Von Hitlergruß bis Volksverhetzung - Rechtsextremismus bei der Bundeswehr auch in Sachsen

Erstveröffentlicht: 
13.05.2107

Auch in der Bundeswehr-Truppe in Sachsen hat es in den vergangenen Jahren rechtsextremistische Delikte gegeben. Wie jetzt bekannt wurde, soll es seit 2007 insgesamt 22 Straftaten von Bundeswehrangehörigen mit einem rechtsextremen Hintergrund gegeben haben.

 

Dresden. Erst Missbrauchsfälle in bundesdeutschen Kasernen, dann der Terrorverdacht gegen den offenbar rechtsextremen Oberleutnant Franco A.: Durch die Skandale hat das Image der Bundeswehr in den vergangenen Wochen rapide gelitten. Jetzt liegen auch konkrete Zahlen aus dem Freistaat vor. Laut LVZ-Informationen registrierten die Behörden in Sachsen in den vergangenen zehn Jahren insgesamt 22 Straftaten von Bundeswehrangehörigen mit einem rechtsextremen Hintergrund. Daran waren insgesamt 25 Soldaten beteiligt.

 

Das geht aus Antworten von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf mehrere Kleine Anfragen der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Linke) hervor. Dabei reichen die Delikte von Neonazi-Symbolen auf Computern bis hin zum Verdacht der Volksverhetzung. Insgesamt dreht sich die Mehrzahl der Straftaten um sogenanntes Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, dazu gehört zum Beispiel der Hitlergruß. Und eben dies war im Bahnhof in Chemnitz der Fall, beteiligt war ein Bundeswehrangehöriger aus Sachsen. 

 

„Eine U-Bahn nach Auschwitz bauen wir“


Doch nicht nur das. In Crimmitschau standen drei Tatverdächtige vor Gericht, weil sie das sogenannte U-Bahn-Lied intoniert hatten. Das ist ein bei Neonazis, rechtsgerichteten Randalierern und Fußballfans beliebter Song mit klar antisemitischem Tenor. „Eine U-Bahn nach Auschwitz bauen wir“, lautet eine Passage. Bei einem der drei Männer handelte es sich um einen Bundeswehrangehörigen. Mangels hinreichenden Tatverdachts wurde das Verfahren allerdings eingestellt.

 

Ein weiterer Fall spielte sich in Chemnitz während eines Fußballspiels des FC gegen Dynamo Dresden ab. Im Zentrum standen sogenannte Affenlaute, die ein Bundeswehrangehöriger in Richtung zweier dunkelhäutiger Kicker von sich gegeben hatte. Das Amtsgericht Chemnitz erließ Haftbefehl wegen Volksverhetzung, der Soldat wurde zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Es lässt sich aber feststellen, dass die Fallzahlen in Sachsen in jüngster Zeit rückläufig sind – vor allem seit die Wehrpflicht ausgesetzt wurde. Das war Mitte 2011 der Fall. 

 

Köditz: Vorgänge in der Bundeswehr wenig überraschend


Entsprechend kritisiert Köditz Vorschläge, die im Zuge der aktuellen Skandal-Serie in der Bundeswehr die Wehrpflicht wieder einführen wollen. „Wer das jetzt fordert, beweist wenig Sachkenntnis“, meint die Linke. Insgesamt seien die Vorgänge in der Bundeswehr wenig überraschend, das gelte auch für den neuesten Rechtsterrorismus-Fall. So hätten sich auf der Liste des verdächtigen Oberleutnants „auch Ziele in Sachsen“ befunden. Allgemein sei festzustellen, dass „Bundeswehrangehörige im Freistaat über viele Jahre hinweg durch rechtsmotivierte Straftaten aufgefallen sind“.

 

Anders gelagert, aber ebenfalls gravierend, sind Fälle, wo Waffenteile und Munition bei der Bundeswehr entwendet wurden – auch in Sachsen. Mal verschwanden zwei Nebelhandgranaten in Marienberg, mal waren es neun Simulator-Explosions-Sprengkapseln in Leipzig. Dabei gehen die Ermittler aber nicht von erkennbar rechtsmotivierten Straftaten aus. Um Bagatelldelikte handelt es sich nach Ansicht von Köditz aber dennoch nicht. „Dass es offenbar Leute gibt, die so etwas mitgehen lassen, unterstreicht das Personalproblem der Bundeswehr.“

 

Von Jürgen Kochinke