Fremdenhass : Neonazi-Prozess in Bochum vertagt

Erstveröffentlicht: 
16.08.2010

Bochum. Der Prozess gegen Neonazi Thomas Wulff in Bochum ist kurz nach Beginn vertagt worden. Sein Verteidiger beantragte noch vor der Beweisaufnahme, das Verfahren einzustellen. Er habe den Eindruck, dass Wulff Handlungen Dritter „untergeschoben“ werden sollen.

Der Prozess gegen Thomas Wulff (47), Mitglied des NPD-Bundesvorstandes, ist am Montag kurz nach Beginn am Bochumer Landgericht wieder vertagt worden. Wulff wird Volksverhetzung vorgeworfen. Sein Berliner Verteidiger Wolfram Nahrath beantragte noch vor der Beweisaufnahme, das Verfahren einzustellen. Er warf der Staatsanwaltschaft vor, die Anklage sei „widersinnig und unschlüssig“. Es sei überhaupt nicht erkennbar, welche Vorwürfe sie seinem Mandanten ganz konkret mache. „Meine Damen und Herren, so geht das nicht!“ Staatsanwalt Holger Heming und Staatsanwältin Sabine Wenzel wiesen die Vorwürfe zurück.

Wulff hatte am 25. Oktober 2008 auf der Königsallee auf einer genehmigten NPD-Demo geredet, die das Motto hatte: „Deutsche wehrt Euch! Gegen Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität.“ Das Polizeiaufgebot war gigantisch. Rund 200 NPD-Anhänger marschierten vom Hauptbahnhof Richtung Ehrenfeld, vorbei an vielen Gegendemonstranten. Unweit des Schauspielhauses ergriff Wulff das Mikro. Dann soll er - so die Anklage - „zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt“ haben. Vor ihm wurde ein Transparent hochgehalten. Darauf stand: „Multikulti ist Völkermord.“

Nächster Sitzungstag am 25. August

 

Die 6. Strafkammer überprüft jetzt, ob Sätze wie diese strafbar sind. Die Richter hatten dies schon einmal getan - und sie unter Meinungsfreiheit fallen lassen, auch wenn sie „geschmacklos“ seien. Deshalb hatte die Kammer die Anklage nicht zugelassen. Die Staatsanwaltschaft beschwerte sich beim Oberlandesgericht. Dieses entschied: Es muss doch verhandelt werden.

Wulff, Familienvater aus Mecklenburg-Vorpommern, erschien in Bochum im schwarzen Anzug. Sogar Hemd und Krawatte waren schwarz. Scheinbar ungerührt bahnte er sich vor der Saaltür durchs Blitzlichtgewitter der Medien. 2009 war er verurteilt worden, weil er in Passau eine Hakenkreuzfahne in den Sarg eines Gesinnungsgenossen gelegt hatte (1200 € Geldstrafe, 120 Tagessätze).

Richter Volker Talarowski sagte: „Wir werden alles in der gebotenen Ausführlichkeit aufklären. So emotionslos wie möglich.“ Am nächsten Sitzungstag (25. August) wird über den Verteidigerantrag entschieden.

 

Bochum, 16.08.2010, DerWesten