stückrath ein. Das Verbot habe aber trotzdem seine Berechtigung – weshalb sie gestern zwei von vier Angeklagten zu Geldstrafen von je 100 Euro verurteilte.

Zuvor hatten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung fünf Stunden lang bemüht, die Vorgänge während der nicht angemeldeten Demonstration in der Salzstraße am 14. November 2009 aufzuklären. Damals hatten knapp tausend Teilnehmer mit einem Zug durch die Innenstadt für autonome Zentren und gegen Neonazis demonstrieren wollen. Polizisten hatten den Protestzug verhindert, weil einige Teilnehmer vermummt waren und Knallkörper geworfen wurden. Laut den Autonomen Antifaschisten (Antifa) sollte die Vermummung der Demonstranten dazu dienen, sich vor "Nazi-Fotografen" zu schützen. Die Polizei hatte dagegen bereits zuvor erklärt, dass sie das Vermummungsverbot durchsetzen werde.

Das bestätigte als Zeuge auch Harry Hochuli. Der Leiter des Polizeireviers Freiburg-Nord war bei der Demo als Abschnittsleiter im Einsatz. Er habe "in schätzungsweise zehn bis fünfzehn Durchsagen" klar gemacht, "dass Vermummungen nicht toleriert werden" – sich gleichzeitig aber auch mit einer Kontaktperson aus den Reihen der Demonstranten auf eine Route durch die Innenstadt geeinigt, um einen friedlich verlaufenden Protestzug zu erreichen.

Als aber Flaschen und Knallkörper in Richtung der Polizisten flogen, habe er sich entschieden, den Zug nicht loslaufen zu lassen und "die Störeregruppe aus der Demonstration auszuschließen".

Das Urteil bleibt deutlich unter dem Antrag des Staatsanwalts


Eine Gruppe im vorderen Bereich wurde eingekesselt, die Polizei nahm von insgesamt 374 Personen die Personalien auf. Es folgten 18 Strafanzeigen, die zu Strafbefehlen wurden (die BZ berichtete). Gestern standen nun vier der damaligen Demonstranten im Alter von 23 bis 30 Jahren vor dem Amtsgericht, die gegen ihre Strafbefehle Einspruch eingelegt hatten: Ihnen wurde ein Verstoß gegen das Vermummungsverbot vorgeworfen. Ein Angeklagter wurde außerdem des Landfriedensbruchs beschuldigt, weil er andere Demonstranten gegen die Polizeireihen geschoben haben soll. Ob er im Gedränge tatsächlich schubste oder selbst abgedrängt wurde – das blieb aber auch nach Vorführung etlicher Polizeivideos im Gerichtssaal ungeklärt.

Die Angeklagten selbst äußerten sich nicht zur Sache. Verteidigerin Angela Furmaniak verwies auf mehrere Fälle in den Monaten vor der Demonstration, in denen Neonazis mit der linken Szene aneinandergeraten seien. Auch Hochuli schilderte, wie im Mai 2009 "vier deutlich der rechten Szene zugehörige Personen" eine Freiburger Demo beschimpften. In der linken Szene habe "ein massives Gefühl der Bedrohung" geherrscht, erklärte Furmaniak in ihrem Plädoyer und verwies auf Gerichtsentscheidungen, dass eine Vermummung zum eigenen Schutz zulässig sei. Dem wollte Richterin Stückrath nicht folgen. Ein "diffuses Bedrohungsgefühl" könne sie nachvollziehen, eine "akute Gefahr" habe nicht bestanden.

Die Verfahren gegen die beiden nicht vorbestraften Angeklagten stellte sie gegen Geldauflagen ein, darunter das Verfahren wegen Landfriedensbruch. Da die anderen Angeklagten bereits wegen ähnlicher Vergehen verurteilt wurden, sei "ein Zeichen" erforderlich. Die Polizeifotos zeigten aber, dass beide nur für kurze Zeit Papiermasken trugen und nicht gewalttätig waren. Deshalb bleibe sie mit zehn Tagessätzen à zehn Euro deutlich unter dem Antrag des Staatsanwalts. Der hatte 50 Tagessätze gefordert.