Milderes Urteil für Rechtsradikalen aus Bernau

Erstveröffentlicht: 
02.03.2017

Frankfurt (Oder) (MOZ) Seine Schmierereien hatten im Oktober 2015 für großes Aufsehen gesorgt. Im Berufungsverfahren gegen einen Rechtsradikalen aus Bernau verhängte das Landgericht Frankfurt (Oder) am Mittwoch eine deutlich mildere Strafe als der Richter in der ersten Instanz.

 

Es war der Abend des Messer-Attentats auf die jetzige Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Ein inzwischen 34 Jahre alter Mann aus Bernau (Barnim) traf unter dem Eindruck des Ereignisses die Entscheidung, Sprühdosen zu kaufen und gleich an mehrere Hauswände Parolen zu schmieren. "Erst Henriette Reker, dann André Stahl" und "Merkel = Untergang" schrieb er unter anderem.

 

Der Linken-Politiker André Stahl ist Bürgermeister in Bernau und für sein Engagement gegen Rechtsextremismus bekannt. Der Verfasser des Spruches wiederum ist ein mehrfach vorbestrafter Neonazi, hat in der Vergangenheit außerdem Flugblätter der NPD verteilt und an rechtsextremen Aufmärschen teilgenommen.

 

Für die Schmierereien sowie die Bedrohung einer Hausbesitzerin, die ihn auf frischer Tat ertappt hatte, verhängte das Amtsgericht Bernau im Januar 2016 sieben Monate Haft auf Bewährung. "Ich schlage dir den Kopf ein" - mit diesen Worten soll er die daraufhin völlig verängstigte Frau attackiert haben.

 

Der für seine harte Linie gegen Rechtsradikale bekannte Amtsrichter Andreas Müller sah in den Taten einen Angriff auf die Rechtsordnung der Bundesrepublik. Um diese Rechtsordnung zu verteidigen, sei es notwendig, eine vergleichsweise hohe Strafe zu verhängen, heißt es in der Urteilsbegründung.

 

Der Angeklagte hat dagegen Rechtsmittel eingelegt. Bereits in der Verhandlung vor dem Amtsgericht hatte die Vertreterin der Anklage lediglich eine Geldstrafe gegen den Mann gefordert. Dem schloss sich nun in der Berufungsverhandlung auch ihr Kollege an. Oberstaatsanwalt Ulrich Scherding beantragte gegen den derzeit arbeitslosen Mann eine Gesamtstrafe von 150 Tagessätzen à 30 Euro, also 4500 Euro.

 

Die Verteidigung verlangte am Mittwoch 90 Tagessätze. Dem schloss sich das Gericht nach kurzer Beratung an. Der Angeklagte muss also 2700 Euro Geldstrafe zahlen. Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Richter Frank Tscheslog kritisierte das Urteil der ersten Instanz als überzogen. "Es ist nicht zu erkennen, dass die Taten das Rechtsgefühl der Bevölkerung verunsichern könnten", sagte er. Für den Angeklagten sprechen sein Geständnis sowie seine Entschuldigung an Stahl und andere Geschädigte. Zudem habe er Wiedergutmachung geleistet, entstandene Schäden beglichen.

 

Strafschärfend müsse jedoch die "verachtenswerte Gesinnung" hinter den Taten gewertet werden. Der Vergleich zwischen Reker und Stahl sei als Aufforderung zu verstehen gewesen, den Bürgermeister ebenfalls abzustechen. Auch habe der 34-Jährige für seine Parolen gezielt die Öffentlichkeit gesucht, indem er sie groß an Wände sprühte.

 

Tscheslog attestierte dem Mann eine "psychische Auffälligkeit". Er begehe rechtsradikale Straftaten, verhalte sich dabei aber auch "ein Stück weit irre", sagte der Richter mit Blick auf die Art und Weise. Erst vor wenigen Monaten ist bei ihm eine Verurteilung zu 800 Euro Geldstrafe hinzugekommen. Der Mann hatte betrunken "Heil Hitler" gerufen.