Nach Brandanschlag auf Polizei: Warnung vor "Chaos-Tagen"

In der Nacht zu Montag brannten sechs Einsatzwagen der Polizei Hamburg aus Foto: Michael Arning / HA
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Erstveröffentlicht: 
27.03.2017

Die Polizei sucht Zeugen, die Hinweise auf die Täter geben können. Sechs Einsatzwagen ausgebrannt, Staatsschutz ermittelt.

 

Hamburg. Sechs Polizeiautos sind in der Nacht zum Montag in Hamburg ausgebrannt. Die Einsatzwagen standen auf dem Parkplatz einer Polizeidienststelle im Stadtteil Eimsbüttel. Wie es zu dem Brand kam, war laut Polizei zunächst unklar. Zwei daneben stehende Zivilfahrzeuge wurden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Es werde ermittelt, ob es sich um Brandstiftung handle. Die Schadenssumme konnte noch nicht genannt werden. Menschen wurden nicht verletzt.

Nach derzeitigem Stand geht die Polizei von einem politisch motivierten Anschlag aus. "Es geht wohl langsam los", sagte ein Polizeisprecher und betonte, dass diese erste Einschätzung noch eine Vermutung darstelle. Im Vorfeld des G-20-Gipfels in der Hansestadt sei man zwar "sensibilisiert" gewesen. Die Polizei rechnet damit, dass es vielleicht noch im Laufe des heutigen Tages ein Bekennerschreiben geben könnte.

Die Täter kamen um drei Uhr nachts und kletterten über das Rolltor

Bei den ausgebrannten Fahrzeugen handelt es sich um Gruppenwagen vom Typ Mercedes Sprinter, die auf dem Hinterhof des ehemaligen Polizeikommissariats 23 in der Grundstraße standen. Der oder die Täter kamen um 2.42 Uhr nachts. Sie überkletterten das Rolltor mit einer Klappleiter, die sie am Tatort zurückließen. Der Hof ist videoüberwacht. Einer der Sprinter ging mit einem Knall in Flammen auf. Von ihm griff das Feuer auf die anderen Wagen über. Auch die Grundstücksmauer und einige Fenster des Gebäudes wurden beschädigt. Die betroffenen Zivilfahrzeuge sind einfache Funkstreifenwagen.

Offenbar gibt es Bilder von mindestens einem Tatverdächtigen. Der bayerische Gebirgsschweißhund Trude nahm die Fährte der Täter auf, verlor sie aber wieder. Ein Polizeisprecher bestätigte, dass die Ermittler kurz nach der Tat "in Tatortnähe einen Mann angetroffen" haben, den sie "zur genaueren Überprüfung" mit auf die Wache genommen haben. Ob der Verdächtige mit der Tat zu tun hat, ist noch offen.

Polizei sucht Zeugen und erbittet Hinweise

Erst am 17. März war ein zum Schutz von Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) abgestellter Mannschaftswagen der Polizei in Altona-Altstadt angesteckt worden und völlig ausgebrannt. Kurz zuvor war bereits im Stadtteil Winterhude ein Wagen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Flammen aufgegangen. Im Internet hatten Unbekannte die Taten als Anschläge für sich reklamiert.

Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen. Zeugen, die Hinweise auf den oder die Täter geben können oder die sonstige verdächtige Beobachtungen gemacht haben, werden gebeten, sich beim Hinweistelefon der Polizei Hamburg unter der Telefonnummer 040/4286-56789 zu melden.

CDU und FDP verurteilen die Tat und attackieren den Senat

CDU und FDP sprachen bereits jetzt von einem Anschlag und verurteilten ihn scharf. Beide hoben das Recht auf Versammlungsfreiheit hervor, das auch für die Staatschefs der G20 gelte. Es sei ein Grundpfeiler der Demokratie. "Wer aber das Demonstrationsrecht missbraucht, um mit sinnloser Gewalt unsere Stadt und unsere Polizisten anzugreifen oder deren Hab und Gut zu zerstören, stellt sich mit Terroristen auf eine Stufe", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Dennis Gladiator.

Der FDP-Innenexperte Carl Jarchow: "Alle demokratischen Kräfte sind aufgefordert, sich von diesen Attacken auf den Staatsapparat zu distanzieren. Die Anschläge zeigen die Taktik der militanten G20-Gegner, die so die Einsatzfähigkeit der Polizei schwächen wollen. Sie zeigen aber auch, dass diese Taktik den rot-grünen Senat absolut unvorbereitet trifft." Er warnte vor einem "Chaos-Gipfel".

8.000 gewaltbereite Demonstranten

Gladiator wies darauf hin, dass die radikale Linke nach eigenen Angaben zum derzeitigen Stand der Mobilisierung bereits mehr als 8.000 gewaltbereite Demonstranten aus ganz Europa erwartet, deren klares Ziel es sei, die "rote Zone zu stürmen und den Gipfel empfindlich zu stören." Er bezweifelte, dass die Stadt ausreichend darauf vorbereitet sei und forderte die Einbeziehung der Feuerwehrleute in die Vorbereitungen. Für sie müssten im Fall einer Eskalation auch Schutzwesten bereit gestellt werden.

"Es dürfte sich hier um einen erneuten feigen und kriminellen Angriff im Vorfeld des G20-Einsatzes handeln", erklärte der Landesvorsitzende der GdP, Gerhard Kirsch. Er warnte zugleich vor jeder Art von Panikmache, auch mit Blick auf ein internes Lagepapier der Polizei, über das NDR 90,3 am Montag berichtete. Demnach stellt sich die Hamburger Polizei beim G20-Gipfel offenbar auf die schlimmsten Krawalle ein, die es je in der Hansestadt gab. Sie rechne mit mindestens 4000 gewaltbereiten Personen und Angriffen auf wichtige Infrastruktur wie Blockaden von Hafen und Elbtunnel.

Es fehlen Hunde

"Das sind eher Fantastereien und Wunschdenken der linksautonomen Szene", sagte der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Joachim Lenders dazu. Gerade im Objektschutz stoße die Polizei aber an personelle Grenzen. Zudem gebe es zu wenig Diensthunde. Die Gefangenensammelstelle in Harburg werde mit Hilfe von Vierbeinern bewacht. "Uns fehlen dauerhaft Hunde", sagte Lenders. Er forderte außerdem mehr Personal vor allem für die zivile Aufklärung. (dpa/HA)