Warum ein Politiker von Rechtsradikalen die Bezahlung einer Schifffahrt verlangt
Das hatte sich die neonazistische Kleinstpartei »Der III. Weg« mit Sicherheit anders vorgestellt. Zum wiederholten Male verschickte die Gruppierung eine als Gutschein getarnte rassistische Drohbotschaft. Auf der Vorderseite der Postkarte werden die Empfänger mit der bei rechtsradikalen verbreiteten Parole »Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen« aufgefordert, der Bundesrepublik den Rücken zu kehren. Die Karte selbst zeigt als Motiv eine Europakarte, auf der zwei Boote schwimmen. Darauf abgebildet sind offensichtlich Menschen, die diesen »Gutschein« bereits »für die Ausreise aller Überfremdungsbefürworter Richtung Afrika« genutzt haben.
In der Vergangenheit sorgten die Neonazis mit dieser eindeutigen Botschaft bereits wiederholt für Aufsehen. Empfänger waren bisher vor allem Politiker, darunter bundesweit auch mehrere Landtags- und Bundestagsabgeordnete, in einigen Fällen auch mit Migrationshintergrund. Obwohl Betroffene wiederholt Anzeige, etwa wegen des Verdachts der Volksverhetzung, erstatteten, verlief die gerichtliche Verfolgung bisher immer Sande. Zwar ist die rassistische Absicht der Absender für jeden Betrachter offensichtlich zu erkennen, doch die Botschaft ist so formuliert, dass sie vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist.
Doch da hatte »Der III. Weg« offenbar nicht mit Kai Bitzer gerechnet. Auch der Stadtrat aus Olpe (Nordrhein-Westfalen) bekam Post von den Neonazis. Doch anstatt die rechte Postsendung einfach in den Müll zu werfen, nahm er die Neonazis beim Wort.
Auf der Postkartenrückseite können die Empfänger nämlich ankreuzen, ob ihre Reise per Schiff, Flugzeug oder über die Balkanroute stattfinden soll. Wahrscheinlich hatten die Rechtsradikalen nie damit gerechnet, eine ernsthafte Antwort zu erhalten. Doch genau dies tat Bitzer. Er entschied sich für die »Schiffsreise«, kreuzte diese Option an und brachte die Karte zur Post, von wo aus sie als Einschreiben an den Parteivorsitzenden von »Der III. Weg« ging.
Da eine Anwort auf sich warten ließ, fragte Bitzer per Brief noch einmal nach. Da wieder nichts geschah, reichte er vor drei Wochen Klage beim Amtsgericht Bad Dürkheim gegen die Partei ein. Der Stadtrat hat sich auch überlegt, wie er die Reise antreten würde, wie er gegenüber der Berliner Morgenpost erzählt. Für 2200 Euro ginge es von Bremerhaven aus mit einem Frachtschiff, das Mitfahrten anbietet, nach Nordafrika. Es geht Bitzer also keinesfalls um eine Luxusreise.
Sollte er vor Gericht Erfolg haben, könnte es für die Rechtsradikalen teuer werden. Die Rechtspartei hat bereits mehrere tausend Exemplare ihres »Gutscheins« verteilt. Ob er mit der Klage tatsächlich bis nach Afrika kommt, ist völlig unklar. Vergleichbare Verfahren gab es bisher nicht.