Am Samstag kommen die Neonazis

Erstveröffentlicht: 
16.02.2017

Am Samstag ziehen zwei Demonstrationszüge durch Würzburg. Die neonazistische Kleinstpartei „Der III. Weg“ marschiert „in Gedenken an die Opfer des Bombenterrors“. Gemeint sind die Luftangriffe der Alliierten auf Nazi-Deutschland. Der Trupp will um 15.30 Uhr am Hauptfriedhof starten, spätestens um 20 Uhr muss er fertig sein. Die Polizei erwartet bis zu 150 Rechtsextremisten.

 

Mehr als 1000 Teilnehmer erwartet die Polizei bei der Gegendemonstration, die schon um 13:30 Uhr am oberen Markt beginnt. Angemeldet hat sie die Initiative „Würzburg lebt Respekt – Kein Platz für Rassismus“.


Die Polizei sperrt die Route der Neonazis mit Gittern ab

In einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten Stadt und Polizeipräsidium ihr Sicherheitskonzept vor. Laut Johannes Hemm, einem Leitenden Polizeidirektor, werden Polizeieinheiten aus Bayern, Thüringen, Hessen und Baden-Württemberg vor Ort. Sie werden die Route der Neonazis mit Gittern absperren.

Betroffen sind der Friedrich-Ebert-Ring, wo die Partei eine Hauptkundgebung abhält, und die Strecke Berliner Platz, Kroatengasse, Heinestraße, Haugerkirchplatz (mit Zwischenkundgebung), Textorstraße, Semmelstraße, Handgasse, Rüdigerstraße, Kapuzinerstraße (mit Zwischenkundgebung) und durch Rüdigerstraße, Ludwigstraße und Berliner Platz zurück zum Hauptfriedhof zur Abschlusskundgebung.

Anwohner müssen mit Kontrollen rechnen

Hemm zufolge will die Polizei die Absperrgitter so spät wie möglich auf- und so schnell wie möglich wieder abbauen, um die Beeinträchtigungen für Verkehr und Anwohner so gering wie möglich zu halten. Autofahrern empfiehlt er das Beachten zusätzlich aufgestellter Verkehrsschilder. Anwohner müssen sich auf Kontrollen beim Passieren der Sperren einstellen.

Dieser Aufmarsch der vom Verfassungsschutz beobachteten Neonazis ist der vierte in einer Reihe, die unter dem Motto „Ein Licht für Dresden“ steht. 2014 absolvierten sie den ersten in Tschechien, in den folgenden Jahren waren sie in Wunsiedel und Worms unterwegs.

Bengalische Fackeln sind erlaubt, Gleichschritt ist verboten

Die Stadt erlaubt ihnen das 60 Sekunden währende Abbrennen von maximal zehn bengalischen Fackeln. Vier Trommeln dürfen sie schlagen, allerdings nicht im Marschtakt, und im Gleichschritt dürfen sie auch nicht marschieren. Eine militärische Kopfbedeckung, kombiniert mit Springerstiefeln, hat die Stadt ebenfalls verboten, dazu alles, was als Waffe benutzt werden könnte.

Die Nazigegner ziehen ab 13:45 Uhr – nach einer viertelstündigen Auftaktkundgebung – am oberen Markt los. Ihre Strecke: Kürschnerhof, Plattnerstraße, Bruderhof, Paradeplatz, Ingolstadter Hof, Kardinal-Faulhaber-Platz, Theaterstraße, Rennweg zur Philipp-Schrepfer-Allee an der Ecke Husarenstraße/Rennweger Ring.) Hier soll eine eineinhalbstündige Abschlusskundgebung stattfinden.

Nazigegner wollen Neonazis mit Schimpf und Schande aus der Stadt jagen

Zu dieser Demonstration rufen laut „Würzburg lebt Respekt“ unter anderem SPD, Grüne, Linkspartei und Jusos auf, die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Bayern, das Bündnis für Zivilcourage, der Asylarbeitskreis „Mehr als 16a“, der Florakreis und „Stammheim ist bunt“.

In einer gemeinsamen Erklärung schreiben sie, die Neonazis würden die Angriffe der Alliierten „skrupellos“ in Kriegsverbrechen umdeuten, um Täter zu Opfern zu stilisieren. Dieser „widerwärtige Geschichtsrevisionismus“ und die Leugnung der deutschen Kriegsschuld seien auf keinen Fall hinnehmbar.
Pegida sei 2015 „mit Schimpf und Schande aus der Stadt gejagt worden“. Die Nazigegner rufen auf, „diesen Erfolg zu wiederholen“.

Die Polizei erwartet gewaltbereite Linksextremisten

Hemm geht davon aus, dass sich gewaltbereite Linksextremisten unter die Gegendemonstranten mischen werden. Sie hätten bayernweit aufgerufen, den Naziaufmarsch zu blockieren. Die Polizei schätzt, dass mehr als 100 kommen.

In der Pressekonferenz erklärte der Polizeidirektor, dass eine Blockade keine friedliche Demonstration sei. Gegen „gewaltbereite Störer“ werde die Polizei „konsequent vorgehen“. Er kündigte den Einsatz neuer Videotechniken zum Zwecke der „qualifizierten Strafverfolgung“ an. Die Polizei werde keine Verstöße gegen Auflagen und keine Straftaten dulden.

Das Grundgesetz gilt auch für Neonazis

Forderungen, etwa vom DGB, den Nazi-Aufmarsch zu verbieten, folgte die Stadt nicht. Uwe Zimmermann, als Chef des Fachbereichs Allgemeine Bürgerdienste zuständig für die Genehmigung von Demonstrationen, berichtet, die Stadt habe ein Verbot geprüft. Die Partei „Der III. Weg“ werde zwar vom Verfassungsschutz beobachtet, habe ihr durchs Grundgesetz garantiertes Versammlungsrecht aber nicht verloren.

Die Würzburger Straßenbahn kündigt für den Samstag Umleitungen und Verspätungen wegen der Demonstrationen an. Gegen 13:30 Uhr werde am Kürschnerhof der Straßenbahnverkehr für eine Viertelstunde unterbrochen, berichtete WSB-Pressesprecher Jürgen Dornberger.

Verspätungen und Umleitungen für die Passagiere auf zehn Buslinien

Die Passagiere von stadtauswärts fahrenden Bussen hätten vergleichsweise wenige Beeinträchtigungen zu erwarten, anders als jene, die Richtung Busbahnhof fahren. Die WSB plant zwischen 11:30 Uhr bis in die Abendstunden zum Teil großräumige Umleitungen der Buslinien 6, 12, 16, 20, 21, 25, 26, 28, 48/50 und 470 aus den östlichen und nördlichen Stadtteilen.

Dornberger meint, wer am Samstag in die Innenstadt wolle, solle das möglichst früh tun, weil auch auf den Umleitungsstrecken mit Staus zu rechnen sei.

Berichtigung: In der ursprünglichen Fassung stand, OB Christian Schuchardt spreche bei der Auftaktkundgebung der Nazi-Gegner. Das war falsch. Schuchardt spricht beim Friedensgebet der Nagelkreuz-Initiative, das vor Beginn der Kundgebung stattfindet. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.